im Mai sind 695 Verstöße gegen das Fahrverbot festgestellt worden. Foto: dpa - dpa

Auch wenn ein Dieselsünder eine Kesseldurchquerung inklusive Polizeikontrolle unbehelligt absolvieren konnte: Nach wie vor ist der Kontrolldruck in der Stadt hoch.

StuttgartSo ganz ohne Plakette einmal mitten durch den Feinstaubkessel? Dieser Tage hat Joachim Bauer (Name geändert) keine andere Möglichkeit gesehen, um von Filderstadt nach Feierabend in sein Büro in Bad Cannstatt zu fahren. Er dieselte hin, mit einem Mercedes 250 D, Baujahr 1992. Auf dem Heimweg dachte er, er bekäme prompt die Quittung für die Missachtung des seit Jahresbeginn geltenden Verkehrsverbots für Diesel mit Euro 4 und schlechter: „Oben an der Weinsteige in Degerloch, da wo sie immer stehen, war eine Polizeikontrolle“, sagt der 64-Jährige. Die Beamten winkten ihn raus, schicksalsergeben und mit einem Punkt nebst Bußgeld rechnend hielt er an. Es folgte ein extrem kurzer Dialog ohne Konsequenzen. „Die wollten wissen, ob ich was getrunken hab. Hatte ich nicht. Und woher ich kam. Aus dem Büro, Hab ich ihnen gesagt“, fasst Bauer zusammen. Die Geschichte vom abendlichen Einsatz im Büro auf der anderen Seite des Kessels erschien den Polizisten plausibel, da mehrere Aktenordner im Fahrzeug lagen. Auch wirkte der Mann überzeugend nüchtern. „Gute Fahrt“, wünschten die Beamten, und der Verstoß wurde nicht geahndet. „Die haben nicht einmal gesehen, dass das Auto überhaupt keine Plakette hatte. Ich dachte, die achten bei allen Kontrollen darauf, ob es ein Diesel ist, der nicht mehr fahren kann“, wundert sich Bauer.

Eigentlich hätten die Kollegen das merken müssen, und eigentlich würde bei Verkehrskontrollen auf alles geachtet, sagt ein Sprecher der Polizei – und wundert sich ebenfalls ein wenig. „Aber manchmal stehen eben andere Dinge im Vordergrund.“ Wenn die Polizei am Wochenende im Einsatz sei, um durch Alkoholkontrollen für mehr Sicherheit zu sorgen, dann läge der Fokus eben darauf. Das könnte bei besagter Kontrolle so gewesen sein, da sie am späten Freitagabend war – wenn das Partyvolk in die Stadt strömt. „Auch wenn schon mehrere Fahrzeuge in der Kontrollstelle stehen, sieht man zu, dass man zügig vorankommt“, fügt er hinzu. Und überhaupt: „Auch Polizisten können mal was nicht merken oder übersehen.“

Auch wenn dieser Dieselsünder eine Kesseldurchquerung inklusive Polizeikontrolle unbehelligt absolvieren konnte: Nach wie vor ist der Kontrolldruck hoch. Die Polizei achtet bei allgemeinen Verkehrskontrollen auch auf das Fahrverbot, macht aber keine gezielten Dieselkontrollen. Die Stadt gleicht die Fahrzeugdaten aller Verkehrssünder ab, die an roten Ampeln, beim Falschparken oder beim Rasen erwischt werden. Im Mai waren es 40 582 Fälle, welche die Verkehrsüberwachung der Stadt prüfte. Davon wurden 3223 an Rot zeigenden Ampeln geblitzt, 23 063 an Geschwindigkeitsmessstellen und 51 095 erhielten Strafzettel wegen Falschparkens. Die Zahl der festgestellten Verstöße gegen das Fahrverbot lag bei 695, deutlich unter dem Vormonat, als die Verkehrsüberwachung 787 Fälle registrierte. Bußgeldbescheide stellte die Stadtverwaltung in 19 Fällen aus. Dass ist der niedrigste Wert, seit die Zahlen erhoben werden. Im März waren es 53, im April 34. Von den 19 ausgestellten Bußgeldbescheiden sind im Mai nur zwei rechtskräftig geworden.