Die Gebühren für das Fliegen am Manfred-Rommel-Flughafen ändern sich. Wer nachts abhebt oder landet, bezahlt besonders viel. Foto: dpa - dpa

Das Verkehrsministerium gibt den Start frei. Zum 1. Juli bekommt der Flughafen Stuttgart eine neue Entgeltordnung. Damit will er sich umweltfreundlicher machen – und eine Altlast abräumen.

StuttgartDie Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) wird bei den Airlines von Juli an auf einer neuen Grundlage Gebühren und Entgelte kassieren. Am Donnerstag teilte das Landesverkehrsministerium mit, die neue Entgeltordnung sei genehmigt.

In der Summe werden zwar weiterhin etwa 100 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr erwartet. Die Flughafen-Verantwortlichen schrauben die Kosten für den Einsatz von lauten und abgasintensiven Flugzeugen drastisch in die Höhe, was dem Schutz der Anrainer und des Klimas dienen soll. Die neue Entgeltordnung enthält aber auch ein Element, das die zuletzt aufgekommenen Proteste gegen Billigtickets und die Erzeugung zusätzlichen Luftverkehrs in Zeiten des Klimawandels befeuern könnte. Demnach sollen Airlines, die viele Passagiere von und nach Stuttgart befördern, Volumenrabatte bekommen, weil sie helfen, die teure Infrastruktur am Flughafen auszulasten – derweil denkt man schon an die Erweiterung um ein Terminal, um für den künftigen Bedarf vorzusorgen. Bei Fluggesellschaften, die auf 250 001 bis 450 000 Passagiere kommen, wird der Rabatt auf die Entgelte für Starts, Landungen, Emissionen und die Zahl der Passagiere fünf Prozent betragen. Für bis zu eine Million Fluggäste gibt es zehn Prozent Rabatt, für bis zu 1,5 Millionen Passagieren 15 Prozent, bei allen höheren Fluggastzahlen sogar 20 Prozent. So etwas sei branchenüblich, teilte das Verkehrsministerium mit. Politische Vorgaben könne man nicht machen. Minister Winfried Hermann (Grüne) sagte als Aufsichtsratsvorsitzender aber auch, künftig werde es „noch mehr darum gehen“, Nachhaltigkeit und Klimaschutz durch Entgeltanreize zu fördern.

Steffen Siegel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder, hat erst vor wenigen Tagen verlangt, die FSG müsse aufhören, mit Rabatten und Zuschüssen für Airlines den Flugverkehr und vor allem fragwürdige Billigflüge verdeckt zu subventionieren. Dabei dachte Siegel auch an die jahrelange Praxis der FSG, im Schnitt einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr an Airlines auszuschütten – etwa als Marketingzuschüsse oder Entgeltrabatte im Zusammenhang mit der Einführung neuer Flugziele oder hohen Passagierzahlen.

Die Staatsanwaltschaft prüft nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung, ob strafbare Handlungen vorliegen könnten. FSG-Chefin Arina Freitag hatte das Thema zuvor 2018 problematisiert. Intern kam man zur Auffassung, das Vorgehen sei zu freihändig gewesen. Man habe „eine neue Entgeltordnung angefordert“, die objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien genüge, sagte Uwe Lahl am Donnerstag. Der Amtschef im Ministerium ist für die Airportaufsicht zuständig. In der neuen Entgeltordnung gibt es umfangreiche Regelungen für neue Strecken, die in mindestens drei vorausgegangenen Perioden nicht im Flugplan waren. Bei kontinentalen Strecken gibt es im ersten Jahr sechs Euro pro Passagier. Er schmilzt auf einen Euro im vierten und letzten Jahr der Förderung ab. Das Doppelte gibt es bei interkontinentalen Strecken.

Lahls Worten zufolge setzt der Flughafen einen neuen Anreiz für nachhaltigeres und leiseres Fliegen. Bei lauten Maschinen kassiert die FSG viel mehr. Bisher wurde laut der 2014 angepassten Entgeltordnung je nach Lärmkategorie eine Gebühr zwischen 25 und 1400 Euro fällig. Künftig sind es zwischen 50 und 8000 Euro. Günstiger wird es für Airlines aber, wenn in ihren Maschinen das ganze Jahr die Sitze zu über 85 Prozent ausgelastet sind. Nachts wird es noch viel teurer. Von 22 bis 22.59 Uhr gilt der zweifache Satz, bis 23.59 Uhr der dreifache, bis 5.59 Uhr der vierfache, falls überhaupt Ausnahmen von den Nachtflugbeschränkungen genehmigt werden und kein Notfall vorliegt. Entgelte nach Gewicht und Klimagasemission kommen noch hinzu. Die neue Ordnung sei ein Baustein dafür, die Region wettbewerbsfähig zu halten und das Fliegen so schnell wie möglich klimafreundlicher zu machen, sagte Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung. Und Co-Chefin Freitag: „Wir sind deutschlandweit der erste Airport, der mit dem Instrument den Einsatz von alternativem Kerosin und elektrisches Fliegen fördert.“