Rudolf Diebetsberger will weiterhin für den guten Zweck spielen. Foto: jo Quelle: Unbekannt

Stuttgart (jo) - Mit Waldhorn, im Frack und mit Zylinder wollte Rudolf Diebetsberger das Gefängnis in Stammheim betreten - und so tat er es auch. „Eigentlich wollte ich auf dem Horn auch für die anderen Gefangenen spielen“, sagt der 74-Jährige. Der Plan ging allerdings nicht auf: Vor Haftantritt musste Diebetsberger sich entkleiden, wurde untersucht und das Horn musste natürlich draußen bleiben. Als „Zumutung“ empfindet er die Prozedur im Nachhinein. Insgesamt wird er noch eine ganze Weile an seiner Zeit im Gefängnis knabbern.

Der Grund für seine Zeit hinter Gittern: Diebetsberger weigerte sich, ein Ordnungsgeld zu bezahlen, weil er mit seinem Waldhorn an einem nicht genehmigten Standort spielte. Der Musiker, der zugunsten von Straßenkindern und Blinden in Indien spielt, wollte aus Prinzip nicht bezahlen, weil er aus seiner Sicht keinen Fehler gemacht habe. Dafür saß er nun für zwei Tage in Erzwingungshaft. Die Geldstrafe ist damit allerdings nicht vom Tisch, da es sich bei der Erzwingungshaft lediglich um ein Beugemittel handelt.

Während er in Haft saß, kündigten viele Freunde und Unterstützer an, die Geldbuße sowie die Gerichtskosten zu übernehmen. Auch eine Leserin unsere Zeitung, die anonym bleiben will, findet: „Einem Mann wie Herrn Diebetsberger müsste zu jeder Zeit ein Extraplatz in Stuttgart zum Spielen freigehalten werden.“ Man dürfe ihn für sein Engagement keinesfalls bestrafen. Sie erklärte sich außerdem bereit, die Geldbuße zu begleichen. Dies lehnte der Musiker zunächst ab: „Mit dem Haftantritt wollte ich ein Zeichen setzen“, sagt Diebetsberger, der nicht ans Aufhören denkt: Auch heute wird er, sofern das Wetter mitspielt, am Kleinen Schlossplatz stehen und durch seine Musik für die Andheri Hilfe Spenden sammeln.

Die Gelder, die ihm Unterstützer für die Tilgung seiner Strafe zugesagt haben, will er nun auch dafür verwenden. „Weitere Tage in Erzwingungshaft stehe ich nicht durch“, sagt er und wünscht sich von der Stadt einen Kompromiss. Dabei denkt er an eine Sondergenehmigung, die es ihm erlaubt, auf belebten Plätzen auch mal drei oder vier Stunden zu spielen. Ob das möglich ist, wird sich zeigen.

Auch seitens der Andheri Hilfe will man sich für Diebetsberger einsetzen. „Wir prüfen zurzeit, ob und wie wir ein Gnadengesuch an den Ministerpräsidenten des Landes stellen können“, sagt Geschäftsführer August Ilg. Hornist Diebetsberger, der früher bei den Stuttgarter Philharmonikern engagiert war, unterstützt die Projekte der Hilfsorganisation seit 14 Jahren. In dieser Zeit hat er circa 215 000 Euro durch seine Musik gesammelt.