Ist das Leuze schwer erreichbar oder schlicht zu teuer? Die Besucherzahlen gehen jedenfalls zurück. Foto: Philipp Meuser - Philipp Meuser

Am 5. Juni dieses Jahres erhöhte das Leuze seinen Saunapreis im Basistarif um 53 Prozent. Das hat Folgen: 200 schriftliche Proteste, Mindereinnahmen – aber auch Zustimmung.

StuttgartVor knapp einem halben Jahr erhöhte das Mineralbad Leuze den Eintrittspreis für Saunierer drastisch. Es gab damals schon Proteste, die aber vergleichsweise überschaubar waren, da der Sommer keine Hochzeit für die Sauna ist. Das könnte sich jetzt ändern, und einen deutlich spürbaren Rückgang der Besucherzahlen gibt es schon jetzt. Der Einschnitt am 5. Juni dieses Jahres war gravierend: Saunagänger mussten im Basistarif statt bisher 10,10 Euro plötzlich 15,50 Euro bezahlen, also satte 53 Prozent mehr. Die Reaktionen waren teils heftig: Es gab zwar auf der einen Seite einige Befürworter, die es gut fanden, dass durch den Extratarif für die Sauna etliche „Schaulustige“ abgehalten werden würden, den meisten war die Preiserhöhung aber zu gravierend. Bei den Bäderbetrieben gingen mehr als 200 Protestbriefe ein und Vorschläge, die Erhöhung zu mildern, indem man im Basistarif die Grundzweit von zwei auf drei Stunden verlängert. Die Bäderbetriebe hielten an der neuen Tarifstruktur fest. Das zeitigt Folgen: 2018 besuchten vom 1. Juni bis zum 31. Oktober exakt 291 561 Badegäste das Leuze, in diesem Jahr waren es im selben Zeitraum nach der Tariferhöhung für die Sauna nur noch 259 670, von denen 78 004 den neuen Saunaaufschlag zahlten. Insgesamt kamen also 31 891 Besucher weniger, die an der Kasse im Basistarif zwischen 322 000 Euro (ohne Sauna) und 494 000 Euro bezahlt hatten.

Für die Bäderbetriebe hat der Rückgang nur zu einem überschaubaren Teil mit der Tariferhöhung zu tun. Insgesamt gingen seit zehn Jahren die Besucherzahlen zurück, von 865 635 im Jahr 2008 auf 664 907 Gäste im vergangenen Jahr. Laut Jens Böhm, dem Sprecher der Bäderbetriebe, würden sich durch den Bau des Rosensteintunnels „Verkehrsstaus auf den Zufahrtswegen, sich ändernde Verkehrsführungen und verschiedene Änderungen der Gehweg- und Radwegführungen zum Bad“ ergeben. Dies würde die Badegäste vergraulen. Böhm ergänzt: „Darüber hinaus kämpfen wir Jahr für Jahr um Mittel, um das Leuze attraktiver zu machen.“ Fakt ist aber, dass vergleichbare Bäder in der Region nach der Preiserhöhung im Leuze ansteigende Besucherzahlen zu verzeichnen haben. Im Mineralbad Cannstatt kamen seit 1. Juni knapp 4000 Badegäste mehr als 2018. Das F3 in Fellbach meldet „einen leichten Anstieg der Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr.“ Das Fildorado zählt eine Zunahme an Saunagästen von 2,4 Prozent. Das Spaßbad in Filderstadt vermutet dahinter das Sommerwetter, das nicht so extrem heiß und trocken war wie 2018. Auch im F3 glaubt man eher nicht an einen Zusammenhang mit dem Leuze. Auszuschließen sei das aber nicht.

Auf jeden Fall hat das Leuze im Juni Stammkunden verloren, die bis heute nicht zurückgekommen sind. Zum Beispiel die Familie Kurth. Detlef Kurth monierte damals, dass er als Familie mit zwei Kindern 67,20 Euro statt 30,40 Euro zahlen müsste und bezeichnet das als familienfeindlich. „Wir bleiben weiter fern“, sagt Kurth heute und bedauert zudem, dass er auf eine Erwiderungsmail an die Bäderbetriebe bis heute keine Antwort erhalten habe: Das sei eine „schlechte Kommunikationsform in einer Stadt, die auf Beteiligungskultur setzt“. Nach 20 Jahren als Stammgast in der Sauna geht Joachim Maier mit seinen drei Saunakumpels zwar nun doch weiter einmal pro Woche ins Leuze, aber nur noch zwei statt früher drei Stunden. Maier findet die Erhöhung „sozial problematisch“, weil er Saunagäste kenne, die aus finanziellen Gründen ihre Besuche zurückfahren, oder einstellen. „Viele der Stammgäste, kommen nicht mehr“, sagt er, was sich mit den Rückgangszahlen des Leuze deckt. „Und die, die noch kommen, beschweren sich.“ Allerdings nicht alle. Nach der Erhöhung gab es auch Zustimmung, da laut einiger Stammgäste diejenigen, die nur zum Gucken in die Sauna gingen, jetzt so gut wie weg seien.

Teure Trennung

Tarife: Bis zum 1. Juni gab es einen Kombitarif im Leuze. Für 10,10 Euro konnte man zwei Stunden die Mineralbecken und die Saunaanlage nutzen. Seit Sommer ist Schwimmen und Sauna getrennt. Das Baden kostet 9,50 Euro, wer die Sauna nutzen will zahlt sechs Euro Aufpreis, also 15,50 Euro statt bisher 10,10 Euro.

Historie: Das Leuze war eines der wenigen Bäder, die nur einen Kombitarif hatten. Nach der Schließung des Berg monierten heimatlose Bergianer, dass sie für eine Sauna zahlen müssen, obwohl sie die nicht nutzen wollen. Die haben nun ihren Willen. Jetzt zahlen freilich die reinen Saunierer deutlich mehr, da es eine reinen Saunatarif nicht gibt, sondern immer auch der Eintritt ins Mineralbad bezahlt werden muss.

Denkzettel

Das Ergebnis war vorhersehbar: Dass eine Tariferhöhung um 53 Prozent auf einen Schlag Kunden kostet, kann nicht überraschen. Das Leuze hat das nun auch schriftlich. Vergleichbare Saunabäder legen seit der Tariferhöhung des Mineralbads am Neckar bei den Besucherzahlen zu, das Leuze verliert satte elf Prozent Gäste.


Bei allem Ärger der Kunden muss man aber auch feststellen: Die Trennung der Tarife nach Schwimmbad und Sauna war von großen Teilen des Publikums gewollt. Dass sich dabei auch die Preise ändern, ist ein Stück weit unvermeidlich und auch gerechtfertigt, da der bisherige Kombitarif für Schwimmen und Sauna in der gesamten Region deutlich unter dem vergleichbarer Bäder lag.
Völlig ungeschickt war freilich die Umsetzung, die Kritiker auf den Plan rufen musste und letztlich Geld kostet. 53 Prozent auf einmal - das provoziert Widerstand. Hätte man die Erhöhung auf drei oder vier jährliche Stufen verteilt, wäre die Reaktion sicher viel verhaltener gewesen. Man hätte sogar die 53 Prozent wohl ohne größere Abwanderung durchgebracht, wenn man im Gegenzug die Badezeit verlängert hätte. Das haben viele verärgerte Saunagänger vorgeschlagen, fanden aber kein Gehör bei den Bäderbetrieben und bekamen oft auch keine Antwort auf Briefe. Mit einer Verlängerung der Badezeit von zwei auf drei Stunden im Basistarif wäre das Leuze aber auch nach der Erhöhung noch der günstigste Anbieter in der Region. Das ist es jetzt nicht mehr und treibt die Leute damit weg.
Im Frühjahr sollte man noch einmal die Zahlen analysieren. Bleiben die Leute auch in der Sauna-Hochsaison weg, hilft zur Schadensbegrenzung wohl nur eine tarifliche Korrektur über die Badezeit.