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Beruf&Karriere

Mit Tests zum Traumjob?

Was will ich beruflich machen? Praktisch, wenn ein Test eine klare Antwort auf diese Frage verspricht. Persönlichkeitsund Interessentests werden massenweise angeboten. Aber was bringen sie wirklich?

Mit Tests zum Traumjob?

Die Angebote für Interessentests sind schier unzählig. Deshalb sollte man auf die Seriosität der Quelle achten Foto: dpa/Christin Klose

Welche Talente habe ich und Win welchem Beruf kann ich sie einbringen? Brauche ich Freiheit oder klare Strukturen? Fragen, die sich nicht nur Einsteiger in den Arbeitsmarkt stellen. Da kommen Interessen oder Persönlichkeitstests gerade recht. Sie sollen dabei helfen, Interessen und Stärken aufzudecken, um diese mit Berufs oder Ausbildungsprofilen abzugleichen. Was sagen Experten dazu?

Erst mal muss man dazu verstehen, was Interessentests eigentlich mit der Berufswahl zu tun haben Nach aktueller Forschung gilt: We einen Beruf hat, der im Einklang mi den eigenen Interessen steht, is zufriedener. Und auch für Unternehmen sei es heutzutage enorm wichtig, die eigene Kultur mit de Persönlichkeit beziehungsweise dem Arbeitsverständnis eines möglichen neuen Mitarbeitenden abzu gleichen, sagt Wolfram Tröger Vizepräsident des BundesverbandeDeutscher Unternehmensberater Wer gut über sich Bescheid weiß könnte also auch hier punkten.

Die Interessen einer Person entwickeln sich in der Kindheit und Jugend. Sie blieben aber im Laufe des Lebens stabil, sagt Hans-Georg Wolff, Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Universität Köln. "Deshalb werden sie zu einem Teil der Persönlichkeit gezählt. Einige Hauptinteressen werden ausgemacht, wobei es durchaus Überschneidungen geben kann: realistisches (wird mit Handwerk, Technik, Ingenieurwesen assoziiert), investigatives (Forschung), artistisch/künstlerisches, soziales, unternehmerisches sowie konventionelles (Umgang mit Daten, Verwaltung, Organisation) Interesse. In einer Berufsberatung werde man auf die zwei bis drei Kategorien abzielen, die am stärksten ausgeprägt sind und gemeinsam analysieren, welche Berufsbilder sich darin abbilden, so der Wirtschaftspsychologe.

Wer nach Persönlichkeits oder Interessentests recherchiert, wird im Netz von den Angeboten schier erschlagen. Wie und wonach also auswählen? Ein erstes Kriterium sollte die Quelle des Angebots sein, sagt Thomas Rigotti, Professor für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Wie seriös ist sie? Gibt es Hinweise auf eine wissenschaftliche Evaluation des Testverfahrens?

„Viele Tests dienen eher dem Entertainment und sind nicht wissenschaftlich evaluiert“, so der Professor, das kann man schon mal machen, man sollte nur die Ergebnisse nicht zu ernst nehmen.“ Reliabilität - also Zuverlässigkeit- und Validität, also Gültigkeit oder Richtigkeit-seien hier die Fachbegriffe, erklärt Wolff. "Man kann prüfen, ob der Test das liefert, das ist aber schwer, da ist man meist dem Glauben überlassen.“ Ein seriöser Test sei sorgfältig entwickelt und berufe sich meist auf ein theoretisches Grundlagen-Modell nach John Holland, so Wolff. Das Holland-Modell gilt zurzeit als die am besten untersuchte Theorie zu beruflichen Interessen. „Im Idealfall sollten die Testergebnisse eine gute Vorhersage zur späteren Zufriedenheit im Beruf erlauben, das können Online-Tests oder Apps häufig nicht leisten.“

Unternehmen aus der Region

Wer einschätzen will, ob ein Test wirklich hilfreiche Infos liefert, kann zunächst nach Bewertungen im Internet recherchieren. Viel-leicht gibt es im eigenen Umfeld auch Personalexperten, die weiterhelfen können. Berater Wolfgang Tröger empfiehlt zudem, mit einigen guten Prompts, also Befehlen oder Anweisungen, einen KI-Chatbot zu befragen, welche Tests die Künstliche Intelligenz empfehlen würde. Eine gute Anlaufstelle für Interessentests kann die Agentur für Arbeit sein. Sie verwendet Hans Georg Wolff zufolge das Selbsterkundungsverfahren "Explorix“, das-gefüttert mit tausenden Daten - eine solide Grundlage bildet. „Das Angebot ist umsonst, zudem können kompetente Mitarbeitende dabei helfen, die Testergebnisse zu interpretieren.“

Generell sei eine Einbettung der Testergebnisse in ein Beratungsangebot zielführend. "Man will sich ja nicht nur über die eigene Person klar werden, sondern auch herausfinden, welche passenden Berufe es gibt, die man mit dem eigenen Ausbildungsstand angehen könnte.“ Übrigens gilt das nicht nur für Berufseinsteiger. Wer sich nach einigen Jahren in einem Job neu orientieren möchte, kann derartige Tests ebenfalls zurate ziehen.

Ob Neuling oder alter Hase, Thomas Rigotti rät, Freunde, Familie oder Lehrer um eine Fremdeinschätzung zu bitten - ohne sich zu sehr davon leiten zu lassen. Dazu kommen Info-Tage oder Ausbildungs- und Berufsmessen. "Die Berufswahl muss einen vor allem heutzutage nicht bis zur Rente festlegen.“ Wer mehr über einen spannenden Beruf erfahren möchte, spricht am besten mit Menschen, die genau diesen bereits ausüben.

Vielleicht gibt es auch einen Headhunter oder eine Personalberaterin im näheren Umfeld, um sich privat auszutauschen. "Es muss nicht immer gleich ein Praktikum sein, man kann sich mit drei Leuten unterhalten, die in einer Branche arbeiten“, sagt Wolff. Dennoch gehe nichts über praktische Erfahrung, findet Rigotti. Er empfiehlt, wenigstens einen Tag praktisch in den Job reinzuschnuppern oder mal einen Tag an die Uni zu gehen. dpa


Jugendliche sind oft unsicher

Mit der Berufsausbildung wagen viele junge Menschen den Schritt in die Eigenständigkeit. Aber in welche Richtung soll es eigentlich gehen? Da haben viele Probleme.

Solingen. Das Abschlusszeugnis in der Tasche und nun? Viele junge Menschen sind orientierungslos, wenn es um die Berufswahl geht. Laut einer Umfrage waren sich nur etwa ein Drittel (32 Prozent) der Auszubildenden und dualen Studenten sicher, welche Ausbildung sie nach ihrem Schulabschluss machen möchten. 15 Prozent wussten zunächst überhaupt nicht, was sie machen wollen. Das geht aus einer Azubi-Studie im Auftrag das Recruiting und Testanbieters "u-form Testsysteme“ hervor, für die unter anderem fast 5000 Schüler, Schülerinnen und Auszubildende befragt wurden.

Eine sogenannte Grundlagenausbildung könnte demnach den nahtlosen Übergang in die Berufswelt erleichtern. 87 Prozent der befragten Jugendlichen begrüßen die Idee, dass Schulabsolventen in einem halben Orientierungsjahr verschiedene Bereiche durchlaufen, bevor sie sich für einen konkreten Beruf entscheiden.

Doch auch andere Aspekte helfen bei der Entscheidung für einen Ausbildungsberuf: So sind Praktika für viele junge Menschen die beste Möglichkeit, um herauszufinden, ob ein Ausbildungsberuf zu ihnen passt. Auch umfassende Informationen über verschiedene Berufe und deren Aufstiegsmöglichkeiten spielen für sie eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung.

Der Nachwuchsmangel in Ausbildungsberufen bleibt ein drängendes Problem. Wie im Vorjahr können sich die knappe Mehrheit der Bewerberinnen und Bewerber den Ausbildungsbetrieb aussuchen: Mehr als 50 Prozent gaben in der Umfrage an, dass sie sich zwischen zwei oder mehr Angeboten entscheiden können.

Bei ihrer Bewerbung kommt es den Jugendlichen vor allem auf das Ausbildungsimage an: 41 Prozent der befragten Auszubildenden haben sich den Angaben zufolge bei ihrem Betrieb beworben, weil die Ausbildung dort einen "sehr guten Ruf" genießt. Im Ausbildungsalltag bestätigt sich dieses positive Bild jedoch nur für 39 Prozent der Azubis uneingeschränkt. dpa