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Gesundheit&Umwelt

Klinik Sonnenblick in Marburg: Nach dem Krebs zurück in den Beruf

Beruflicher Neustart nach Krebs: Strategien, Unterstützung und Mut zur Veränderung

Klinik Sonnenblick in Marburg: Nach dem Krebs zurück in den Beruf

Eine Krebserkrankung und die zugehörige Behandlung kosten Kraft. Der Weg zurück in den Beruf sollte möglichst sanft sein. Foto: Jose Carlos Ichiro/ Westend61/dpa

Eine Krebsdiagnose kann Lebenspläne zerstören. Menschen werden plötzlich aus ihrem Alltag gerissen, von jetzt auf gleich konzentriert sich alles auf die Gesundheit. Oft sind die Therapien langwierig. Ist die Erkrankung überwunden, wollen viele schnell ihr altes Leben zurück, inklusive Beruf. Wie geht das am besten? Welche Hilfsangebote gibt es und worauf sollte man bei der Rückkehr achten?

Unternehmen aus der Region

Ulf Seifart ist Onkologe, Sozialmediziner und Ärztlicher Direktor der Klinik Sonnenblick in Marburg. Seit vielen Jahren berät er Krebspatienten auf ihrem Weg zurück in das Berufsleben. Der Onkologe weiß: Das Thema der beruflichen Wiedereingliederung wird oft unterschätzt. Er sagt: „Es ist wichtig, die finanzielle Absicherung und berufliche Perspektive früh zu thematisieren. Nur so kann man einen guten Plan entwickeln, wie der Patient die Rückkehr in die Berufstätigkeit schafft.“

Wenn die Leistungsfähigkeit sinkt

Wer eine Krebserkrankung überwunden hat, gilt als geheilt. Und doch: Nach einer Therapie seien Tumorpatienten oft nicht mehr ganz so leistungsfähig wie vorher, so Seifart. Eine Rückkehr in den Beruf kann zur großen Herausforderung werden.

Für manche Patienten gestaltet sich die Berufsrückkehr besonders schwierig. Dazu gehören laut Seifart Patienten, die körperlich schwer arbeiten müssen und diese Leistung nicht mehr erbringen können. Auch ältere Menschen und Angestellte in Kleinstbetrieben stehen vor großen Herausforderungen - sie sind oft weniger flexibel bei der Gestaltung des Arbeitsalltags oder ihrer Position. Patientinnen und Patienten mit Begleiterkrankungen gehören ebenfalls zum Kreis derer, die oft nur schwer in den Beruf zurückkehren können.„Auf diese Patientengruppen muss man besonders aufpassen“, so Seifart.

Grundsätzlich biete das deutsche Sozialsystem zwar vielfältige Unterstützungsangebote und Möglichkeiten, um beruflich wieder Fuß zu fassen. Doch die Bewilligung von Wiedereinstiegsprogrammen, Umschulungen und Co. dauert lange - teilweise bis zu einem Jahr, sagt der Experte.

Was den Weg zurück erleichtert

Es gibt aber eine Reihe von Unterstützungsangeboten, die den meisten Krebspatienten helfen können. Dazu gehört etwa der Anspruch auf Feststellung einer Schwerbehinderung, wie Jürgen Walther erklärt. Er ist Leiter des Sozialdienstes am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg und rät Patienten, diesen Schritt in Erwägung zu ziehen.

Mit der Feststellung einer Schwerbehinderung greifen für Krebspatienten besondere Schutzmaßnahmen, die etwa ein Kündigungsverfahren erschweren. Fünf Tage zusätzlicher Urlaub im Jahr sowie die Möglichkeit gegebenenfalls von Mehrarbeit oder Nachtarbeit befreit zu werden, kann Betroffenen die Rückkehr in den Arbeitsalltag erleichtern. Außerdem könne man die Unterstützung der Integrationsfachdienste nutzen. Ihre Aufgabe ist es zum Beispiel, schwerbehinderte Menschen zu beraten und geeignete, möglichst dauerhafte Arbeitsplätze zu vermitteln.

Auch eine Reha kann den Wiedereinstieg erleichtern. „Dort wird das Leistungsvermögen im Hinblick auf den vorherigen Beruf nochmals getestet. So werden mögliche Defizite festgestellt und Fähigkeiten wiederhergestellt“, sagt Walther.

Um mögliche Hinderungsgründe am Arbeitsplatz festzustellen und auszuräumen, dient das Betriebliche Wiedereingliederungsmanagement (BEM). „Ein Angebot, das Arbeitgeber machen müssen, wenn Patienten länger als sechs Wochen im Jahr krank sind“, sagt Walther.

Das Betriebliche Wiedereingliederungsmanagement sehe zunächst ein vertrauliches Gespräch mit dem Arbeitgeber und - je nach Situation - auch mit dem Betriebsrat oder dem Personalrat und der Schwerbehindertenvertretung vor, informiert der Krebsinformationsdienst auf seiner Webseite. Darin soll geklärt werden, wie man am besten wieder in den beruflichen Alltag zurückkehren kann.

Wenn es um das Thema Umschulung, Weiterbildung oder Hilfsmittel geht, sind die Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit die richtigen Ansprechpartner. Weitere Informationen können Betroffene außerdem bei Krebsberatungsstellen oder Sozialdiensten einholen.

Wer über mehrere Monate oder sogar Jahre aus dem Beruf ausgeschieden ist, dessen Arbeitsplatz hat sich womöglich verändert. Um sanft in den Joballtag zurückzukehren, empfehlen Experten die sogenannte stufenweise Wiedereingliederung (STWE), auch bekannt als „Hamburger Modell“.

Dabei arbeitet der Patient oder die Patientin zunächst nur wenige Wochenstunden und stockt diese nach und nach auf.„Dabei ist der Patient weiterhin krankgeschrieben, hat keine Verpflichtungen dem Arbeitgeber gegenüber und kann sich langsam wieder in den Beruf reintasten. Das erleben viele Patienten als entlastend“, sagt der Sozialmediziner Seifart.

Auch die Umstellung auf Teilzeit kann Sinn machen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass bei einer erneuten Erkrankung die Sozialleistungen niedriger ausfallen würden, da sie sich am letzten Gehalt orientierten, so Jürgen Walther. Aber: „Vielleicht hat man noch Resturlaub oder Überstunden. Auch in der Krankheitszeit erwirbt man Urlaubsanspruch. Diese Zeit kann man unter Umständen nutzen, um langsam in die Arbeit zu gleiten und trotzdem volles Gehalt zu bekommen.“

Mutig sein und eigene Bedürfnisse kommunizieren

Egal, wie der persönliche Weg zurück ins Erwerbsleben gestaltet ist: Kommunikation kann helfen. Wenn es nicht als belastend wahrgenommen wird, raten die Experten, den Kontakt zu Arbeitgeber und Kollegen zu halten. „Das Verständnis der Kollegen für eine dann eventuell etwas verringerte Leistungsfähigkeit steigt dadurch enorm“, sagt Seifart.

Und auch die Arbeitgeber seien angesichts der aktuellen Arbeitsmarktsituation oftmals bereit, sich aktiv für gute Arbeitskräfte einzusetzen. „Wir wollen Mut machen, die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren und nach Lösungen zu suchen, sodass beide Seiten etwas davon haben. Das klappt in vielen Fällen“, sagt Jürgen Walther.

Von Anke Dankers


Schutz vor Krebs

Die HPV-Impfung senkt das Risiko für Gebärmutterhalskrebs und seine Vorstufen. Das heißt aber keinesfalls, dass die Impfung nur für Mädchen und Frauen relevant wäre. Drei Mythen zur HPV-Impfung im Check.

Humane Papillomviren (HPV) gehören weltweit zu den häufigsten sexuell übertragenen Infektionen. Fast jeder sexuell aktive Mensch infiziert sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) mindestens einmal im Leben damit. Je nach Virustyp - insgesamt gibt es 200 verschiedene - kann eine Infektion ohne Folgen bleiben. Meistens merken Menschen dann nicht, dass sie infiziert sind, und die Infektion verschwindet wieder.

Doch in seltenen Fällen kann sie Krebs auslösen. Die gute Nachricht ist: Es gibt eine Impfung, die laut RKI zu fast 100 Prozent vor bestimmten HPV-Typen schützt. Aber: Zu wenige Menschen nutzen sie. Nur 60 Prozent der Mädchen im Alter von 14 Jahren sind vollständig gegen HPV geimpft, bei Jungen sind es mit 25 Prozent noch wesentlich weniger. Hier einige Mythen zur Impfung im Check.

1. Mythos: Die HPV-Impfung brauchen nur Mädchen

Nein, die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt sie nicht nur allen Mädchen von 9 bis 14 Jahren, sondern auch allen Jungen in diesem Alter. HP-Viren werden zwar in erster Linie mit Gebärmutterhalskrebs in Verbindung gebracht. Allerdings können sie auch an anderen Stellen Krebs verursachen - etwa am Anus, am Penis oder in der Mundhöhle, so der Berufsverband der Frauenärzte (BVF). Die Viren sind damit auch für Jungs und Männer ein Thema.

2. Mythos: Die Impfung muss vor dem ersten Sex passiert sein

Im besten Falle schon, denn dann bietet die Impfung den größtmöglichen Schutz. Das heißt aber nicht, dass danach der Zug abgefahren ist: „Nicht jeder Geschlechtsverkehr geht zwangsläufig mit einer HPV-Infektion einher“, stellt Cornelia Hösemann vom Berufsverband der Frauenärzte klar. „Daher ist eine Impfung auch nach dem ersten Geschlechtsverkehr sinnvoll und empfohlen.“ Versäumte Impfungen sollten junge Frauen und Männer spätestens bis zum 18. Geburtstag nachholen, rät der Berufsverband der Frauenärzte. Bis zu diesem Zeitpunkt übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten dafür. Ab 5 Jahren braucht es für einen vollständigen Impfschutz drei - statt zwei - Pikse. Doch auch wer 18 Jahre und älter ist, muss die Kosten von rund 480 Euro womöglich nicht aus eigener Tasche zahlen: Dem BVF zufolge übernehmen viele Kassen bis zum 26. Geburtstag die Impfung.

3. Mythos: HP-Viren werden mich schon nicht treffen

Darauf sollte man sich nicht verlassen. Das Robert Koch-Institut (RKI) verweist auf Zahlen des Zentrums für Krebsregisterdaten. Demnach erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 6250 Frauen und etwa 1600 Männer an bösartigen Tumoren, die durch HPV-Infektionen bedingt sind.

Zudem muss dem Robert-Koch-Institut zufolge jährlich bei Zehntausenden jungen Frauen eine sogenannte Konisation aufgrund einer HPV-bedingten Krebsvorstufe durchgeführt werden. Hinter dem Begriff verbirgt sich ein kegelförmiges Ausschneiden des Gebärmutterhalses, was die Entwicklung eines bösartigen Tumors verhindern soll. Studien zeigen, dass Frauen nach so einem Eingriff ein höheres Risiko für Frühgeburten haben.

Von Ricarda Dieckmann