Quelle: Unbekannt

Von Janey Olbort

Stuttgart - Immer häufiger wird im Stadtgebiet eine klebrige Paste zur Taubenabwehr eingesetzt - zuletzt Anfang der Woche an der S-Bahnhaltestelle Stadtmitte. Tierschützer schlagen deshalb Alarm und fordern mehr Taubenschläge in der Landeshauptstadt sowie ein Verbot der Paste.

Um die Stadttauben zu vertreiben, werden in Stuttgart vielfältige Methoden eingesetzt: An Fenstersimsen werden Metallspikes angebracht, Netze zwischen Gebäudefassaden gespannt und Taubenattrappen an Eingangstüren aufgestellt. Seit geraumer Zeit aber kommt auch eine zwar legale, aber sehr umstrittene Methode zum Einsatz: Die Tiere sollen mit einer klebrigen Paste abgewehrt werden - und das mit verheerenden Folgen: Sie verklebt Füße, Gefieder und den Schnabel, was zu einem „qualvollen Tod der Tiere“ führe, wie Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer, die Taubenbeauftragte in Stuttgart, sagt. Durch die Rückstände der Paste können die Tiere weder Nahrung zu sich nehmen noch fliegen, außerdem bleibt Müll und Dreck an ihren Beinen kleben. Die Klebemasse soll nach Herstellerangaben bei den Tieren ein unangenehmes Gefühl auslösen, sodass sie die damit beschmierten Flächen meiden.

Nachdem die Paste zur Taubenabwehr bereits Ende September am Hauptbahnhof eingesetzt wurde und für Proteste sorgte (wir berichteten), trug eine Firma diese kürzlich auf den Werbeprojektoren an der S-Bahn-Station Stadtmitte auf - im Auftrag jener Firma, die die Geräte betreibt. Tierschützer wurden darauf aufmerksam: „Auf dem Weg zur Arbeit entdecke ich seit Montag an der Haltestelle täglich Tauben und deren Küken mit verklebten Beinen und Gefieder“, berichtet Susanne Müller von der Taubenhilfe Künzelsau. Der Einsatz der Paste erzielt aus ihrer Sicht nicht den gewünschten Effekt: Es sei nicht möglich, die Tiere zu vertreiben, da es sich bei Stadttauben um Felsenbrüter handle, die im Gemäuer der Fassaden nisten und nicht etwa in Baumkronen wie auf dem Land. „Die Tiere sind gefangen in der Stadt und brauchen daher eine starke Lobby, die auf deren Elend hinweist“, sagt Müller. Zwar wurde die Paste jetzt von den Werbeprojektoren entfernt, es könnten aber immer noch Reste vorhanden sein, die für die Tauben gefährlich sind, sagt Britta Leins, die mehrere verklebte Tiere Zuhause aufgenommen hat, sie badet und pflegt.

Der Einsatz der Taubenabwehrpaste ist in Stuttgart erlaubt. Wenn die Paste ordnungsgemäß angewendet werde, spreche aus tierschutzrechtlicher Sicht nichts dagegen, betont Martin Thronberens, Sprecher der Stadt. Für eine ordnungsgemäße Anwendung muss die Paste laut Herstellerfirma mit Quarzsand oder einer Folie so abgedeckt werden, dass kein Tier daran kleben bleibt. Während sie auf städtischen Flächen nicht eingesetzt wird, kommt sie auf Privatgelände häufiger zum Einsatz. Im jüngsten Fall hat die Stadt die verantwortliche Firma angewiesen, die Paste zu entfernen und diese zukünftig, wenn überhaupt, nur sachgerecht anzuwenden, teilt Thronberens mit. Die Anweisung, die Paste ordnungsgemäß einzusetzen, genügt aus Sicht von Brucklacher-Gunzenhäußer jedoch nicht. Die Taubenbeauftragte fordert, dass deren Einsatz in der Landeshauptstadt verboten wird und Stuttgart dem Beispiel von Städten wie Nürnberg, Sohlingen oder Leipzig folgt. Das sofortige Verbot der Paste fordern auch die Grünen sowie die Fraktion SÖS-Linke-Plus, da diese Form der Taubenabwehr nicht tiergerecht sei.

Um die Population der Tauben in der Innenstadt zu senken, eigenen sich ausschließlich Taubenschläge, sagt Brucklacher-Gunzenhäußer. Hier werden die Eier der Tiere gegen Kunststoffattrappen ausgetauscht. „Die Stadt bemüht sich, gemeinsam mit dem Tierschutz weitere Standorte zu finden.“ Das Problem: „Niemand will einen Taubenschlag auf dem Dach oder auf dem Grundstück haben.“ Derzeit betreibt die Stadt gemeinsam mit dem Tierschutzverein Stuttgart zehn Taubenschläge. Würde es weitere 40 Taubenschläge geben, sei das Problem gelöst, so Brucklacher-Gunzenhäußer.