Immer mehr Stadtbahnlinien und engere Takte kosten Geld. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Immer mehr Strecken und engere Takte machen sich auch in der Kasse der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) bemerkbar: Voraussichtlich im Jahr 2018 wird die städtische Verkehrsgesellschaft erstmals ein Defizit von mehr als 25 Millionen Euro erreichen.

Diese Grenze galt bislang als maximal vorgegebenes Ausgleichsvolumen. Während die SSB in den vergangenen Jahren Abschlüsse vorlegen konnte, die diesen Betrag teilweise deutlich unterschritten, geht der Wirtschaftsplan für 2018 von einer Unterdeckung von 26,3 Millionen Euro aus. Damit jedoch nicht genug: Für die folgenden Jahre prognostiziert die Kaufmännische Vorständin der SSB, Stefanie Haaks, zusätzlich steigenden Finanzbedarf: „ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge kann innerhalb der aktuellen Rahmenbedingungen nicht kostendeckend betrieben werden. Um den bereits heute vorliegenden Kapazitätsbedarf abdecken zu können, bauen wir unser Angebot jetzt und in den nächsten Jahren stark aus. Diese zusätzlichen Leistungen der SSB werden unser finanzielles Ergebnis daher entsprechend belasten.“ Ein besseres Angebot bedeute jedoch auch, dass man mehr Personal benötige, daraus resultieren natürlich weitere Kosten.

Die SSB rechnet für das Jahr 2018 mit einem Finanzierungsbedarf von rund 150 Millionen Euro. Ein Drittel davon ist für Stadtbahnbauvorhaben geplant, ein weiteres Drittel für Fahrzeuge. Auch der Finanzierungsbedarf für die Instandhaltung der Infrastruktur wird steigen. Wie berichtet sind Mehrkosten auch beim Ausbau der Linie U 6 zum Flughafen und zur Landesmesse zu erwarten. Trotzdem hat der SSB-Aufsichtsrat gestern den Baubeschlüssen für die Verlängerung zugestimmt. Der technische Vorstand der SSB, Wolfgang Arnold, rechnet damit, dass die Gremien der Stadt Leinfelden-Echterdingen und des Landkreises Esslingen heute beziehungsweise am Donnerstag nachziehen werden. Baubeginn der Neubaustrecke soll Mitte 2018 sein. Mit einer voraussichtlichen Bauzeit von rund drei Jahren ist die Inbetriebnahme der verlängerten U 6 noch im Jahr 2021 zu erwarten. Das Maßnahmenpaket für die Verlängerung der S 2 von Filderstadt nach Neuhausen auf den Fildern befindet sich in der Planfeststellung, die Erörterung ist im ersten Halbjahr 2018 zu erwarten.

Mittelfristig plant die SSB, ihre Leistungen mit fünf konkreten Projekten im Zeitraum ab 2020 auszubauen. Die U 19 soll von der Haltestelle Neckarpark bis vor das Mercedes-Benz-Museum verlängert werden. Die Zahnradbahn soll barrierefrei ausgebaut werden. Dazu sind neue Fahrzeuge und umgebaute Haltestellen notwendig.

Um die Kapazitäten der Tallängslinien zu vergrößern, soll die U 1 im Jahr 2023 mit 80 Meter langen Zügen verkehren. Sie wird dann zwischen Fellbach und Heslach Vogelrain fahren. Vaihingen wird dann von der U 14 angesteuert. Der notwendige Ausbau von 13 Haltestellen entlang der U 1 mit 80 Meter langen Bahnsteigen ist dafür die Voraussetzung.

Die Schnellbuslinie, die zwischen dem Cannstatter Wilhelmsplatz und der Stuttgarter Innenstadt verkehren wird und die U 1 entlasten soll, wird wohl schon in einem Jahr im Einsatz sein. Ziel ist es, dort verschiedene innovative Lösungen, sprich Antriebskonzepte, zu erproben. Die größte Herausforderung sieht Technikvorstand Wolfgang Arnold in der Infrastruktur. Das Einhalten der Fahrzeiten und die Betriebsstabilität müssen gewährleistet sein. Gemeinsam mit den Fachämtern der Stadt arbeite die SSB deshalb beispielsweise an der Anpassung der Signalanlagen.

Für Arnold bedeutet der Umstieg von der Busflotte, die mehrheitlich aus konventionell angetriebenen Fahrzeugen besteht, hin zu einem Bestand, bei dem elektrische Lösungen dominieren, eine große Herausforderung: Zum einen müsse die hohe Erwartung an Klima- und Umweltverträglichkeit, die mit der Einführung von E-Bussen verknüpft ist, in der Praxis im ganzheitlich bilanzierten Lebenszyklus bestätigt werden. „Zum andern dürfen diese innovativen Lösungen zentrale Eigenschaften des Busverkehrs, nämlich hohe betriebliche Flexibilität und wirtschaftliche Betriebsführung, nicht infrage stellen.“