Quelle: Unbekannt

Von Greta Gramberg

Plochingen -„Hälenga“ - zur Adresse des Plochinger Gasthauses Cervus passt der schwäbische Begriff, dessen Bedeutung irgendwo zwischen still und heimlich liegt. An einer Einmündung zur verkehrsreichen Esslinger Straße, versteckt hinter einer Eisdiele und in Umgebung preiswerter Lokale und Imbissläden, liegt das kleine, erstaunlich feine Restaurant. Wer dort isst, schneit nicht zufällig rein. Dabei sprechen die Speisen eine deutlich repräsentativere Sprache.

Ebenso der Lebenslauf des Mannes am Herd. Seit 2012 ist das Cervus in der Hand von Johannes Füller. Bevor er sein eigenes Süppchen für die Plochinger kochen konnte, hat der Meister sein Können in illustren Gastronomiekreisen verfeinert. Nach der Lehre im Hotel Maître in Wernau und einem Süditalienaufenthalt stand er beim Berliner Nobelitaliener Ana e Bruno in der Küche, wo die Prominenz ein und aus geht. Und fünf Jahre lang war Füller Souschef und schließlich Chef bei Kerns Pastetchen in Stuttgart. All die Stationen schmeckt der Gast im Cervus, dessen Stil der Koch als regionale Küche mit mediterranem Einschlag beschreibt.

Schwäbisches, Italienisches und Österreichisches haben meine zwei Begleiter und ich beim Inkognito-Besuch an einem Donnerstagabend auf dem Teller. Auf Reservierung erhalten wir einen Tisch auf der kleinen Terrasse hinterm Haus. Hier lässt es sich in Ruhe schnabulieren - so fein wie das Essen, ist das Ambiente zwischen drei Wänden und einem wenig ansehnlichen Hinterhof nicht. Auch die Einrichtung des Innenraums mit 38 Sitzplätzen trifft nicht jeden Geschmack: eine wilde Mischung unterschiedlicher Holzmöbel zwischen dicht mit Bildern behängten Wänden und dunklem Gebälk. Doch es ist gemütlich und Essen und Service machen den kleinen Abstrich absolut wett.

Schon von der Getränkeauswahl und der Beratung der freundlichen Bedienung sind wir angetan. Als Amuse-Gueule gibt es Brot und Grissini mit salziger Butter. Das Menü beschränkt sich auf wenige Stammgerichte und eine Saisonkarte. Der Preis der Hauptspeisen liegt zwischen 16 und 28 Euro. Gerichte beim Mittagstisch kosten in dieser Woche 8 bis 14,50 Euro.

Wir bemühen uns, einen Querschnitt der Karte zu wählen. Als Vorspeise gibt es gebratenen Oktopus und Salzwassergarnele mit mariniertem Spargel, gerösteten Mandeln und einer Zitronen Safran Aioli (14,50 Euro) - was nicht nur hervorragend schmeckt, sondern mit den Farben von Gelb über Grün bis Lila auch ein Hingucker ist. Der Vorspeisenteller Cervus (14 Euro) umfasst eine gute Auswahl an Käse-, Salami- und Schinkensorten. Als Hauptgang wählt ein Begleiter Rostbraten nach Bauern-Art, der wie gewünscht medium gegart und herrlich mürbe ist. Dazu gibt es Zwiebeln, Kräuterbutter, Meerrettich und Bauernbrot (22,50 Euro). Auch das Wiener Schnitzel mit Petersilienkartoffeln und Preiselbeeren überzeugt (21 Euro). Da es kein vegetarisches Hauptgericht auf der Karte gibt, hake ich nach. Die Bedienung nennt viele Varianten, die Füller auf Wunsch kochen könne. Schließlich sollen es Kaspressknödel mit Gemüse (14 Euro) sein. Das Experiment ist gelungen: Die Kärntner Spezialität mit Zucchini, Paprika, Karotte und Pfifferlingen ist lecker. Nur ein wenig Salz fehlt. Zu den Gerichten gibt es einen Beilagensalat. Nicht überzeugend finden meine Begleiter den Nachtisch: ein zu süßes Erdbeersorbet mit Erdbeeren und zu viel Sekt (7 Euro).

Für drei Aperitive, zwei Gläser Wein, Wasser, zwei Vorspeisen, drei Hauptgerichte und zwei Desserts bezahlen wir 137,50 Euro. Das ist nichts für den kleinen Geldbeutel. Aber angesichts der Qualität und dem aufmerksamen Service mehr als angemessen. Auf der Karte stehen keine Infos über Zusatzstoffe. Es sei frische Küche, dementsprechend gebe es keine, erklärt Füller am Telefon. Fazit: Das Cervus ist ein wahrer Hälenga-Tipp.

Ambiente: •••••••• Qualität: ••••••••Service: ••••••••Preis/Leistung: ••••••••

Bergstraße 1 73207 Plochingen Tel: 07153 / 61 04 07 www.gasthaus-cervus.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag: 12 - 14 Uhr und ab 18 Uhr

Freitag und Samstag: ab 18 Uhr

Sonntag und Montag: geschlossen

Achtung: Betriebsferien bis 19. Juni