Einmal im Jahr lädt das Henkersfest auf den Wilhelmsplatz. Foto: Rosar - Rosar

Wirte am Wilhelmsplatz hoffen auf Verkehrsberuhigung, ob das klappt wird das Wettbewerbsverfahren zeigen, das im Mai 2020 abgeschlossen sein soll.

Stuttgart hat viele Plätze, aber noch mehr Orte, die zwar das Wort „Platz“ im Namen tragen, aber sonst nicht wirklich zum Verweilen einladen. Beim Wilhelmsplatz in der Stuttgarter Innenstadt könnte sich das jetzt ändern – die Stadt schreibt den Wettbewerb für die Neugestaltung der B 14 offiziell aus, am Mittwoch legt sie die Beschlussvorlage vor. Die Anrainer hoffen, dass sich dabei auch die Verkehrsführung um den Wilhelmsplatz ändert, kämpfen sie doch seit Jahrzehnten dafür, die ihnen verhasste Stadtautobahn vor der Ladentür loszuwerden. Und auch die Wilhelmstraße, die den Platz in zwei Teile teilt – mit La Concha, Il Pomodoro und Süßholz auf der einen und dem ehemalige Ciba Mato und der Monobar auf der anderen Seite –, stört die Wirte.

„Aufbruch“-Verein macht Druck

Ob der Wunsch in Erfüllung geht, wird sich in einem Wettbewerbsverfahren zeigen, das im Mai 2020 abgeschlossen sein soll. „Die Idee, den Verkehr zu reduzieren, wird in den Wettbewerb zur Umgestaltung der B 14 aufgenommen“, sagt ein Sprecher der Stadt. Damit stehe allerdings noch nicht fest, ob der Verkehr am Wilhelmsplatz tatsächlich massiv reduziert wird.

Für diese Idee sprechen aber die Ergebnisse eines Symposiums des Vereins Aufbruch Stuttgart, der eng in die Prozesse um die Kulturmeile eingebunden ist. Dort haben bereits fünf Architektenbüros aus Zürich, Wien oder Brüssel unabhängig voneinander grobe Entwürfe präsentiert, die auch den Wilhelmsplatz betreffen. Der gemeinsame Nenner: Der Verkehr am Wilhelmsplatz soll massiv reduziert oder ganz abgeschafft werden. Diese – unverbindlichen – Gestaltungsvorschläge sehen vor, dass höchstens ein Fünftel der jetzigen Verkehrsflächen bestehen bleiben soll. Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, würde eine Umgestaltung des Platzes sehr begrüßen. „Die Situation vor Ort, die unzähligen Verkehrsregeln, das ist absurd“, sagt sie. Weiter seien dadurch auch etliche Nicht-Verkehrsflächen ungenutzte tote Winkel. Was Kienzle sich für den Wilhelmsplatz wünschen würde: „Die Schattenflächen verkleinern und die Flächen in der Sonne deutlich vergrößern – dieser Platz könnte dann auch den Gastronomen vom Murrhardter Hof bis zum Noodle One an der Ecke zugutekommen.“ Gleichzeitig könne die aktuell „völlig katastrophale“ Führung der Radwege verbessert werden.

Bei den Wirten weckt die nicht ganz neue Idee große Hoffnungen. Armagan Gürak von der Kneipe La Concha würde es „einfach fabelhaft“ finden, wenn der Verkehr reduziert würde und er seinen Außenbereich nicht mehr so eng zwischen Gehweg und Hauptstraße quetschen müsste. „Die Idee gab es vor vielen Jahren schon mal, damals wurde aber letztlich nichts draus“, sagt er. Auch Hasan Geray, der den Murrhardter Hof vor einem Jahr übernommen hat, würde sich über etwas Verkehrsberuhigung freuen. „Autofrei ist immer gut“, sagt er. Zumal er den Eindruck habe, dass sich die Stuttgarter Raser-Szene seit der Tempobegrenzung auf der Theodor-Heuss-Straße in die Ecke des Wilhelmsplatzes verlagert habe. „Im Sommer ist hier Rennstrecke“, sagt Geray.

Nur ein Baustein am Cityring

So einig wie in dieser Frage waren sich die Wirte und die Bezirksvorsteherin selten. In der Vergangenheit gab es immer wieder Streit über den Platz. Veronika Kienzle bemängelte häufig, dass der Abstand zwischen den Außenbestuhlungen und den Hauswänden zu eng sei. Auch die Verwaltung wollte immer wieder wegen vermeintlichen Gastro-Wildwuchses durchgreifen, die Kommunalpolitik bremste sie dabei aus. Die mögliche Umgestaltung des Wilhelmsplatzes ist in einem größeren Kontext zu sehen. Für das ehrgeizige Unterfangen, die Kulturmeile und den Cityring neu zu ordnen, ist der Wilhelmsplatz nur ein kleiner Baustein. Als eine der Zielsetzungen des Großprojekts nannte OB Fritz Kuhn (Grüne) auch, den Verkehr in der City bis 2030 um 50 Prozent zu verringern. Beim Wilhelmsplatz könnte es um bis zu 100 Prozent gehen.