Egal, ob am Feuer- oder Pfaffensee: Der Anblick von Schildkröten erfreut viele Spaziergänger. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Niklas Heinemann

Stuttgart - Fremd wirkende Laute hallen durch die Straßen in Bad Cannstatt. Aber wo kommen sie her? Guckt man nach links, nichts. Dreht man sich im Kreis, nichts. Guckt man nach oben - da. Im Baum sitzen Papageien, genauer Gelbkopfamazonen. „Viele alteingesessene Anwohner wissen gar nichts von ihren exotischen Mitbewohnern“, erzählt Günther Schleussner, Kurator für Vögel im Stuttgarter Zoo Wilhelma. In Baden-Württembergs Hauptstadt gibt es die Tiere ihm zufolge schon seit 1984. Wie es dazu kam, weiß niemand so genau. Ende der 1990er-Jahre erreichte die Population eine Stärke von 45 bis 60 Tieren, die seit diesem Zeitpunkt mehr oder weniger konstant blieb.

„Die Lebensbedingungen sind hier nahezu perfekt“, sagt Schleussner. Der Rosensteinpark biete den Vögeln genug alte Baumhöhlen als Nistplätze und Nahrung vom Obstbaum bis zur Kastanie das ganze Jahr über. Fressfeinde gebe es so gut wie keine. „Besonders interessant ist, dass jede neue Art, die sich über 25 Jahre hält, mit heimischen Arten naturschutzrechtlich gleichgestellt ist.“ Probleme gebe es höchstens in Einzelfällen.

Papageien fliegen auch in Mannheim und Heidelberg. Nach Angaben des Naturschutzbundes Nabu in Baden-Württemberg kann man von einem Halsbandsittich-Bestand von knapp 3000 Tieren ausgehen. Probleme für Flora und Fauna gibt es nach aktuellem Stand nicht. Das Bundesamt für Naturschutz hat die Art aber auf die Beobachtungsliste für mögliche künftige invasive Arten gesetzt. Invasive Arten sind eingeschleppte Arten, die sich hierzulande teils unkontrolliert verbreiten und so etwa heimische Tiere verdrängen. Auch Schmuckschildkröten fühlen sich im Ländle offenbar wohl. Die eigentlich amerikanischen Wasserbewohner findet man immer häufiger in Teichen und Gewässern - im Feuersee im Stuttgarter Westen sind sie eine Attraktion. Sie werden meist als Jungtier gekauft und später von den Besitzern ausgesetzt - sehr zum Ärger des Württembergischen Anglervereins. Der Vorsitzende Hans-Hermann Schock erklärt, die Schildkröten hätten einen „Einfluss auf den Fischbestand, da sie Fischlaich fressen und aktiv Fische jagen“.

Die Kuratorin für Reptilien der Wilhelma, Isabel Koch, hat dazu eine klare Meinung. „So ein Tier gehört nicht ausgesetzt. Es gehört sich, dass man sich darum kümmert und zwar ein Leben lang.“ Die Tiere vermehren sich in hiesigen Gefilden zwar nicht, dafür ist das deutsche Klima zu kalt. „Aber die Tiere können 25 bis 40 Jahre alt werden“, erklärt die Biologin.

Wenn es Nacht wird, raschelt, faucht und knistert es in der Stadt. Oft liegt das am Waschbär (Procyon lotor). Nach Angaben vom Nabu-Referenten Johannes Enssle wurden die Pelztiere zum ersten Mal 1960 im Land gesichtet. Sie wurden ihm zufolge ursprünglich wegen ihres wertvollen Fells nach Deutschland gebracht und seit 1934 vereinzelt ausgesetzt. „Geht man davon aus, dass circa zehn Prozent der Waschbären von Jägern geschossen werden oder im Straßenverkehr umkommen, könnte man von rund 10 000 Tieren in Baden-Württemberg ausgehen“, so Enssle. Das ist ihm zufolge aber nur ein grober Schätzwert.

Genau wie der Waschbär ist der Fuchs heute kaum mehr aus den Städten zu vertreiben. Hagen Dilling, Leiter der Abteilung Forsten beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt in Stuttgart, beschreibt die Lebensbedingungen für beide Tiere so: „Der Fuchs ist ein sehr anpassungsfähiges Tier. Die sehr klein strukturierte Landschaft mit Gärten und Wäldern in der Umgebung bietet Fuchs und Waschbär ein vielfältiges Nahrungsangebot.“ Abfalleimer seien sehr beliebt.

Die Landesbeauftragte für Tierschutz, Cornelie Jäger, zufolge hat die Europäische Union erst kürzlich eine Liste invasiver Arten veröffentlicht, die aktiv bekämpft werden sollen. Darauf steht auch der Waschbär. Papageien und Schildkröten sind ihr zufolge aber keine Bedrohung.