Stuttgart (jo) - Das Landesmuseum Württemberg hat im Alten Schloss zwei Messinggefäße aus jüdischem Besitz an einen Urenkel der ehemaligen Besitzerin übergeben. Zuvor waren die Objekte Teile der Sammlung „Kunst- und Kulturgeschichte“. Die Suche nach den Erben gestaltete sich schwierig.
Die beiden Objekte, die Teil der kunst- und kulturhistorischen Sammlung waren, wurden dieser Tage den Erben übergeben. Es handelt sich um ein achtseitiges Kohlebecken aus dem Jahr 1770, das in Süddeutschland gefertigt wurde und um eine ovale Messingdose aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Objekte stammen aus dem Besitz der Stuttgarterin Hedwig Neuhäuser und wurden von Max Fishman, einem ihrer Urenkel, entgegengenommen. Die Suche nach ihren Nachfahren war schwierig, jahrelange Recherchen blieben zunächst erfolglos. Erst jetzt konnten die gesetzmäßigen Erben, die in den USA, Großbritannien und Frankreich ansässig sind, gefunden werden.
Die gebürtige Cannstatterin Hedwig Neuhäuser war die Witwe des 1931 in Stuttgart verstorbenen jüdischen Kaufmanns Elias Neuhäuser. 1936 erwarb sie mit Salomon Felheim ein Haus in der Stuttgarter Rosenbergstraße 149, das sie drei Jahre später auf Druck des nationalsozialistischen Regimes verkaufen musste. 1939 in der Dillmannstraße 19 ansässig, zwang man sie, den Stuttgarter Norden zu verlassen und im August 1941 in das jüdische Altersheim in der Heidehofstraße 9 umzusiedeln. Nach ihrer Deportation nach Theresienstadt im Jahr 1942 ermordeten die Nationalsozialisten Hedwig Neuhäuser zwei Jahre später in Ausschwitz.
Doch wie gelangten die beiden Objekte ins Landesmuseum Württemberg? Die Nachforschungen ergaben: Infolge des Umzugs in die Rosenbergstraße musste Hedwig Neuhäuser ihren Hausstand verkleinern und gab mehrere Haushalts- und Sammlungsgegenstände in eine Auktion beim Stuttgarter Kunsthändler Otto Greiner. Am 10. Oktober 1936 wurden die beiden Messinggefäße versteigert und für insgesamt 18 Reichsmark an das Landesgewerbemuseum in Stuttgart verkauft. Dessen Bestände wurden in den sechziger Jahren dem Württembergischen Landesmuseum übereignet.
Da die Erben jahrelang nicht ausfindig gemacht werden konnte, spendete das Landesmuseum im November 2011 als Zeichen der Wiedergutmachung einen Stolperstein für Hedwig Neuhäuser in der Stuttgarter Rosenbergstraße 149.
Seit 2009 wird im Landesmuseum die Herkunft von rund 10 000 verfolgungsbedingt entzogenen Objekten erforscht. Es konnten bereits einige Kunstgegenstände ihren früheren Besitzern zugeordnet werden. Eine Rückgabe an die Erben ist bislang allerdings nur in wenigen Fällen möglich gewesen.