Was soll die Landeshauptstadt mit ihrem Geld tun? Im Stuttgarter Rathaus wird derzeit über den Haushaltsplan 2018/2019 diskutiert. Foto: eh Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Bei der allgemeinen Aussprache zum städtischen Doppelhaushalt 2018/2019 haben die Gemeinderatsfraktionen gestern Stellung genommen zum Etatentwurf der Verwaltung. Dabei stellten sie ihre inhaltliche Schwerpunkte für die nun beginnende Diskussion vor. In dritter Lesung am 15. Dezember soll der Etat verabschiedet werden.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Erster Bürgermeister Michael Föll hatten dem Gemeinderat vor drei Wochen ihren Entwurf des Doppelhaushalts 2018/2019 vorgestellt. Sie schlagen darin neue Maßnahmen und Investitionen im Volumen von 346 Millionen Euro und die Schaffung von mehr als 500 Stellen vor. Kämmerer Michael Föll wies bei der Einbringung darauf hin, dass der Entwurf von „kaufmännischer Zuversicht und nicht von kaufmännischer Vorsicht geprägt“ sei. Doch obwohl die geplante Investitionsquote deutlich über der anderer deutscher Großstädte liegt, sehen die Fraktionen Korrekturbedarf, wie sie gestern in der mehrstündigen Sitzung deutlich machten.

CDU: Vision Stuttgart 2030

„Wir begrüßen die neue Herangehensweise, gesetzliche Aufgaben, vom Gemeinderat eingeforderte oder einfach auch nur selbstverständliche Themen bereits im Entwurf der Verwaltung einzubauen“, sagte Fraktionschef Alexander Kotz. In manchen Bereichen sei der OB aber „über das Ziel hinausgeschossen, indem er Geld für falsche oder unsinnige Maßnahmen ausgeben möchte“. Beispielhaft sei die Ausweitung von Tempo 40 und den Entfall von Parkplätzen. „Wir werden versuchen, diese Projekte zu verhindern, wie wir auch ungeeignete Einsparvorschläge des OB, etwa die Schließung von Schwimmbädern verhindern wollen.“ Die Fraktion sei auf Konsens bedacht. Kotz betonte, man wolle an der gemeinsam mit anderen Fraktionen entwickelten „Vision Stuttgart 2030“ festhalten, was sich in den gut 100 Anträgen widerspiegele.

Grüne: Zukunfts- und weltbewusst

Die Fraktionsvorsitzende Anna Deparnay-Grunenberg betonte: „Uns in Stuttgart geht es sehr gut, und damit das so bleibt, dürfen wir die Veränderungen rund um uns herum nicht aus den Augen verlieren, wir müssen den Wandel selbst gestalten. Dazu wollen wir mit unseren 92 Anträgen für die kommenden zwei Jahre beitragen.“ Die Fraktion habe sich dabei die Frage gestellt: Was macht Stuttgart mit der Welt und was macht die Welt mit Stuttgart? „Denn egal in welche Richtung unser Handeln geht, es hat Auswirkungen auf unsere Welt.“ Die Ziele der Grünen seien Ziele, die zu einer nachhaltigen Entwicklung führen. „Es geht uns um einen Lebenswandel insgesamt. Um Veränderungen der Mobilitätsmuster und ein Stück weit um das Stiften von Identität.“

SPD: Agieren nicht reagieren

Die Fraktion hat sich nach Worten ihres Vorsitzenden Martin Körner über den Haushaltsentwurf des OB gefreut, weil dieser auf Kritik reagiert habe. „Wir möchten sie aber dazu ermutigen, nicht nur zu reagieren, sondern auch zu agieren“ - vor allem in den Bereichen Verkehr, Familie und Wohnen. Die Stadt habe zentrale Kernaufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge „sträflich vernachlässigt“. Dass Ämter immer mehr Aufgaben bewältigen müssten ohne zusätzliches Personal zu bekommen, „ist nicht in Ordnung. Wir müssen hier grundsätzlich etwas ändern.“ Gleiches gelte für die Wohnungspolitik. „Wir brauchen mehr bezahlbare Mietwohnungen in Stuttgart. Dafür braucht es ein aktiveres Tun der Landeshauptstadt.“

SÖS-Linke-Plus: Zukunftssicher

„Für uns ist das Ziel dieses Haushalts ganz simpel: Als ökologische und soziale Stimme wollen wir mit diesem Haushalt Stuttgart zukunftssicher machen“, betonte Fraktionssprecher Hannes Rockenbauch. Die Vision sei eine Stadt, in der alle Menschen gleichberechtigt seien, in der sie eine Wohnung und Heimat finden könnten, in der niemand krank werde durch Feinstaub, Stickoxide oder Lärm. „Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, den Klimawandel einzudämmen.“ Der von Kuhn und Föll vorgelegte Haushalt werde den drängenden Problemen nicht gerecht. Rockenbauch appellierte: „Der Gemeinderat braucht jetzt den Mut, die drängendsten Probleme grundsätzlich anzugehen, einen Kurswechsel einzuleiten. Wir sind uns sicher: gerade bei uns in Stuttgart ist genug für alle da - es muss nur richtig verteilt werden.“

Freie Wähler: Stadtbezirke fördern

„Neben dem wichtigen Thema Personal sieht der Haushaltsplanentwurf einige Dinge vor, über die wir Freie Wähler uns freuen“, führte Rose von Stein auf. Dazu gehörten das Konzept „Sauberes Stuttgart“, die Mittel für Planungsmaßnahmen im Städtebau, neue Dienstkleidung für die Feuerwehr, der Bau oder die Sanierung von vielen Kitas und Schulen sowie Gelder für die Sanierung der Liederhalle oder für den Ergänzungsbau des Theaterhauses. „Aber wir haben auch einige Dinge in der Grünen Liste entdeckt, die wir für verzichtbar halten“ - zum Beispiel den Ausbau von Tempo 40 an Steigungsstrecken. „Besonders am Herzen liegen uns die Stadtbezirke, die wir mit unseren Anträgen unterstützen möchten.“

AfD: Maxime der Vernunft

Es sei zu begrüßen, dass der Haushaltsentwurf viele Prioritäten vorsieht, die vom Gemeinderat gewünscht wurden, sagte Fraktionssprecher Bernd Klingler. Der Preis dafür - ein extrem geringer Spielraum für andere Prioritäten der Fraktionen - erscheine allerdings sehr hoch. „Unsere Haushaltsanträge stehen unter der Maxime der Vernunft bei Steuern, Kultur, Sport, Bauen, Infrastruktur, Sozialem. Wir wollen mit gesundem Menschenverstand ohne ideologisches Denken für die Menschen, die hier leben und unsere Stadt zu dem gemacht haben, was sie ist, die Probleme lösen. Wir erhoffen uns, dass zumindest in manchen Bereichen Kompromisse zum Wohle unserer Stadt gefunden werden.“

FDP: Trendwende bei Personal

Der Haushaltsentwurf der Verwaltung trägt nach Einschätzung von FDP-Sprecher Matthias Oechsner „in weiten Teilen dazu bei, die noch verbliebenen Aufgaben anzugehen und manche Mängel zu beseitigen“. Die Freien Demokraten sehen jedoch durchaus noch Nachbesserungsbedarf, denn der Haushaltsentwurf bliebe „in einigen, wichtigen Bereichen hinter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten zurück“. So seien beispielsweise in der Personalpolitik Mängel erkennbar. „Diese haben wir daher zu einem Schwerpunkt unserer Anträge gemacht.“ Eine Trendwende bei der Stellenschaffung sei dringend und zwingend notwendig.

Stadtisten: Mehr Stellen schaffen

Einzelstadtrat Ralph Schertlen begrüßt, dass die Verwaltung deutlich mehr Stellen schaffen will, kritisierte jedoch, dass diese „nicht reichen werden, um die Arbeitsbelastung vieler Mitarbeiter in den Ämtern auf ein leistbares Maß zu senken“. Es sei mehr Personal erforderlich.