Quelle: Unbekannt

Rund 160.000 Fahrzeuge in der Region sind vom Fahrverbot betroffen. Polizei und Stadt werden die Euronorm kontrollieren, sie ahnden Verstöße im Januar aber nicht.

StuttgartAn diesem Freitag will das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) den neuen Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt bekannt machen. Veröffentlicht (online auf rp.stuttgart.de) wird das mehr als 100 Seiten starke Werk am kommenden Montag. Die wichtigste Festlegung im Plan ist die auf ein ganzjährig, in ganz Stuttgart gültiges Dieselfahrverbot für Autos unterhalb von Euro 5. Autos von außerhalb trifft es ab Januar, Stuttgarter ab April. Womit müssen Betroffene rechnen?

Kann das Fahrverbot gekippt werden?

Die Landesregierung hat ihre rechtlichen Möglichkeiten gegen das von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wegen zu hoher Stickstoffdioxidwerte eingeklagte Diesel-Verbot ausgeschöpft und alle Instanzen verloren. Die Kraftfahrzeug-Innung Region Stuttgart will für ihre Betriebe vor den Kadi ziehen. Sie fordert, dass Kundschaft von außen mit einem älteren Diesel auch nach dem 1. Januar 2019 zu den Werkstätten in Stuttgart fahren darf. Pendler trifft das Verbot dennoch voll. In der Region fallen rund 160.000 Fahrzeuge darunter.

Fahren trotz Verbot: Was kostet das?

Wer als Fahrer eines Diesel mit Euro 4 oder darunter vom 1. Januar an von außen kommt und erwischt wird, zahlt 80 Euro Bußgeld. „Eine Karenzzeit ist im Luftreinhalteplan nicht geplant“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Dennoch wird es eine Art Gnadenfrist geben, denn Polizei und das für den ruhenden Verkehr zuständige Ordnungsamt wollen schrittweise vorgehen.

Was macht die Polizei?

„Schwerpunktaktionen allein zur Überprüfung des Diesel-Verkehrsverbots wird es nicht geben, wir machen ganzheitliche Kontrollen“, sagt Martin Schautz, Pressesprecher des Stuttgarter Polizeipräsidiums. Das solle aber kein Freibrief für alle Situationen und grundsätzlich uneinsichtige Autofahrer sein. Wenn zum Beispiel bei Alkohol- und Handykontrollen Dieselsünder als „Beifang“ ins Netz gehen, werde man über die Neuregelung aufklären und mündlich verwarnen, aber im Januar noch kein Bußgeld verhängen.

Was macht die Stadt?

In Stuttgart überwachen insgesamt 120 Beschäftigte den ruhenden Verkehr. Im Januar 2019 wird hier ebenfalls ermahnt und aufgeklärt, aber kein Bußgeld wegen eines Dieselverstoßes verhängt, sagt Stadtsprecherin Jasmin Bühler. Wer zum Beispiel falsch parke oder zu schnell unterwegs sei, erhalte sein Knöllchen. Mit der Post für das Strafmandat sollen Dieselsünder dann schriftlich auf das Verbot hingewiesen werden. Jasmin Bühler begründet die Kulanz mit der Kurzfristigkeit des Fahrverbots. Zwar wird seit über einem Jahr darüber debattiert, rechtsverbindlich wird es aber erst mit dem Luftreinhalteplan.

Die Euronorm sieht man Autos nicht an. Wie funktioniert die Kontrolle?

Schon heute nutzen Polizei und Stadt das zentrale Fahrzeugregister, in dem auch die Euronorm vermerkt ist. Die Bußgeldstelle der Stadt bearbeitet jährlich rund 340.000 Verstöße, zum Beispiel auch wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Sie gleicht diese künftig automatisch mit dem Dieselverbot ab.

Keine Plakette und alter Diesel, gilt dann die doppelte Strafe?

2015 hat die Stadt 21.534 Bußgeldbescheide wegen fehlender Grüner Plakette versandt, 2017 waren es sogar 26.530, in diesem Jahr bisher 20.883. Ein zusätzlicher Verstoß gegen das Diesel-Fahrverbot unter Euro 5 werde „tateinheitlich geahndet“, es gibt also nur eine Geldbuße in Höhe von 80 Euro, keine zwei. Dazu müssen noch Gebühren und Auslagen in Höhe von 28,50 Euro bezahlt werden.

Wer kann Ausnahmegenehmigungen vom Verbot erhalten?

Im Entwurf zum Luftreinhalteplan werden ab Seite 63 über fünf Seiten generelle (zum Beispiel Land- und Forstwirtschaft, Kranken- und Arztwagen, Bundeswehr), und spezielle Ausnahmen gelistet (Handwerk, Lieferverkehr) gelistet. Auch Fahrten von Schichtdienstleistenden, die nicht auf Bus und Bahn ausweichen können oder Menschen, die zur Dialyse müssen, werden fahren dürfen. Für die Berücksichtigung muss aber ein Antrag gestellt werden.

Wo kann ich eine Befreiung vom Fahrverbot bekommen?

Ausschließlich bei der Landeshauptstadt, nicht bei den Landratsämtern. Stuttgart bearbeitet alle schriftlichen Anträge von Montag an zentral mit einem Team in der Jägerstraße 4, also nicht in den Bezirksrathäusern. In der Jägerstraße kann der Antrag auch persönlich gestellt werden. Den Antrag kann man auch per Mail an verkehrsverbot@stuttgart.de stellen. Auf diesem Weg können Dokumente hochgeladen werden. Die Stadt berät unter Telefon 0711/216-3 21 20. Diese Hotline ist von Montag bis Freitag von 8.30 bis 13 Uhr sowie donnerstags auch von 14 bis 15.30 Uhr besetzt.

Was kostet die Ausnahmegenehmigung?

Der Gemeinderat hat entschieden, dass die Ausnahmegenehmigung grundsätzlich gebührenfrei ist, auch für Antragsteller aus der Region.

Gibt es Anreize, auf Bus und Bahn umzusteigen?

Der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) streicht seine Zonenzahl ab April kommenden Jahres von derzeit 52 auf nur noch fünf zusammen. Je nach Verbindung ergeben sich Einsparmöglichkeiten von bis zu 30 Prozent. Wer sie schon zum 1. Januar nutzen will, kann vom 1. Dezember an online neu ins Abo einsteigen. Er bekommt dann die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Preis bis April erstattet.