Foto: Symbolbild: dpa

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Seit Samstag gilt das neue Prostituierten-Schutzgesetz. Dieses sieht unter anderem gesundheitliche Beratungen, eine Kondompflicht für Freier und Anmeldungen in den jeweiligen Städten vor. Allerdings: Die landesrechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des Gesetzes stehen im Südwesten bislang noch aus. Zudem wird bezweifelt, ob sich die Lage der Frauen dadurch tatsächlich bessert. Eine Kampagne verschiedener Initiativen fordert nun dazu auf, käuflichen Sex komplett zu verbieten.

„Dein Spaß ist mein Horrortrip“, ist auf dem DinA2-Plakat zu lesen. Eine andere Botschaft lautet: „Du kommst und ich verkomme“. Es sind deutliche Worte, die sich mit ihrer Aussage direkt an die Freier wenden. Deutliche Worte, mit denen man zugleich eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Verharmlosung von Prostitution anstoßen wolle, betont Manuela Rukavina, die erste Vorsitzende des Landfrauenrats Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Kampagne „#Rotlicht aus“ in Stuttgart. „Das ist kein normales Dienstleistungsgewerbe“, wie es oftmals gern von der entsprechenden Lobby dargestellt werde. „Und auch keine Wellness-Oase.“ Die Situation hat sich mit der Liberalisierung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2001 und der EU-Osterweiterung in den vergangenen Jahren zugespitzt. Frauen, die heute auf dem Straßenstrich oder in Bordellen arbeiten, sind meist sehr jung, sprechen oft kein Wort Deutsch. „Zu über 90 Prozent sind es Ausländerinnen“, weiß Sozialarbeiterin Sabine Constabel, die zugleich Vorsitzende des Vereins „Sisters“ ist, der Prostituierte beim Ausstieg unterstützt. Mitunter wüssten die Frauen nicht einmal, in welcher Stadt sie gerade sind. Viele seien durch Zwang, unlautere Anwerbung und armutsbedingt in den Teufelskreis von Billigsex und Gewalt geraten, aus dem sie ohne Hilfe von außen nicht herauskommen.

Skeptisch stehen die frauenpolitischen Organisationen dem neuen und umstrittenen Prostituierten-Schutzgesetz gegenüber. Dieses ist im Herbst vergangenen Jahres von der Bundesregierung verabschiedet worden und am Samstag in Kraft getreten. Nur wenige Bundesländer haben es aber bislang geschafft, die entsprechenden Ausführungsbestimmungen für die Kommunen zu erlassen. Auch in Baden-Württemberg dürfte man erst gegen Jahresende so weit sein. Ein erster Entwurf hat in der vergangenen Woche zwar das Kabinett passiert, allerdings ohne dass Frauen-Verbände im Vorfeld bei Minister Manfred Lucha (Grüne) Gehör gefunden hätten. Trotz Stellungnahmen und Anfragen an das Sozialministerium. „Still ruht der See“, klagt Rukavina, deren Dachorganisation immerhin mehr als 2,5 Millionen Frauen im Land repräsentiert.

Die Kritik der Verbände richtet sich auf mehrere Punkte in dem Gesetz. Begriffe wie „Zwang“ und „Ausbeutung“ seien nicht mit rechtsverbindlichen Definitionen versehen worden, klagt Constabel. Die Folge: Polizeibeamten seien die Hände gebunden, selbst wenn diese sehen, dass Frauen offensichtlich gegen ihren Willen arbeiten. Schwangere Prostituierte müssten sich bis sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin anbieten. Ein Nachweis einer Krankenversicherung ist nicht erforderlich. Neu eingeführt wird hingegen eine verpflichtende Anmeldung von Prostituierten, zu der eine gesundheitliche Beratung und ein Informationsgespräch gehören.

Noch hoffen die Frauen-Verbände, dass die grün-schwarze Landesregierung vorhandene Spielräume nutzt, um nachzubessern: So könnten laut Constabel beispielsweise strikte Kriterien aufgestellt werden, um bei der Anmeldung festzustellen, ob die Frauen zur Prostitution gezwungen wurden. Eine Forderung, die auch Teil der neuen Kampagne „#Rotlicht aus“ ist, dürfte allerdings so schnell nicht erfüllt werden: Analog zu Ländern wie Schweden, Norwegen, Island, Irland und Frankreich soll ihrer Ansicht nach käuflicher Sex unter Strafe gestellt werden, um dem wachsenden Menschenhandel entgegen zu arbeiten.