Das Warten auf die S-Bahn ist 2018 mit mehr Ärger über Unpünktlichkeit verbunden gewesen als in früheren Jahren Foto: dpa - dpa

Die S-Bahn war 2018 so unpünktlich wie fast noch nie. „Mit der Betriebsqualität sind wir nicht zufrieden“, sagt Jürgen Wurmthaler vom Verband Region Stuttgart.

StuttgartWer die roten Wagen täglich nutzt, für den sind die Pünktlichkeitswerte der S-Bahn des Jahres 2018 keine Überraschung. Die Züge, die von der DB Regio AG im Auftrag des Verbands Region Stuttgart auf die Schiene gehen, bringen an jedem Werktag etwa 435.000 Menschen ans Ziel – nur leider nicht immer zur rechten Zeit. Der Verdruss ist vor allem dann groß, wenn Anschlüsse verpasst und lange Wartezeiten auf die nächste Verbindung abgesessen werden müssen.

Im vergangenen Jahr sank die 3-Minuten-Pünktlichkeit (maximal drei Minuten Verspätung) im Tagesdurchschnitt auf 86,8 Prozent, im Jahr zuvor blieben 88,2 Prozent der Bahnen innerhalb dieser Grenze. Der S-Bahn-Vertrag gibt der DB Regio AG 94,5 Prozent vor. Weniger als sechs Minuten verspätet waren im Tagesdurchschnitt 96,1 Prozent aller Züge, im Vorjahr lag der Wert bei 96,7. Vereinbart sind 98.

Deutlich abgesackt ist die Pünktlichkeit auch in den Hauptverkehrszeiten, also zwischen 6 und 9 und 15.30 und 20.30 Uhr. In diesen Zeitfenstern erreichten nur noch 78,3 Prozent der Bahnen mit weniger als drei Minuten Verspätung ihr Ziel (2017: 79,3, Vorgabe: 91,5). Weniger als sechs Minuten Verspätung sammelten 93,8 Prozent (94,5/98) aller S-Bahnen.

Am Nachmittag und Abend fällt die Drei-Minuten-Pünktlichkeit sogar unter 75 Prozent, ist also jede vierte S-Bahn verspätet. Es gebe dann eine „höhere Grundlast“, sodass Verspätungen noch schwieriger zu kompensieren seien, erklärt ein Bahn-Sprecher. Um einen reibungsloseren Ein- und Ausstieg der Fahrgäste zu erlangen, werden mittlerweile nicht nur am Hauptbahnhof, sondern auch am Bahnhof in Vaihingen Helfer eingesetzt.

„Mit der Betriebsqualität sind wir überhaupt nicht zufrieden“, sagt Jürgen Wurmthaler, Regionaldirektor für Wirtschaft und Infrastruktur, der die Bilanz bis April im Verkehrsausschuss des für die S-Bahn zuständigen Regionalverbandes beraten will. Er sei froh, dass sich der Bund der Pünktlichkeit im Bahnverkehr annehme, „denn die Verspätungen werden zum Teil durchgereicht, und die S-Bahn ist die letzte, die dann sozusagen gebissen wird“.

Für die schlechte Entwicklung nennt die DB Regio AG mehrere Ursachen. Der Zuwachs an Fahrgästen, Störungen auf Zulaufstrecken, die sich die S-Bahn mit Nah- und Fernverkehrszügen teilen muss, und technische Probleme in der eigenen Flotte gehören dazu. Im Oktober, dem Monat mit den schlechtesten Werten, habe es Streckenkontrollen mit Tempolimits und Gleissperrungen durch kurzfristige Reparaturen gegeben. Dazu kamen die jährlichen Auswirkungen des Volksfests. Die Bahn notiert dies als „Einzelbetriebsereignisse mit überdurchschnittlicher Auswirkung“.

Fast ein Dauerereignis waren hingegen Verspätungen auf der Gäu-, Murr- und Remsbahn, auf deren teils eingleisigen Strecken inzwischen deutlich mehr Nahverkehrszüge unterwegs sind. Deren Verspätungen wirken sich auf das S-Bahn-System aus. Auf dem südlichen Zulauf nach Stuttgart kündigten sich Verspätungen anderthalb Stunden im Voraus an, so der Sprecher: „Wenn ein IC in Singen zu spät abfährt, ist das kaum mehr aufzuholen.“ In der Folge müsse in Herrenberg die S-Bahn warten. Bis Stuttgart könne diese ihre Verspätung nicht mehr ausgleichen, sie überträgt sie ins Netz. Die Linien S 1, S 2 und S 3 seien wegen des hohen Anteils an Mischverkehrsstrecken anfälliger für Störungen als der Rest, die S 1 sei bei der Betriebsqualität laut dem Sprecher „die auffälligste Linie“. Die S-Bahn stehe vor einer „langen Durststrecke“. Stuttgart 21 mit neuen eigenen Gleisen und dem Sicherheitssystem ETCS, mit dem Züge dichter hintereinander fahren können, werde Verbesserungen bringen. Vor Ende 2025 ist allerdings nicht damit zu rechnen.

Trotz der schlechteren Zahlen waren die Meldungen der Fahrgäste beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig. 24. 470 wurden registriert (2017: 25.161), bei 13.775 handele es sich um „reine Beschwerden“, berichtet eine Sprecherin. Das sind beachtliche etwa 13 Prozent weniger als im Vorjahr, und sie betreffen den gesamten Verbund, nicht nur die S-Bahn. Ganz vorne rangieren dabei Verspätungen oder Fahrtausfälle. 2018 sei hier „eher der Regionalverkehr“ betroffen gewesen. Außerdem sei es durch neue Betreiber mit neuen Fahrern zu einem Anstieg der Meldungen im regionalen Busverkehr gekommen. Auch Fragen zum Handy-Ticket, der VVS-App und zur Erstattung falsch gekaufter Tickets beschäftigten viele Reisende. An dritter Stelle rangierten Anmerkungen zum Verhalten von Fahrern, Prüfern und dem Verkaufspersonal. Lob gab es auch, und zwar insbesondere zum neuen, für viele Reisende günstigeren VVS-Tarif, für das Wlan in Bussen und Bahnen sowie für einzelne Fahrer.