Beim Wohnungsbau stimmen in der Landeshauptstadt Angebot und Nachfrage nicht. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Um mehr bezahlbaren Wohnraum in der Landeshauptstadt zu schaffen, fordern die Grünen, die SPD und die Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus die Stadt in einem gemeinsamen Antrag dazu auf, den kommunalen Wohnungsbestand deutlich auszubauen - von 18.000 auf 30.000 Einheiten. Dazu sollen Maßnahmen wie Vorkaufsrechte genutzt und ausgebaut werden.

„Die Zahl der Einwohner unserer Stadt steigt seit dem Jahr 2010 stark an - wie in den meisten Metropolen Deutschlands. Die Wohnungsbautätigkeit hinkt jedoch hinterher“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der ökosozialen Mehrheit im Gemeinderat. „Die fehlenden Wohnungen sind ein großes Problem, weil dadurch die Mieten in Stuttgart auch stark steigen. Bei den Angebotsmieten ist die Zwölf-Euro-, bei den Bestandsmieten die Zehn-Euro-Marke durchbrochen.“ Nach München gelte Stuttgart mittlerweile als zweitteuerste Stadt zum Wohnen in ganz Deutschland. Weil sich immer mehr Menschen in der Landeshauptstadt keine Wohnung mehr leisten können, müsse man gegensteuern. Unter anderem solle die Quote der Landeshauptstadt und des städtischen Unternehmens SWSG am Wohnungsmarkt auf zehn Prozent angehoben werden. Derzeit liegt sie bei rund sechs Prozent. „In Frankfurt und Hamburg verfügen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften jeweils über rund 14 Prozent.“

Bis wann das Ziel von zehn Prozent erreicht sein muss, ließen die Parteien noch offen. Sie fordern jedoch, dass die Stadt bis November im Gemeinderat geeignete Maßnahmen nennt, um den Anteil zu steigern. Vorkaufsrechte sollen nicht nur konsequenter ausgenutzt werden, sondern auch neue Regelungen geschaffen werden. Zudem solle man auf Grundstücksverkäufe möglichst verzichten. In den nächsten Jahren gebe es auf den großen städtischen Entwicklungsgebieten wie Olga- und Bürgerhospital, der Roten Wand oder dem Neckarpark großes Potenzial. „Dennoch bedarf es weiterer Anstrengungen, mehr Bauflächen in städtische Hand zu bekommen, damit der Gemeinderat die Weichen für mehr geförderten Wohnungsbau stellen kann“, fordern die Parteien in ihrem Antrag.

Dem Vorschlag, den städtischen Wohnungsbestand auf 30 000 Einheiten nahezu zu verdoppeln erteilt der Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein eine klare Absage. „Der Kauf von bereits bestehenden Wohnungen bindet nur Mittel und schafft keinen einzigen Quadratmeter zusätzlichen Wohnraum. Solcher entsteht nur durch Neubau. Hierauf soll sich die Stadt durch Ausweisung von Bauland konzentrieren,“ mahnt Vereinsgeschäftsführer Ulrich Wecker. Haus & Grund hält die Überlegungen von SPD, Grünen und SÖS-Linke-Plus für „pure Sozialromantik, die dem Irrglauben unterliegt, Wohnungen in kommunaler Hand seien die besseren“. Das Gegenteil sei der Fall: „Gerade bei privaten Vermietern, die in Stuttgart drei Viertel der 300 000 Wohnungen stellen, fällt die Miete immer weiter hinter die ortsübliche Vergleichsmiete zurück, je länger ein Mietverhältnis dauert. Private Eigentümer haben eine geringe Neigung, im laufenden Mietverhältnis die Miete zu erhöhen und den Wunsch, ihre Mieter langfristig zu halten“, so Wecker, der seine Aussage auf die Ergebnisse der aktuellen Vermieterbefragung von Haus & Grund Deutschland stützt.

Er erinnert zudem daran, dass die SWSG durchaus Mittel habe, Mieten zu vergünstigen. Sie habe in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 13 und 15 Millionen Euro an Jahresüberschuss erwirtschaftet und verfüge über 318 Millionen Euro an Gewinnrücklagen. „Damit können durchaus neue Wohnungen gebaut werden, vorausgesetzt die ökosoziale Mehrheit springt über ihren Schatten und weist das dafür notwendige Bauland, auch in den Außenstadtbezirken, aus“, so Wecker.

Etwas anders sieht das natürlich der Mieterverein Stuttgart. „Wir begrüßen die gemeinsame Initiative von Grünen, SPD und SÖS/Linken zur Vergrößerung des städtischen Wohnungsbesitzes. Damit kann die Stadt dämpfend auf das Mietpreisniveau Einfluss nehmen und durch eigene Aufkäufe Wohnungen der Spekulation entziehen“, sagt der Vorsitzende Rolf Gaßmann. Allerdings sei es nach Auffassung des Mietervereins darüber hinaus notwendig, dass die Stadt mehr Grundstücke insbesondere für den geförderten Mietwohnungsbau zur Verfügung stellt. Die Bautätigkeit in Stuttgart bleibe weit hinter dem Bedarf zurück. Der Mieterverein fordert den „Neubau von jährlich mindestens 3000 Wohnungen, davon 1000 im geförderten Mietwohnungsbau“.