Stuttgart (ae) - Die Bundestagswahl am 24. September rückt näher - für Studierende und Lehrende an der Uni Hohenheim bietet sich dadurch reichlich „Material“ zum Forschen: Sie untersuchen, wie Wahlplakate, Umfragen und TV-Duell wirken und welchen Parteien es gelingt, sich verständlich zu machen.

Bald wird auch in Stuttgart an Wahlplakaten kein Weg mehr vorbeiführen. Allerdings: Nicht alle sind vom Einsatz der großflächigen Werbemittel überzeugt. Ob diese tatsächlich wirken, ist eine Frage, der der Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim seit vielen Jahren nachgeht. Für ihre Untersuchungen kombinieren die Forscher Befragungen von Wählern mit Blickaufzeichnungen („Eyetracking“). „Millisekunden genau wird der Blickverlauf beim Betrachten von Wahlplakaten festgehalten“, erklärt Lehrstuhlinhaber Frank Brettschneider. „So kann man sagen, welche Personengruppen wie lange wohin geschaut haben.“ Und daraus ließen sich wiederum Schlüsse auf die Wirkung ziehen.

Die Fachleute unterscheiden bei den Werbemitteln verschiedene Typen: „Auf den reinen ‚Kopfplakaten’ ist ein Kandidat beziehungsweise eine Kandidatin aus dem Wahlkreis abgebildet, meist versehen mit dem Namen, dem Parteilogo und einem Slogan.“ Hier hätten Untersuchungen gezeigt, dass diese Plakate wenig wirken. Sie würden die Kandidaten zwar bekannter machen, viele Menschen seien von ihnen „früher oder später“ jedoch genervt.

Anders bewertet der Kommunikationswissenschaftler die Plakate der Spitzenkandidaten. Auf „Kopfplakaten“ werde in der Regel ein Thema oder eine Eigenschaft wie Verlässlichkeit oder Führungsstärke angesprochen. Durch diese Verbindung könnten die Plakate größere Wirkung entfalten, ist der Wahlkampf-Forscher überzeugt. So wirbt die Kanzlerin mit dem Slogan „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“ Dies solle das Erreichte hervorheben und an die gute Wirtschaftslage anknüpfen. „Angela Merkel setzt auf Vertrautes und auf Verlässlichkeit.“ Das Plakat von Martin Schulz mit dem Text „Die Zukunft braucht Ideen. Und einen, der sie durchsetzt“ ziele auf Wandel und auf vermeintliche Leadership-Qualitäten des SPD-Kandidaten ab.

Bei der dritten Kategorie handelt es sich um reine Themenplakate. Diese dürften jedoch nicht überfrachtet sein. „Am besten eignet sich die Kombination aus einem Foto, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht, und einem passenden Slogan. Reine Textplakate hingegen wirken gar nicht - oder sogar abstoßend.“ Die Grünen werben mit ihrem Kernthema „Umwelt“, die Linke mit „sozialer Gerechtigkeit“ und die AfD kritisiert „Burkas“. Die FDP stellt ihren Spitzenkandidaten Christian Lindner in den Mittelpunkt. Und sie bricht mit der Regel, möglichst wenig Text auf einem Plakat darzustellen. Dies solle offenbar signalisieren: „Wir haben viel zu sagen.“ Generell zeigen die Ergebnisse, dass Wahlplakate kaum Einstellungen der Wähler verändern. Die Hauptfunktion besteht aus Sicht der Wissenschaftler darin, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken.