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Handel&Gewerbe

Pliensauvorstadt: Von der Bronx zur Boomtown

Bürger und Verwaltung verwandeln Ort in einen aufstrebenden Stadtteil - ein rund vier Kilometer langer Rundweg zeigt die Entwicklung.

Pliensauvorstadt: Von der Bronx zur Boomtown

Beliebtes Wohnquartier: die Grünen Höfe. Fotos: Peter Stotz

ES-PLIENSAUVORSTADT. Die Pliensauvorstadt – für eingesessene Esslinger war dies schlicht „die falsche Seite des Neckars“, eine von kleinen Behausungen in abgehalfterten Wohnblocks geprägte Gegend, die so gar nichts mit der gemütlichen Bürgerlichkeit der Innenstadt zu tun hatte. Ohne nennenswerte Infrastruktur, aber dicht besiedelt und mit vielen sozialen Problemen belastet, drängte sich der Eindruck eines „abgehängten“ Stadtteils, von jugendlichen Bewohnern „Bronx“ genannt, förmlich auf. 

Zwar empfängt die Vorstadt die Besucher im Osten noch mit der Asphaltfläche der Kreuzung der Brückenstraße mit der Stuttgarter Straße und dem alten Ärgernis einer unansehnlichen Unterführung mit still stehender Rolltreppe, doch schon nach wenigen Schritten wartet das Mehrgenerationen- und Bürgerhaus, ein Ort des bürgerschaftlichen Engagements im Stadtteil. Es entstand anstelle einer Gewerbebrache mit Fördermitteln aus dem Sanierungsprogramm „Soziale Stadt“ des Bundes. Neben dem Haus finden sich ein Senioren- und Pflegeheim, eine Kita sowie das Bürgercafé über der Brück. Der Weg führt weiter zur Pliensauschule, in deren Dachgeschoss der Maler und Grafiker Rolf Nesch in den 1920er-Jahren sein Atelier hatte. Zum „Roten Platz“ im Zentrum der historischen Arbeitersiedlung, benannt nach seinem roten Ziegelpflaster, führen sternförmig verkehrsberuhigte Straßen, gesäumt von ansehnlich sanierten Gründerzeit-Wohnblocks und Mehrfamilienhäusern, teilweise mit Schmuckfachwerk und Vorgärten – insgesamt ein Quartier mit urbanem Flair, dem nichts mehr vom einstigen Schmuddelkinder-Image anhaftet. 

Urbanes Flair statt Schmuddelkinder-Image.
Urbanes Flair statt Schmuddelkinder-Image.

In Richtung Westen zeigt sich, dass sich die Pliensauvorstadt dank der Sanierungen und Investitionen in die Infrastruktur zum attraktiven Wohnort, zum „Boom-Stadtteil Esslingens“ gemausert hat, wie es manchmal formuliert wird. Ältere sanierte und neue Mehrfamilienhäuser gruppieren sich zu Blocks mit großen grünen Innenhöfen, Bäumen und Kinderspielplätzen, neue Wohnviertel wie die Grünen Höfe und ein Quartier mit Gemeinschafts-Bauprojekten kamen hinzu. Die Arrondierung des Gebiets im Westen der Parkstraße durch eine Teil-Bebauung des früheren Sportgeländes des VfL Post indes bleibt derzeit noch ein Streitpunkt. 

Der Spaziergang führt vorbei am Gelände der Waldorfschule in Richtung der B 10, wo ein großes neues Gewerbegebiet entsteht, und zum Kulturzentrum Dieselstraße, seit Jahrzehnten schon ein Aushängeschild des Esslinger Kulturlebens. Von dort führt der Weg über die Stuttgarter Straße zurück in Richtung Osten. Durchgängig mit Tempo 30 ausgeschildert haben die Wohnqualität entlang der Straße wie auch die Sicherheit für Radler und Fußgänger wesentlich gewonnen. Im östlichen Teil hat sich mit Einzelhandelsgeschäften und Lebensmittelläden, Gaststätten und Imbissstuben eine kleine Zeile der Nahversorgung gebildet. 

Der Rundgang endet auf Höhe der sanierten Villa Gruner, die heute den Stadtjugendring beheimatet, mit dem Blick auf die denkmalgeschützten Fabrikantenvillen in der Berkheimer Straße sowie das Gewerbeareal Nürk, das zu einem Wohnquartier entwickelt werden soll. Peter Stotz


Architektonische Perle

ES-PLIENSAUVORSTADT. Die Südkirche am steilen Abhang des Zollbergs wurde in den Jahren 1925 und 1926 nach Plänen des Tübinger Architekten Martin Elsaesser errichtet. Der Bau gilt als Perle der Architektur der Zeit des Expressionismus und als eines der eindrucksvollsten Bauwerke des 20. Jahrhunderts in Esslingen. 

Die Kirche und der quadratische Turm erinnern an Bauformen der Gotik, im Erscheinungsbild aber auch an die romanische Baukunst. Im Innern ist die Kirche in einen runden und einen viereckigen Sakralraum unterteilt. 

Während der Naziherrschaft versteckte der damalige Pfarrer Paul Schmidt als Mitglied der Württembergischen Pfarrhauskette Juden auf der Flucht ins Exil in der Südkirche. pst

Zahl zur Tour

Heute: Städtebauliche Erneuerung

14 200 000 Sanierung: Nach der Aufnahme in das Bundesprogramm „Soziale Stadt“ investierte die Stadt Esslingen in den Jahren 2001 bis 2011 rund 14,2 Millionen Euro in die städtebauliche Erneuerung der Pliensauvorstadt. Der Bund und das Land Baden-Württemberg beteiligten sich mit ungefähr 2,5 Millionen Euro. pst