Alte Diesel sollen offenbar aus dem gesamten Stadtgebiet verbannt werden. Foto: dpa - dpa

Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann will Diesel der Normen 1 bis 4 offenbar aus dem ganzen Stuttgarter Stadtgebiet verbannen. Doch es gibt Widerstand – auch vom Koalitionspartner CDU.

StuttgartDiesel-Fahrer sind derzeit nicht zu beneiden – die Ungewissheit darüber, ob sie künftig noch nach Stuttgart fahren dürfen, ist groß. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Februar grundsätzlich entschieden, dass das Land zur Reinhaltung der Luft auch ohne eine bundesweite Blaue Plakette Fahrverbote verhängen kann – doch die Frage, was dies für die Besitzer zu bedeuten hat, ist immer noch unklar. Denn es wird noch etliche Wochen dauern, bis die Leipziger Richter ihr Urteil schriftlich begründet haben und es damit wesentlich detaillierter fassen, als in der dreiseitigen Pressemitteilung, die bisher das einzige offizielle Dokument darstellt.

Bisher hatte das Land stets betont, die Aktualisierung des Luftreinhalteplans sei erst möglich, wenn diese Urteilsbegründung vorliegt. Durch Recherchen unserer Zeitung wurde aber bekannt, dass das baden-württembergische Verkehrsministerium in einer internen Veranstaltung der Handwerkskammer der Region Stuttgart bereits Überlegungen vorgestellt hat, die wesentlich konkreter sind als die bisherigen offiziellen Aussagen. Demnach plant die Behörde, vom 1. Januar 2019 nicht nur den Stuttgarter Talkessel für Dieselautos der Schadstoffnormen 1 bis 4 zu sperren, sondern das gesamte Stadtgebiet. Diese Sperrung soll auch nicht nur – wie der Feinstaubalarm – bei bestimmten Wetterlagen gelten, sondern ganzjährig.

Zweifel an Rechtmäßigkeit

Die Kfz-Innung der Region äußert Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens von Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann. „Wir sagen, so geht’s nicht“, erklärte Geschäftsführer Christian Reher. Der Luftreinhalteplan müsse Dieselfahrern, aber auch den Kfz-Betrieben in Stuttgart und deren Beschäftigten gerecht werden. Ansonsten gebe es Streit. „Klagen kann nicht nur die Umwelthilfe.“

Auch beim Koalitionspartner CDU stößt das Vorgehen Hermanns auf deutliche Kritik. „Die CDU-Fraktion wird nicht akzeptieren, dass das Verkehrsministerium einseitig Fakten schafft“, erklärte deren verkehrspolitischer Sprecher Thomas Dörflinger. Fahrverbote könnten erst zum Tragen kommen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Dazu gehöre etwa die Elektrifizierung und Umrüstung der Fahrzeugflotten aus Mitteln der entsprechenden Bundes- und Landesfonds. Zudem müsse geklärt werden, ob es ausreicht, sie auf eine kleinere Zone oder auf einzelne Strecken zu beschränken. Das gelte auch für die Frage, ob es anstelle ganzjähriger Verbote nicht ausreicht, im Notfall an einzelnen Tagen Beschränkungen zu verhängen. Auch die FDP-Fraktion kritisiert den grünen Verkehrsminister: „Die Strategie ist klar: Hermann will Fahrverbote, Kuhn will die City-Maut für Autofahrer“, erklärte ihr verkehrspolitischer Sprecher Jochen Haußmann. „So sieht die grüne Interpretation der vom Verwaltungsgericht geforderten Verhältnismäßigkeit aus.“

Auf die bereits erreichte Verbesserung der Luftqualität in Stuttgart weist die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart hin. Es gebe „Hinweise, dass die Luft durch E-Mobilität und neue Fahrzeugflotten besser wird und Grenzwerte bald eingehalten werden können“, erklärte IHK-Präsidentin Marjoke Breuning, unserer Zeitung. Zudem seien die rechtlichen Hürden hoch. Daran müssten sich die Pläne des Landes messen lassen.