Der Vesperkirchenchor „Rahmenlos und frei“ tritt künftig das ganze Jahr über auf. Auch die Proben sollen fortlaufend stattfinden. Dafür gibt es Unterstützung für Leiter Patrick Bopp.
Stuttgart Gefragt sind sie als Chor längst überall: bei der „Nacht der Lieder“, beim Sommerfest der Diakonie oder beim Kirchentag in Berlin – und beim alljährlichen Heimspiel in der Vesperkirche. Dabei ist die Zeit für die Proben immer relativ knapp. „Rahmenlos und frei“, der Chor, der sich aus Helfern und Gästen der Stuttgarter Vesperkirche heraus vor acht Jahren gegründet hat, kommt bisher nur in der Vesperkirchenzeit und kurz davor zusammen – also von Mitte Dezember bis etwa Anfang März. „In den knapp acht Wochen ist alles sehr gedrängt“, sagt Chorleiter Patrick Bopp, der an der Musikhochschule Stuttgart Klavier sowie Chor- und Ensembleleitung studiert hat. Auftritte während des Jahres seien schwierig zu bewältigen gewesen. Die Proben davor fehlten.
Bopp ist viel mit seiner A-cappella-Band „Die Füenf“ unterwegs, ist Gesangspädagoge und leitet mehrere Chöre wie den Liederkranz und den jungen Chor Seven Eleven 44 in seinem Heimatort Steinenbronn. Eine Familie hat der 47-Jährige auch noch. Viel Zeit bleibt da nebenher nicht mehr: „Wir wollen den Chor auf sichere Beine stellen. Er soll nicht von mir abhängig sein.“ Deshalb habe man nun nach einem Vertreter gesucht, der den Chor leitet, wenn Bopp keine Zeit hat. „Das muss jemand machen, der den menschlichen Bezug hat und ohne Noten arbeiten kann“, ergänzt er. Denn das ist bei „Rahmenlos und frei“ so üblich.
Mit Arnd Pohlmann, der auch den One World Flüchtlingschor leitet, ist der Ersatz-Chorleiter gefunden. Damit habe man nun ein dreiköpfiges Leitungsteam – der Bassist Tobias Bodensiek ist ebenfalls mit an Bord. Chorleiter bleibt aber Bopp; er begleitet den Chor am Klavier und erarbeitet mit den etwa 30 Mitgliedern die Lieder. Der harte Kern sind 18 Personen, die seit 2010 dabei sind. Ihr musikalisches Repertoire? Das reicht von Schlager über Pop bis zu Rock oder mal etwas von Joe Cocker. Also im Prinzip alles, weil die Chormitglieder sich die Lieder selbst aussuchen. Mit der Unterstützung durch Pohlmann können die Sängerinnen und Sänger das ganze Jahr über proben und auftreten.
Trotzdem will man weiter die Auftritte sorgsam auswählen. „Rahmenlos und frei“ brauchen das richtige Ambiente. „Auf einem Stadtfest sind wir falsch“, sagt Bopp, „die Leute müssen verstehen, was wir machen.“ Der Chor wurde 2010 von der Diakoniepfarrerin Karin Ott und dem Kulturmanager der Vesperkirche, Ralf Püpcke, gegründet. Der Entertainer Roland Baisch war der Vorgänger von Bopp. Er unterstützte später beim Gesang und an der Gitarre. Durch die konstante Besetzung ist der Laienchor recht professionell geworden. „Die sind alle im Laufe der Zeit mehr aus ihrem Häuschen rausgekommen“, sagt Bopp. „Dadurch haben wir mehr Solisten.“ Der Vesperkirchen-Chor ist ein besonderer Chor: „Es geht bei uns nicht darum, jeden Ton zu treffen, sondern aus tiefstem Herzen zu singen“, sagt Bopp. Viele Mitglieder von „Rahmenlos und frei“ waren und sind Gäste in der Vesperkirche und haben in ihrem Leben einiges mitgemacht, schwere Schicksalschläge erlitten. Viele sind obdachlos, hatten Alkohol- oder Drogenprobleme. Trotzdem stellen sie sich auf die Bühne und zeigen sich. „Davor habe ich großen Respekt“, sagt Bopp. Die Lebensgeschichten höre man raus aus den Liedern. Gerade weil der Chor immer seine eigene Version von bekannten Stücken entwickelt. „In den Liedern erzählen die Menschen ihre Geschichte“, sagt der Chorleiter. Als Bopp die Chorleitung übernahm, wollte er „was Soziales“ machen. Er bekomme viel zurück „an Wahrhaftigkeit“. Obwohl Bopp mehrere Chöre leitet, strahlen „Rahmenlos und frei“ für ihn die größte Lebensfreude aus. Für ihr großes Engagement wurden die Sängerinnen und Sänger ausgezeichnet: 2011 erhielten sie den Bürgerpreis der Bürgerstiftung Stuttgart in der Kategorie „Kultur“. Von der alljährlichen Benefiz-Veranstaltung „Nacht der Lieder“ der Stuttgarter Nachrichten sind sie nicht mehr wegzudenken. Ihr Heimspiel geben „Rahmenlos und frei“ jedes Jahr am Abschlusswochenende der Vesperkirche. Die Leonhardskirche ist dann meistens bis auf den letzten Platz belegt.
Am 25. Februar um 16 Uhr singen „Rahmenlos und frei“ in der Vesperkirche.