Volles Haus - bei speziellen Museumstagen mit freiem Eintritt keine Seltenheit. Foto:dpa Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Im Herbst nächsten Jahres öffnet das Stuttgarter Stadtmuseum. Ob Eintritt verlangt wird, ist offen: Die SPD-Gemeinderatsfraktion spricht sich für einen Gebührenverzicht aus. Und zwar in allen Stuttgarter Museen. Viele Einrichtungen begrüßen den Vorstoß, sehen aber ein Problem: Der Einnahmeverlust müsste aufgefangen werden - von der öffentlichen Hand oder von Sponsoren.

Mit freiem Eintritt würden sich die Kultureinrichtungen breiter in die Stadtgesellschaft öffnen und so mehr Besucher in die Museen locken, ist SPD-Fraktionschef Martin Körner überzeugt. Ein Beleg dafür: Museumstage mit freiem Eintritt sind in vielen Ausstellungshäusern wahre Publikumsmagneten. Die Fraktion fordert die Stadtverwaltung daher auf, Anfang nächsten Jahres verschiedene Varianten für einen kostenfreien oder zumindest preiswerteren Eintritt in die Stuttgarter Museen vorzulegen - auch die Landesmuseen sollen für das Konzept gewonnen werden. Beispiele aus anderen Städten könnten Inspiration sein: In Frankfurt zum Beispiel werden 15 städtische Museen ab nächstem Jahr auf den Eintritt für Kinder und Jugendliche und Studierende verzichten. In Essen wurde das Eintrittsgeld für das Folkwang Museum 2015 komplett abgeschafft - die Finanzierung wurde über einen Sponsor gelöst.

Die Idee, in allen Museen freien Eintritt zu gewähren, stößt in den Stuttgarter Einrichtungen durchaus auf Sympathie. „Das würde unserem Bildungsauftrag entsprechen“, sagt Johanna Eder, die Chefin des Staatlichen Naturkundemuseums. Karina Beck vom Bibelmuseum sieht darin einen „Schritt hin zur weiteren Demokratisierung von Kultur und Bildung“. Die Besucher würden dann ein Museum „viel stärker als einen öffentlichen Ort wahrnehmen und sich mit ihm identifizieren“, meint Martin Otto-Hörbrand vom Linden-Museum. „Die Hemmschwelle für einen Besuch würde sinken“, glaubt Cornelia Ewigleben, die Direktorin des Landesmuseums.

Die Crux: „Wir sind auf Eintrittsgelder angewiesen, um die laufenden Kosten zu decken“, räumt Rolf Glaser, der Leiter des Mercedes-Benz-Museums, ein. Die Schau müsse ständig weiterentwickelt werden, zudem würden jedes Jahr mindestens zwei Sonderausstellungen gezeigt. Auch im Porsche-Museum werden die Gelder laut Museumsleiter Achim Stejskal für den Ausbau der Museumsaktivitäten verwendet. Kein Einzelfall. Die Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf seien zur Finanzierung der Ausstellungen und zur Aufrechterhaltung des Museumsbetriebes notwendig, betont auch Ulrike Groos, die Leiterin des Kunstmuseums: „Ein Verzicht auf diese Einnahmen hätte unmittelbar Einsparungen zur Folge, beispielsweise weniger Ausstellungen, kürzere Öffnungszeiten oder gar den Verzicht auf unsere ohnehin bereits knappen Personalstellen.“

Dabei sind die Eintrittspreise augenscheinlich nur ein kleiner Posten. Im Linden-Museum decken sie etwa zwei Prozent der jährlichen Kosten, im Naturkundemuseum etwa fünf Prozent des Gesamtaufwandes, im Bibelmuseum sind es 17 Prozent. Doch wie wichtig selbst kleinere Beträge für die Häuser sind, verdeutlichen Direktorin Christine Lange und Geschäftsführer Dirk Rieker von der Staatsgalerie: „2,84 Millionen Euro, das entspricht 25 Prozent unseres Haushaltes, müssen wir selbst erwirtschaften. Von diesen 25 Prozent haben wir im vergangenen Jahr 8 Prozent aus den Eintrittsgeldern in die Sammlung erlöst.“ Um Tarifsteigerungen und Kostenentwicklungen abzufangen, müsse man voraussichtlich die Eintrittspreise 2018 erhöhen. Derzeit kostet der Eintritt in die Sammlung 7 Euro, die Preise für Sonderausstellungen bewegen sich zwischen 8 und 12 Euro.

Alle Häuser verweisen darauf, für ihre Dauerausstellungen „moderate Preise“ aufzurufen. Regulär kostet der Eintritt ins Linden-Museum 4 Euro, ins Bibelmuseum 5 Euro, ins Landesmuseum 5,50 Euro und ins Kunstmuseum 6 Euro. Für die beiden Automuseen werden jeweils 8 Euro erhoben. Das Naturkundemuseum verlangt für seine beiden Häuser Schloss Rosenstein und Am Löwentor jeweils 5 Euro, 6 Euro kostet das Kombiticket. „Jede Kinokarte ist wesentlich teurer“, meint Johanna Eder.

Wenn der Eintritt kostenlos wäre, wer müsste dann für den Einnahmeverlust aufkommen? Corinna Ewigleben sieht den Träger der Einrichtung in der Verantwortung. Sponsoring sei zwar gut und schön, funktioniere in der Regel aber nur einmalig.

Der freie Zugang in die Kultureinrichtungen stößt aber auch aus anderem Gründen auf Skepsis: „Der Aufwand, der in den Ausstellungen und Projekten steckt, würde von den Bürgern kaum mehr wahrgenommen. Für die Museen ist der Eintrittspreis auch ein Ansporn für hervorragende Ausstellungen, die da damit die Einnahmen erhöht werden können“, ist Johanna Eder überzeugt. Rolf Glaser verweist darauf, dass Menschen aus Stuttgart und der Region nur einen kleinen Prozentsatz der Besucher des Mercedes-Benz-Museums ausmachen. „Der Großteil kommt aus dem Ausland. Vom kostenlosen Eintritt würden also vor allem Touristen profitieren.“