Anhand eines H0-Modells des SSB-Betriebshofs Gaisburg haben die Forscher die Möglichkeiten und Potenziale von autonom fahrenden Bussen analysiert. Im kleinen Maßstab funktioniert das Konzept. Foto: Laila Tkotz/KIT Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Wie von Geisterhand gezogen drehen die Busse auf dem Betriebshof der SSB in Gaisburg ihre Runden - zur Wartungshalle, zur Waschstraße, zur Instandhaltung. Einen Fahrer hinter dem Steuer gibt es nicht. Was auf einer Modellanlage bereits funktioniert, soll demnächst in der Realität getestet werden. Das Pilotprojekt wird vom Land gefördert.

Autonomes Fahren ist ein wichtiger Baustein neuer Mobilitätskonzepte - nicht nur bei Autos, sondern ebenfalls bei Nutzfahrzeugen. Dass auch Linienbusse selbstständig fahren können, zeigt eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Das Forschungsteam hat die Abläufe auf dem Betriebshof in Gaisburg analysiert.

So ist es bisher: Ein Linienbus durchläuft typischerweise mehrere Stationen, bis er für den nächsten Einsatz bereitgestellt wird. Die Werkstatt-Mitarbeiter fahren ihn von der Abstellfläche zur Wartungshalle, wo das Fahrzeug betankt und grob gereinigt wird. Von dort geht es weiter über die Waschanlage zur Instandhaltung, dann steht es abholbereit für den Fahrer wieder auf der Abstellfläche. Diese Wege nehmen oft viel Zeit in Anspruch - und Zeit ist Mangelware bei den Mitarbeitern, die immer mehr Aufgaben zu bewältigen haben. „Wenn ein Teil dieser Aufgaben automatisiert werden könnte, wäre das Werkstattpersonal für andere Tätigkeiten entlastet“, sagt Markus Wiedemann, der Bereichsleiter Kraftfahrzeuge bei der SSB. Laut Eric Sax, dem Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung am KIT, ließen sich zudem die Sicherheit erhöhen und nicht zuletzt auch Kosten sparen. Der teilautonome Busbetriebshof biete wirtschaftliches Potenzial: Allein für die rund 150 Busse, die in Gaisburg täglich gewartet werden, könnten künftig die Personalkosten um mehr als 100 000 Euro pro Jahr gesenkt werden.

Die Studie hat gezeigt, dass die Fahrt zur Waschanlage, die Außenreinigung und die Fahrt zum Abstellplatz ebenso wie der Abstellvorgang selbst vollständig automatisierbar sind. Zumindest im Kleinformat funktioniert das: Die Forscher haben eigens vom Gaisburger Betriebshof ein Modell in der Baugröße H0, Maßstab 1:87, nachgebaut. Ob sich die Vorhersagen auch in die Realität umsetzen lassen, soll ein Feldversuch zeigen - einen Termin dafür gibt es nach Auskunft der SSB bislang jedoch noch nicht. Das Pilotprojekt soll aber innerhalb der nächsten drei Jahre erfolgen. Es ist eines von dreien, für das das Land insgesamt eine Million Euro zur Verfügung stellt.

Beim realen Technik-Test kommt ein ganz normaler Linienbus zum Einsatz. „Unser System basiert auf Standardtechnologien für autonome Fahrzeuge“, erklärt Wiedemann. Die besonderen Herausforderungen beim Beschleunigen, Bremsen und Lenken könnten über die Ausstattung mit GPS-, Kamera-, Radar- und Ultraschallsystemen gelöst werden. Die Verarbeitung dieser Informationen in der sogenannten Sensorfusion erlaube eine genaue Spurführung. Das Auftanken, die Innenreinigung und Versorgung der Busse mit Druckluft sollen Industrieroboter übernehmen. Von der Automatisierung ausgeschlossen bleibt lediglich die Fahrt vom Übergabepunkt zur Halle, weil sie als gesetzlich vorgeschriebene Testfahrt gilt. Die Forscher erhoffen sich auch Auskunft darüber, wie die Technik auf unvorhergesehene Einflüsse, wie querende Personen, reagieren kann.

Das Land setzt große Hoffnungen in das Pilotprojekt. „Automatisiertes Fahren ist eine Chance für den Busverkehr, weil Busse so flexibler und preisgünstiger fahren können“, betont Uwe Lahl, Ministerialdirektor im Verkehrsministerium. Eine Übertragung des Gaisburger Modells auf alle größeren Busverkehrsbetriebe sei künftig denkbar.