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Seit Januar setzt es Bußgelder bei Verstößen gegen das Prostituiertenschutzgesetz. Etwa für drei Freier, die das Kondom verweigert haben. Einzelne Frauen tauchen in die Anonymität ab, um das Gesetz zu umgehen.

StuttgartDas seit Sommer 2017 geltende Prostituiertenschutzgesetz wird in Stuttgart inzwischen strenger umgesetzt. Von den rund 140 Rotlichtbetrieben, darunter Laufhäuser, Bordelle und Modellwohnungen, habe man 95 kontrolliert, sagt Albrecht Stadler, Abteilungsleiter beim Ordnungsamt. Das sind mehr als die 76, die bei der Stadt einen Antrag auf eine Betriebserlaubnis eingereicht haben. Die Chancen der Betreiber, nach dem neuen Gesetz eine Genehmigung zu bekommen, sind in Stuttgart nicht sehr groß, das zeigen die bisherigen Bescheide: 23 Anträge wurden schon abgelehnt. „Wir haben keine Erlaubnis erteilt“, so Stadler. Was nicht heißt, dass in den Häusern oder Wohnungen sogleich das rote Licht ausgeht. In 20 Fällen wurde Widerspruch eingelegt. Die Stadt verzichtet, von Ausnahmen abgesehen, auf den Sofortvollzug, um Schadenersatzansprüche zu vermeiden. Die eingelegten Rechtsmittel gegen die Schließungen haben somit aufschiebende Wirkung. Der juristische Streit kann sich Jahre hinziehen.

Zwei Sexwohnungen dichtgemacht

Nur in zwei Fällen hat die Stadt die Nutzung mit sofortiger Wirkung untersagt. Für die Wohnungen in Bad Cannstatt und im SI-Centrum in Möhringen, die von Escort-Diensten als Sexabsteigen genutzt werden, seien weder Anträge für eine Genehmigung gestellt worden, noch hätten die Mieter Anstalten gemacht, ein nun obligatorisches Notrufsystem einzubauen, sagt Albrecht Stadler: „Die Mängel waren so gravierend, dass wir handeln mussten.“

Zumeist wurden die Anträge abgelehnt, weil die Etablissements baurechtlich nicht genehmigungsfähig seien, etwa weil sie in einem Bereich liegen, in dem diese Nutzung nach der Vergnügungsstättensatzung gar nicht zulässig ist. Dazu kämen oft noch andere Mängel. In zwei Fällen habe man eine Genehmigung auch wegen der Unzuverlässigkeit des Betreibers versagt. So wird inzwischen geprüft, ob diese etwa Steuerschulden haben oder schon einmal zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind.

Auch die etwa 500 jeden Tag in Stuttgart tätigen Prostituierten, die sich nun zwei Beratungen unterziehen müssen, um eine Anmeldung zu bekommen, werden nun etwas strenger kontrolliert. Man sei zwar noch immer „niederschwellig unterwegs“, sagt Steffen Magewski, der Leiter des Arbeitsbereichs Prostitution bei der Polizei. „Wir wollen die Frauen ja nicht gängeln.“ Aber wenn diese sich nach wiederholter Aufforderung nicht um eine Anmeldung kümmern, müssen sie mit einem Bußgeld rechnen.

Keine Verhütung Bußgeld

Die meisten Frauen hätten zwar eine Anmeldung oder eine Bescheinigung, dass sie zur Beratung angemeldet sind, so Magewski. Zehn Verstöße gegen die Meldepflicht hat die Polizei in diesem Jahr aber angezeigt, gegen Prostituierte, teils aber auch gegen Bordellbetreiber, welche die Anmeldung der Frauen prüfen müssen. Mittlerweile kann das Ordnungsamt eine kleine Liste von verhängten Bußgeldern vorlegen. So hat die Polizei 2018 vier und in diesem Jahr zwei Verstöße gegen die Kondompflicht registriert. Die Männer hatten das Kondom während des Geschlechtsakts einfach wieder abgezogen. In der Folge hat die Stadt bisher drei Bußgelder gegen Freier verhängt. Das kostet pro Nase 1000 Euro.

Wegen der fehlenden Anmeldebestätigung von Prostituierten sind in sechs Fällen Bußgeldbescheide von je 500 Euro ergangen. Wegen mangelnder Erlaubnis und auch nicht gestellten Antrags hat die Stadt überdies gegen drei Rotlichtbetreiber Bußgelder von 1000 Euro verhängt. Vier weitere müssen 1000 Euro bezahlen, weil sie nicht einmal die Mindestanforderung des neuen Gesetzes wie die Einrichtung eines Notrufsystems erfüllt hatten.

Der fehlende Hinweis auf die jetzt geltende Kondompflicht kostet einen Rotlichtbetreiber 500 Euro. Ebenfalls mit einem Bußgeld rechnen müssen Prostituierte, die auf der Straße im Sperrbezirk zwischen Karlshöhe und Wilhelma anschaffen. 2018 wurden 43 Frauen dabei ertappt, die dafür 180 Euro berappen mussten (beim zweiten Verstoß 300, beim dritten 500 Euro). Gleiches gilt für Freier, die Frauen in dem Bereich ansprechen. 2018 mussten 21 Männer ein Bußgeld zahlen, in diesem Jahr waren es bisher zwei.

Anonymität erschwert Sozialarbeit

Eine Beobachtung macht die Polizei bei ihrer Arbeit seit einigen Monaten: Es gebe einige Beispiele von Frauen, die ihre Sexdienste im Netz nicht mehr mit Wohnungsangabe anbieten, sondern anonym nur noch mit Handynummer, erzählt Steffen Magewski. Damit sollen wohl der Zwang zur Anmeldung der Frauen und die Auflagen für die Rotlichtobjekte umgangen werden. Man habe jüngst zwei für diesen Zweck neu angemietete Wohnungen aufgespürt. Magewski kann sich vorstellen, dass dies zunehmen wird, je mehr Etablissements geschlossen werden. Bis jetzt hätten in der Folge des neuen Gesetzes in Stuttgart nur ein paar kleine Einrichtungen oder Wohnungen zugemacht. Sollte die anonyme Vorgehensweise ein Trend werden, würde das nicht nur die Ermittlungen der Polizei erschweren, so Magewski, sondern auch die Sozialarbeit.