Geschlafen wird meist unter freiem Himmel. Diese Schutzhütte bot dem Radfahrer zumindest ein Dach über dem Kopf. Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - „Das ist die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Florian Bassfeld im Brustton der Überzeugung. Der 27-jährige Stuttgarter hat kurzerhand Job und Wohnung gekündigt, um sich auf eine verrückte Reise zu begeben - ohne Geld mit dem Fahrrad durch Deutschland.

Seit nunmehr 146 Tagen ist er nun schon unterwegs. „Am Anfang war es schon hart. Aber ich habe noch keinen einzigen Tag bereut. So glücklich war ich noch nie“, sagt er mit einem breiten Lächeln. Die Lebensfreude ist ihm ins Gesicht geschrieben. Das war bis vor kurzem aber noch ganz anders. Als er Ende März die Reißleine zog, sei er ausgebrannt gewesen, erzählt der gelernte Kfz-Mechatroniker. Nach seinem Maschinenbau-Studium arbeitete er zuletzt zwei Jahre als Leiharbeiter. „Ich wusste, so konnte es nicht weiter gehen, ich musste da raus.“ Die Trennung von der Freundin, ein schwerer Unfall seiner Mutter und finanzielle Nöte seien dann der Auslöser für ein gewagtes Experiment gewesen: „Ich möchte mich auf dieser Tour meinen Ängsten stellen. Der Angst vorm Scheitern, der Angst vor der Pleite.“ Es gehe darum, sich selbst und anderen zu zeigen, „dass viel mehr möglich ist als wir alle glauben, dass es immer weitergeht - auch wenn man gerade kein Geld hat.“

Betteln strikt verboten

Für die Fahrt ins Ungewisse kaufte er günstig ein Trekkingrad, packte das Nötigste in drei Taschen und fuhr am 31. März Richtung Süden los - ohne Bargeld, ohne EC-Karte. Seine Mission: Sich irgendwie durchschlagen. „Aber betteln ist strikt verboten.“ Das Geld für Verpflegung und die nicht ausbleibenden Reparaturen am Fahrrad kommt vor allem durch Pfandflaschen zusammen, die er am Wegesrand einsammelt. Gelegentlich würden ihm Menschen auch etwas Geld zustecken oder einen Kaffee spendieren. „Mit drei Euro am Tag komme ich über die Runden. Für Brot mit Marmelade reicht es immer.“ Wenn sich doch mal mehr in der Kasse befindet, als er zum Leben braucht, verschenkt er es an Obdachlose. Ein bisschen lebt er so wie sie: Übernachtet wird überwiegend im Freien, Schlafsack und Decke habe er geschenkt bekommen. Für Körperhygiene nutzt er öffentliche Toiletten oder Seen. Seine Mama müsse sich keine Sorgen machen, dass er verwahrlose, sagt er augenzwinkernd.

Mittlerweile hat Florian Bassfeld schon mehr als 4000 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt, ist vom Süden in den Osten des Landes gefahren und befindet sich nun im Nordosten der Republik. Die Route entsteht wie von selbst: Seit er seine Reisepläne auf Facebook öffentlich macht, schlägt ihm eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegen. Menschen aus ganz Deutschland bieten ihm einen Schlafplatz, Essen oder die Waschmaschinenbenutzung an. „Ich bin überwältigt. Das ist ja alles nicht selbstverständlich. Einige Verrückte melden sich sogar, sie wollen mit mir auf Tour gehen.“ Schon einige Male habe er etappenweise Begleitung gehabt. „Ich freue mich über Gesellschaft.“

Von Gastfreundschaft begeistert

Auf dem Weg zu sich selbst legt Florian Bassfeld täglich etwa 30 Kilometer zurück - der Weg ist das Ziel. „So lernt man am besten Land und Leute kennen. Ich habe bislang nur gute Erfahrungen gemacht. Deutschland ist viel gastfreundlicher, als ich dachte“, berichtet er. Und deshalb ist ein Ende der Reise noch nicht in Sicht. Ursprünglich plante er, Mitte Oktober wieder nach Hause zu kommen. Aber er habe eben noch immer nicht genug, stellt der unermüdliche Radfahrer fest. Vielleicht werde er noch bis Ende des Jahres unterwegs sein - auch der Westen des Landes wolle schließlich erkundet werden. Selbst ein kalter Winter schrecke ihn nicht mehr. Wieder eine Angst weniger.

Längst schon plant Florian Bassfeld seine nächste große Tour. Im nächsten Jahr will er durch Großbritannien radeln. Der Traum vom Reisen, diese Erfahrung hat er nun gemacht, hängt ja nicht vom Geldbeutel ab.

Über seine Tour informiert der Stuttgarter via Facebook unter „Dein Leben rockt - mit Florian Bassfeld“. Jeden Tag um 18 Uhr veröffentlicht er dort seinen Tagesbericht. Auch Kontakt zum Radler ist möglich.