So war es 2018: Die Premiere soll nur der Auftakt gewesen sein, das Historische Volksfest kehrt auf den Schlossplatz zurück. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg - Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg

Der Festekalender der Stadt Stuttgart wird erweitert. Das Historische Volksfest soll künftig regelmäßig auf dem Schlossplatz stattfinden.

StuttgartEs soll sein Abschiedsgeschenk werden. Michael Föll (CDU) ist ja in einer zutiefst schwäbischen Kombination sowohl für die Finanzen als auch für das Vergnügen in Stuttgart zuständig: Der Kämmerer ist zugleich auch Wasenbürgermeister. Vor seinem Abschied ins Kultusministerium des Landes leitet er an diesem Freitagmorgen seine letzte Ausschusssitzung. Dort werden die Stadträte über die Zukunft des Historischen Volksfests reden. Dabei wird Föll ihnen empfehlen, dass der Rummel auch künftig auf dem Schlossplatz stattfinden soll. Selbst bestätigen will er das nicht, doch deuten alle Zeichen darauf hin.

„Tief zufrieden, fast schon glücklich“

Ein kurzer Rückblick. Im vergangenen Jahr feierte das Cannstatter Volksfest seinen 200. Geburtstag. Zudem fand das 100. Landwirtschaftliche Hauptfest statt. Um dieses doppelte Jubiläum zu feiern, zog der Rummel erstmals in seiner Geschichte über den Neckar in die Stuttgarter Innenstadt. Der stärkste Floh der Welt und seine Kollegen, Seiltänzer, Feuerschlucker, Schaubuden und alte Fahrgeschäfte zogen auf dem Schlossplatz über eine halbe Million Menschen an. Die Besucher waren begeistert, die Polizei war arbeitslos, nicht eine Straftat gab es zu verzeichnen. Lob und Zuspruch prasselten über die Verantwortlichen nur so herein. Michael Föll bekannte: „Wenn man über den Schlossplatz gelaufen ist, hat man die Menschen tief zufrieden, ja fast schon glücklich gesehen, und diesen Zustand erreichen Schwaben ja höchst selten.“

So war schnell klar: Das Fest sollte wiederkehren. Zunächst plante man, es auf dem Wasen als Teil des Cannstatter Volksfestes unterzubringen. Aber wie gestaltet man einen historischen Rummel neben dem Volksfest? Der Eintritt soll frei sein, es soll erkennbar sein, und es soll ja jene Gäste anziehen, die ganz bewusst auf den Schlossplatz gegangen sind und nicht auf den Wasen. Weil ihnen dort zu viele Menschen sind, zu viele Betrunkene, es zu laut und aufgeregt ist. Die Herausforderung schien groß für Andreas Kroll, Chef der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, und seine Leute. Man kann ja nicht einfach ein Stück vom Wasen abknapsen und dort einen zweiten Rummel aufbauen.

Doch das müssen sie nun nicht mehr. Denn die Diskussion hat sich in eine andere Richtung entwickelt. Die Besucher meldeten sich via E-Mails und Briefen zu Wort, bekundeten, das Fest möge auf dem Schlossplatz bleiben. Auch die Schausteller plädierten dafür. „Dieses Publikum hätten wir nicht auf den Wasen bekommen“, sagt Schaustellervertreter Mark Roschmann, „dort hätte das historische Volksfest nicht so gut funktioniert.“ Brauchtumsexperte Wulf Wager, Ideengeber und Entwickler des Konzepts, sieht auch keine Alternative zum Schlossplatz. „Es gehört dorthin, vor diese Kulisse, im Herzen der Stadt.“ Zumal Gespräche ergeben hätten, dass auf dem Wasen kein Platz dafür sei, weder an der König-Karls-Brücke noch am Parkplatz – wo auch die Bierzelte in unmittelbarer Nähe gewesen wären. Zudem hätte man auf dem Wasen dann alles doppelt gehabt, gibt Roschmann zu bedenken. Und es hätte die Gefahr bestanden, dass sich ähnlich wie in München mit der Oidn Wiesn die Familien und Senioren nur beim historischen Volksfest aufgehalten hätten. „Und wir Schausteller brauchen dieses Publikum“, sagt er. Nur vom Partyvolk könnten sie nicht leben. Die Stuttgarter CDU forderte einen Verbleib auf dem Schlossplatz. Und obwohl die Bezirksbeiräte Mitte ansonsten sehr kritisch sind, was das Veranstalten von Festen und Aufstellen von Buden auf dem Schlossplatz betrifft, wünschen auch sie sich das historische Volksfest in der Innenstadt.

Turnus ist noch ungewiss

All dem hat die Stadt nun Rechnung getragen. Sie wird dem Gemeinderat empfehlen, das historische Volksfest weiter auf dem Schlossplatz zu veranstalten. Und bei all den Liebesbekundungen wäre es erstaunlich, würden die Stadträte nicht ihr Plazet geben. Offen ist noch, in welchem Rhythmus. Keinesfalls jährlich. Das immerhin hat Föll schon verraten. Immerhin rechnet man mit einer Million Euro Kosten je Veranstaltung. Auch haben die Schausteller kein Interesse daran, eine Konkurrenz zum Volksfest aufzubauen, die ihnen die Besucher stiehlt.

Alle zwei Jahre. Oder alle vier Jahre, parallel zum Landwirtschaftlichen Hauptfest. Das sind die Alternativen. Für Wulf Wager wären alle zwei Jahre der passende Turnus, so lasse sich die Veranstaltung etablieren. „Vier Jahre scheinen mir ein bisschen lange“.

Auch Tourismuschef Armin Dellnitz rät von einer jährlichen Auflage ab. „Das Besondere an diesem Fest war das Besondere“, sagt er. Und damit es etwas Besonderes bleibe, sei ein nicht zu enger Rhythmus sinnvoll. Ob der nun zwei oder vier Jahre betrage, sei aus seiner Sicht nicht wichtig. Viel wichtiger sei, dass man mit dem historischen Volksfest eine Veranstaltung geschaffen habe, „die eine Geschichte von dieser Stadt erzählt“. Und zwar eine Geschichte, die man eben nur in dieser Stadt erzählen kann. Das lässt sich von seinen Leuten prima vermarkten. Doch Obacht: Die Konkurrenz schläft nicht. Die Nürnberger feiern dieses Jahr den 100. Geburtstag ihres Frühlingsfestes. Womit? Mit einem historischen Volksfest.