Begehrtes Papier: Im Stuttgarter Rathaus bekommen die neuen deutschen Staatsbürger bei einer Feierstunde die Einbürgerungsurkunde überreicht. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (eh) - Das Interesse, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten, ist in Stuttgart ungebrochen groß: In diesem Jahr rechnet die Stadtverwaltung mit mehr als 2500 Anträgen - das wäre ein neuer Höchstwert. „Auf diese kulturelle Vielfalt können wir gemeinsam sehr stolz sein“, sagt Integrationsbürgermeister Werner Wölfle.

Im gesamten Jahr 2016 gingen im Rathaus 2362 Einbürgerungsanträge ein. Zum Vergleich: 2015 wurden 2183 Anträge gestellt, 2011 waren es nur 1894. „Bis Ende 2017 wird sich die Zahl der Anträge auf Einbürgerung noch weiter erhöhen. Wir rechnen dann mit rund 2500 Anträgen, das ist ein neuer Rekord“, stellt Wölfle fest. Er sieht den Trend mit Freude: „Dies ist ein gutes Zeichen und ein klares Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Möglichkeit, unsere vielfältige Gesellschaft mitzugestalten und damit Verantwortung für diese zu übernehmen.“ Die Freude sei allerdings etwas getrübt, denn in der Regel seien es politisch schwierige Entwicklungen, die für einen deutlichen Anstieg der Zahl sorgen - wie derzeit in der Türkei.

53 Prozent der neu eingebürgerten Stuttgarter sind zwischen 20 und 40 Jahre alt. 18 Prozent sind unter 20 Jahre, 24 Prozent zwischen 40 und 60 Jahre und fünf Prozent über 60 Jahre. Wie auch schon im Vorjahr übersteigt der Anteil der Frauen den der Männer leicht mit 54 zu 46 Prozent. Die meisten Neubürger kommen aus der Türkei, gefolgt von Griechenland, Serbien, Kroatien sowie dem Kosovo. Die Zahl der Anträge von Briten ist seit dem Brexit stark angestiegen. So wurden von 2014 bis zur Entscheidung über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union im Juni 2016 von britischen Staatsangehörigen lediglich 13 Einbürgerungsanträge gestellt. Seither hat sich diese Zahl auf über 100 Anträge vervielfacht. Aber auch viele Migranten, die vor Jahren als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, haben sich inzwischen einbürgern lassen: Seit 2003 haben 4000 Bürger aus dem ehemaligen Jugoslawien, 1200 aus dem Irak, 800 aus Sri Lanka und 600 aus Afghanistan den deutschen Pass bekommen.

Für die Einbürgerung müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die wichtigsten Bedingungen sind dabei ein im Normalfall achtjähriger - bei besonderen Integrationsleistungen auch nur sechsjähriger - rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland, eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts, ausreichende Deutschkenntnisse und Wissen um die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung, keine erheblichen Straftaten und die Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Bei der Einbürgerung muss grundsätzlich die bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben werden. Eine generelle Ausnahme davon gibt es lediglich für Bürger aus EU-Ländern und aus Staaten, die ihre Bevölkerung nicht aus der Staatsbürgerschaft entlassen - wie beispielsweise der Irak. Die Anträge werden von der Einbürgerungsbehörde des Ordnungsamtes bearbeitet. Da Unterlagen aus dem Ausland nachgeprüft und die Situation der Migranten genauestens abgeklärt werden muss, kann es bis zu einem Jahr dauern, bis ein Antrag entschieden wird.