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Harte Konkurrenz im Internet, dazu überall Baustellen und jetzt auch noch das Dieselfahrverbot in Stuttgart - der Handel bangt um die Attraktivität der Innenstädte im Südwesten.

Stuttgart (dpa/lsw)Die Zahl der Einkäufer in den Innenstädten Baden-Württembergs geht Jahr für Jahr zurück - so nehmen es die Händler wahr. Das ergab eine aktuelle Umfrage unter Mitgliedern des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW). «Wir fordern sofortige große Anstrengungen der Kommunen und des Landes, mehr für attraktive, lebende und sichere Innenstädte im Südwesten zu tun», sagte Verbandspräsident Hermann Hutter am Freitag in Stuttgart.

Denn der Druck auf die Händler sei groß, vor allem durch den Online-Handel, sagt Hutter. Dieser ist nach Verbandsangaben erneut gestiegen - nach 9,5 Prozent im vergangenen Jahr hat das Internetgeschäft nun einen Anteil von 10,2 Prozent an den Gesamtumsätzen der Einzelhändler. Da hilft es auch nicht, wenn die Händler ihrerseits Online-Präsenzen schaffen, obwohl kaum einer mehr darauf verzichtet, wie Hutter erklärt. «Der Aufwand dafür ist jedoch umfangreich. Und viele haben zwar einen Online-Shop, die meisten erzielen dort aber im Schnitt nur 5 Prozent ihres Umsatzes.»

Verzichten könne man auf die Digitalisierung keinesfalls. «Der Verbraucher ist überall unterwegs, auf dem Handy genauso wie im stationären Handel.» Für die Händler bedeutet das jedoch, noch mehr Geld in die Hand zu nehmen - dabei sei der Kostendruck ohnehin schon enorm, wie Martin Benzing vom Möbel- und Lifestyle-Kaufhaus Merz & Benzing in Stuttgart sagte. «Wir sind seit 25 Jahren am Start - seither haben sich die Energiekosten verdoppelt, die Mieten sind gestiegen und die Personalkosten ebenfalls.» Hinzu kämen politische Maßnahmen wie die neue Datenschutzgrundverordnung, die ebenfalls zu steigenden Kosten beitrügen.

Hoffnung setzen die Händler auf ein gutes Weihnachtsgeschäft - hier erzielen sie traditionell gut 20 Prozent ihres Jahresumsatzes. Die Konsumstimmung sei gut, gefragt wären auch in diesem Jahr wieder vor allem Bücher, Spielwaren und Kosmetika, sagte Hutter. Ein positiver Aspekt sei, dass die Menschen insgesamt durchaus teurer einkauften. «Der Trend zeigt, dass ein Duschgel nicht mehr für 99 Cent gekauft wird, sondern die Kunden gerne etwas Hochwertigeres kaufen.» Schwer hätte es momentan der Textilhandel, weil das Wetter für die Herbst- und Wintermode einfach noch zu warm und sonnig sei.

Was der Handelsverband noch nicht aufgegeben hat, ist die Gegenwehr gegen das Dieselfahrverbot, das vom kommenden Jahr an in Stuttgart für ältere Dieselfahrzeuge gelten soll. Von der Politik fordert der HBW, das Verbot um mindestens ein Jahr zu verschieben. Speziell nach dem Berliner Dieselgipfel Anfang Oktober sei eine neue Bewertung der Lage notwendig.

Zudem soll die Politik gemeinsam mit den Händlern an guten Rahmenbedingungen für Innenstädte arbeiten. «Es muss ein Masterkonzept her», sagte HBW-Geschäftsführerin Sabine Hagmann. Mancherorts im Land gelinge die Zusammenarbeit von Handel und Politik bereits sehr gut, etwa in Ravensburg, Nagold und Kirchheim/Teck. Aber insgesamt könnten das Angebot von Parkplätzen, die Verkehrsleitsysteme, die Erreichbarkeit und die Attraktivität der Innenstädte noch verbessert werden.