Quelle: Unbekannt

Von Iris Frey

Hintergrund

Das Turmuhrenarchiv wurde 1981 gegründet und soll zur Erforschung der Turmuhrenhersteller speziell für ganz Deutschland ab dem Jahre 1800 dienen. Es werden allerdings nur Hersteller von industriell gefertigten Turmuhren behandelt. Dabei ist es Hans-Peter Kuban gelungen, unersetzliches Aktenmaterial für die Erforschung dieses Berufszweiges, der ja eigentlich in dieser Form heute ausgestorben ist, vor der Vernichtung zu retten. Natürlich musste Kuban die Technik der Uhren verstehen lernen, um sie restaurieren zu können. Ein sehr zeitaufwendiges Hobby, denn bei einer großen Turmuhr sind gut 200 Stunden dafür nötig. So ist im Laufe der Jahre ein Turmuhrenmagazin entstanden, welches 2005 eröffnet wurde. Dieses kann nach Terminvereinbarung mit maximal 10 bis 15 Personen pro Führung gegen einen kleinen Kostenbeitrag besichtigt werden. Weitere Infos unter www.turmuhrenarchiv.de.

Hans Peter Kuban ist mit viel Eigeninitiative und Begeisterung seit vielen Jahren dabei, solche besonderen Stücke spannend zu präsentieren. Doch Engagement allein reicht sicher nicht aus, man benötigt auch jede Menge Sachverstand. Und das darf man dem 76-Jährigen getrost zuschreiben, denn er restauriert und repariert die alten Uhren selbst. Jetzt sind alle Räume im denkmalgeschützten Hochbunker voll mit historischen Schätzen und Kuban hat ein Problem: Das Museum droht aus allen Nähten zu platzen. „Ein paar Räume mehr wären hervorragend“, sagt Kuban. Doch die, die im Bunker noch übrig wären, sind leider allesamt an Privatleute vermietet worden. Kuban hofft stets, dass das Amt für Liegenschaften und Wohnen bei frei werdenden Räumen diese dem Turmuhrenmagazin anbieten wird. Bislang vergebens. Vor eineinhalb Jahren gab es wieder so einen Mieterwechsel in dem Gebäude, doch erneut wurde dem Uhresammler kein Angebot unterbreitet.

Lohnen würde es sich allemal, denn die Räume, die er bisher belegt hat, erzählen sehr viele spannende Geschichten von Turmuhren, nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa. Eine einzigartige Sammlung in dem denkmalgeschützten Hochbunker.

Zuletzt hat er nun einen Raum umgestaltet, einen ehemaligen Sanitärraum, an dessen Eingang eine grüne Bahnhofsturmuhr aus dem Jahr 1900 aus Gera hängt - sein Stolz der Sammlung. Im Zimmer um die Ecke ist in einem hölzernen Schrank das dazugehörige Uhrwerk zu entdecken.

Kuban zeigt dort zudem Raritäten des einstigen Turmuhrmachers Jacob Höckel aus Flörsheim am Main. Mit Fotos dokumentiert er dessen Betrieb und Schaffen. Die vielen Arbeitsgeräte hat er fein säuberlich und sorgsam aufgebaut: Etwa einen Rundzirkel, mit dem Höckel einst gearbeitet hat, und mit dem Wellen gemessen werden. Auch Rechenschieber, Lochplatten und Winkelmesser sind zu sehen sowie alte Glocken mit klarem Klang. Höckel startete seinen Betrieb einst im Jahr 1877, in der Blütezeit des Turmuhrenbaus. „Doch erste Turmuhrenfirmen gab es bereits 1813“, weiß Hans Peter Kuban. Blattaluminium, eine Gießpfanne und alte Schreibmaschinen runden die Ausstellung ab.

Doch im historischen Waschraum lagern noch andere Schätze des 76-Jährigen. So hat er spezielle Glockenanlagen restauriert, die neben beschrankten Bahnanlagen hingen: eine mechanische und eine elektrische Anlage. Beide funktionieren wieder - unüberhörbar, als Kuban sie anschlägt. Für Reparaturen der Geräte und Turmuhren beschafft sich der Museumsleiter auch schon mal technische Unterlagen der Herstellerfirmen. Sehr viel Mühe und Zeit stecken darin.

Ganz besonders stolz ist Kuban auf eine mehr als 100 Jahre alte alte Turmuhr, die ihm Manfred Langer aus Dornburg bei Limburg mit einem elektrischen Aufzug versehen hat. Eine alte Turmuhr mit mit elektrischem Aufzug? „Ganz einfach“, so der Experte. Die mechanische Uhr erhielt nur einen Kettenzug und einen Getriebekasten mit Strom. Der Rest des Zeitmessers wurde so belassen. „Damit ist bewiesen, dass alte Uhren auch elektrisch laufen können“, so Kuban, der einst Industriekaufmann gelernte hatte und sich sehr viel später nach und nach sein heute so umfangreiches Wissen über Turmuhren anggeignet hatte. Während Kuban erzählt, ticken die Uhren und schlagen plötzlich die volle Stunde. Für Kuban immer wieder ein beruhigendes Geräusch.

Dass das Turmuhrenmagazin in einem ehemaligen Bunker ist, wird während des Rundgangs an vielen Stellen offenkundig. Vor dem Eingang zum Waschraum hängt zum Beispiel eine Lüftermaschine aus dem Jahr 1940. Während des Kalten Kriegs in den sechziger Jahren seien die Filter dazu neu verwendet worden und seien die Filtermaschinen noch genauso einsatzbereit gewesen. Das erstaunt Kuban noch heute. Er hat die Maschine gereinigt und wieder zum Laufen gebracht. Für stromlose Zeiten gibt es sogar eine Kurbel, um gereinigte Frischluft in den Bunker zu holen, wie der Fachmann gleich demonstriert.

Im Turmuhrenmagazin gibt es fraglose viele Raritäten, darunter auch die Zentraluhr des Stuttgarter Rathauses. Auch von der Stuttgarter Hauptpost konnte er zumindest noch die Zeiger retten. Das Originalzifferblatt hat er nachdrucken lassen. Alles hängt nun im Treppenaufgang. Und die kürzliche Umstellung zur Sommerzeit hat ihm im Museum keinen Stress bereitet, sagt er. Am Turmuhrenmagazin hängt eine Uhr draußen, die ist immer richtig eingestellt. Das ist ihm wichtig.