Ratten finden in Stuttgart reichlich Nahrung. Sorglos weggeworfene Lebensmittel locken die Tiere an. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Ihre tatsächliche Zahl weiß niemand so genau. Klar ist nur: Es leben ziemlich viele Ratten in Stuttgart. Sie rennen über Spielplätze und Straßen, wühlen Mülleimer durch - und regen die Bürger auf. Doch die Schädlinge zu bekämpfen, ist gar nicht so einfach. Jährlich lässt die Stadt rund 30 000 Fraßköder auslegen, vor allem im Kanalnetz.

Experten schätzen, dass in deutschen Großstädten auf jeden Einwohner mindestens ein bis zwei der unbeliebten Viecher kommen, vielleicht sogar drei bis vier. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt würden demnach neben den rund 610 000 Stuttgartern also auch Millionen von Nagern leben. Eine Rattenplage gibt es dennoch nicht - auch, wenn die Tiere mittlerweile häufiger am Tag zu sehen sind als früher und offenbar ihre Scheu verlieren. Dadurch werden die Menschen direkter mit der Problematik konfrontiert.

Die Gründe für die Invasion sind hausgemacht: Wegen der vielen Baustellen werden die Nager aus ihren Löchern vertrieben, zudem finden sie in der Stadt einen reich gedeckten Tisch: Essenreste aus Imbissen und Schnellrestaurants sowie Vogelfutter ziehen Ratten magisch an. Sie müssen sich nicht mehr anstrengen, Nahrung zu besorgen. Und milde Winter erhöhen die Überlebenschancen der Tiere.

Weil der allesfressende Nager als Verbreiter von Krankheitserregern gilt, der gefährliche Keime wie Salmonellen, Leptospiren und Toxoplasmen verbreitet, versucht die Stadt, die Population in Grenzen zu halten. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung (SES) lässt regelmäßig präventiv von einer Fachfirma Fraßköder im 1800 Kilometer langen Stuttgarter Kanalnetz auslegen - hier kommt der Großteil der jährlich verteilten rund 30 000 Köder zum Einsatz. Die 20-Gramm-Häppchen aus gepresstem Getreide sind mit einem Gift versetzt, das die Blutgerinnung beeinflusst. Nach wenigen Tagen verenden die Ratten. Schmerzfrei, wie es heißt. Die Kadaver werden in den Kläranlagen angespült und entsorgt. Bei Bedarf werden neue Köder nachgelegt. Der Wegfraß wird regelmäßig kontrolliert - daran, und an Hinweisen aus der Bevölkerung, orientieren sich die städtischen Bekämpfungsmaßnahmen, die rund eine viertel Million Euro im Jahr kosten.

Oberirdisch lässt das Garten-, Friedhofs- und Forstamt die lästigen Nager in Grünanlagen von Fachfirmen bekämpfen. Dafür gelten besonders strenge Regeln: Das Rattengift muss so ausgelegt werden, dass es nicht von Kindern und Haustieren erreicht werden kann. Die Art der Boxen, die dafür verwendet werden dürfen, sind genau vorgeschrieben. Und wo Gift ausgelegt wird, muss ein entsprechender Warnhinweis zu sehen sein - inklusive Notrufnummer der Giftzentrale.

Doch mit der Schädlingsbekämpfung ist das so eine Sache. Nicht nur wegen der Vielzahl an Verordnungen. Die Fachleute räumen ein, es werde immer schwieriger, den Tieren die industriell hergestellten Giftköder schmackhaft zu machen. Durch herumliegende Lebensmittelreste würden die Köderstationen immer seltener angenommen. Zudem, das haben Wissenschaftler des Julius-Kühn-Instituts in Münster festgestellt, sind viele handelsübliche Mittel zur Bekämpfung der Ratten inzwischen wirkungslos, die Tiere hätten dagegen Resistenzen entwickelt. Deshalb appelliert die Stadt eindringlich an die Bürger, verantwortungsvoll Nahrungsmittelabfälle zu entsorgen: „Wenn die Tiere kein Futter und keinen Unterschlupf finden, hindert sie dies auch an der Fortpflanzung.“

Tipps gegen Ratten

Keine Speisereste in die Toilette. Über die Kanalisation können Ratten angelockt werden und in Häuser gelangen.

Keine Essensreste offen in den Hausmüll werfen. Behälter schließen, Müllsäcke nicht neben den Tonnen lagern.

Keine ungereinigten Lebensmittelverpackungen in den Gelben Sack!

Gelbe Säcke bis zum Abholtermin in verschlossenen Räumen lagern und erst kurz vor der Abholung auf die Straße stellen.

Beachten Sie das Fütterungsverbot wild lebender Tiere wie Tauben, Enten und Schwäne. Von der Fütterung profitieren auch die Ratten.

Keine Abfälle in Grünanlagen liegen lassen.

Sträucher, Hecken, Büsche Bodendecker und Kletterpflanzen im Garten kurz halten oder auslichten.

Bodennahe Öffnungen jeder Art am Gebäude, etwa zur Lüftung, geschlossen halten oder mit engmaschigen Gittern versehen, damit Ratten nicht ins Haus gelangen.