Das Teilen von Fahrzeugen boomt. 1,7 Millionen neue Kunden haben die Anbieter in Deutschland im vergangenen Jahr für sich gewonnen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Mareike Spahlinger

Stuttgart - Umweltbelastungen, Parkplatzprobleme, Staus, Kostenersparnisse - es gibt viele Gründe für sharing economy (Ökonomie des Teilens). Gerade im Automobilbereich ist der Markt mit verschiedenen Angeboten von Carsharing, Mitfahrgelegenheiten und Fahrdienste recht groß. Das gilt sowohl für die Seite des Anbieters als auch des Nutzers.

Carsharing: 1,7 Millionen neue Kunden verzeichneten die deutschen Carsharing-Anbieter im vergangenen Jahr. Das gab der Bundesverband Carsharing (bsc) Anfang des Jahres bekannt. Das ist ein Plus von 36 Prozent zum Vorjahr. Unterschieden wird beim Carsharing zwischen zwei Modellen. Dem Free-Floating Modell - im Großraum Stuttgart zum Beispiel car2go - und dem stationsbasierten Modell - wie etwa stadtmobil. Beim Free-Floating kann das Auto auf allen öffentlich zugänglichen Parkplätzen im Geschäftsgebiet geparkt werden. Stationsbasiert bedeutet, dass das Fahrzeug einen festen Platz hat. Inzwischen gibt es auch Kombi-Modelle, weiß Gunnar Nehrke vom bsc. „Stadtmobil bietet beispielsweise in Mannheim und Heidelberg 120 Fahrzeuge auch als Free-Floating an.“

Wie rentabel die Anbieter arbeiten, will keiner genau verraten. Daimler- Finanzchef Bodo Uebber sagte vor einigen Monaten, dass der Daimler Carsharing-Dienst bislang nicht profitabel sei. Es liege in der Natur der Sache, dass App-basierte Geschäftsmodelle lange Investitionsphasen haben. Jedoch arbeite car2go an immer mehr seiner weltweit 26 Standort rentabel, sagte ein Daimler-Sprecher. Bekannt sei etwa, dass es in Berlin richtig gut laufe. Ob das Geschäftsgebiet Stuttgart rentabel arbeitet, wollte er nicht verraten. Zum Stuttgarter Geschäftsgebiet zählen Stuttgart, Esslingen, Böblingen, Sindelfingen und Gerlingen. Das Unternehmen zählt für dieses Gebiet etwa 90 000 Kunden, ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt.

Edgar Augel, Pressesprecher von stadtmobil Stuttgart, betont: „Als Firma müssen wir rentabel arbeiten, um die Einlagen unserer Aktionäre - meist unsere Kunden - und die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter nicht zu gefährden.“ Im Gegensatz zu car2go bedient stadtmobil, das es bereits seit 25 Jahren gibt, nicht nur Ballungsräume, sondern auch kleinere Städte. „In der Region um Stuttgart ist Carsharing oft wirtschaftlich nicht tragbar. Hier ist die Einrichtung und Unterhaltung von Carsharing auf ehrenamtliches Engagement angewiesen“, sagt Augel. Der Verein stadtmobil e.V. bietet örtlichen Initiativen Informationen und Unterstützung beim Aufbau von Carsharing-Standorten“, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage. „In der Region Stuttgart werden aber immer noch etwa 60 Fahrzeuge in 22 Kommunen von ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins betreut, da diese in der Regel nicht kostendeckend zu betreiben sind“, sagt Augel. Stadtmobil Stuttgart verzeichnete Anfang des Jahres 10 065 Kunden. Aktuell stehen 510 Fahrzeuge an über 213 Station den Nutzern in der Region zur Verfügung.

Die Preise: Bei Stadtmobil zahlen die Kunden einen fixen Monatsbeitrag, der bei vier Euro beginnt. „Für zwei Einkaufsfahrten und einen Ganztagesausflug von 100 Kilometern mit einem Corsa zahlt man im Monat etwa 90 Euro“, erläutert Augel. Stadtmobil hat verschiedene Automarken und Klassen im Angebot, sodass damit auch Einkaufsfahrten getätigten werden können - aber auch mehrere Leute mitfahren können. Car2go kostet 29 Cent pro Minute, 11,40 Euro pro Stunde oder 79 Euro pro Tag. 500 Fahrzeuge des Smart Fortwo Electric Drive stehen für ein Geschäftsgebiet, das 153 Quadratkilometern umfasst, bereit. Mitte April hat car2go an seinem Heimatstandort Stuttgart die Flotte um insgesamt 50 Mercedes-Benz B-Klasse Electric Drive erweitert. Der Minutenpreis hierfür: 34 Cent. In Stuttgart habe man sich seit dem Beginn 2012 auf die Elektromobilität festgelegt, erklärt der Daimler-Sprecher. Der Vorstandsvorsitzende von Daimler Financial Services, Klaus Entenmann, ist überzeugt, dass die Zukunft des Carsharings elektrisch ist: „Werden Carsharing-Flotten elektrisch betrieben, verstärkt sich der ohnehin positive Effekt des Autoteilens auf die Luftqualität in Städten wie Stuttgart.“

Warum und wo: Für die Standortwahl ist entscheidend, wie groß die Stadt ist, die Anzahl der Einwohner und die Bevölkerungsdichte. „Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist ein gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr“, betont der Daimler-Sprecher. Car2go sieht sich nicht als Konkurrenz zum öffentlichen Nahverkehr, sondern als Ergänzung. So nutze der typische Kunde den Smart „für die erste und die letzte Meile“ und fahre dazwischen mit Bus und Bahn. „An zentralen Verkehrsknotenpunkten wird car2go überdurchschnittlich häufig genutzt“, erläutert der Sprecher. Der „use-case“ sei für den Weg abends in die Stadt, aber auch wieder nach Hause. Im Geschäftsgebiet Stuttgart können die Autos in der einen Stadt angemietet werden und in einer anderen abgestellt - solange der Parkplatz innerhalb des Geschäftsgebiets liegt.

Es gibt verschiedene strategische Gründe für Carsharing: car2go will den Nutzer die Elektromobilität näher bringen. Außerdem gibt es noch einen weiteren Nutzen: „22 Millionen car2go Mieten im Jahr entsprechen 22 Millionen Probefahrten, mit denen sich eine interessante Zielgruppe von den Marken smart und Mercedes Benz überzeugen kann“, sagt der Sprecher. „Der Großteil der Neukunden kommt über car2go zum ersten Mal mit Elektromobilität in Berührung.“ Finden und Buchen der car2go-Fahrzeuge ist per Smartphone-App oder über das Internetportal möglich. Zudem können sie spontan an Ort und Stelle gemietet werden. Ein stadtmobil muss vorab reserviert werden. Die Beweggründe der sharing economy von Stadtmobil erklärt Augel folgendermaßen: „Es ist zu hoffen, dass immer mehr Menschen in der Region Stuttgart das Carsharing als kostengünstige und umweltverträgliche Alternative zum eigenen Auto entdecken. Angesichts einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 11 000 Kilometer müsste der deutsche Durchschnittsfahrer eigentlich schon aus Kostengründen auf Carsharing umgestiegen sein.“

Andere Angebote: Stadtmobil hat sich unter dem Begriff der Quernutzungsstadt mit anderen Anbietern wie Cambio zusammengeschlossen. Außerdem bieten sie eine Kooperation mit der VVS in Form der polygo-Card, mit der man den öffentlichen Nahverkehr, aber auch Car- und Bikesharing-Angebote, nutzen kann.

Die Bahn bietet mit Flinkster ein stationsbasiertes Carsharing an, dass ähnlich wie stadtmobil funktioniert. Zudem will Opel in diesem Jahr mit seinem Dienst Maven, den es in den USA bereits gibt, ins deutsche Sharing-Geschäft einsteigen. Drive now, den Dienst von BMW gibt es im Raum Stuttgart nicht, dennoch scheint BMW es zu schaffen, mit seinem Angebot in Berlin den Break-even-Point zu knacken. „Drive now zeigt gerade, wie es gehen könnte, mit diesem Sharingmodell Geld zu verdienen“, sagt Nehrke von bsc.

Mitfahrgelegenheiten: Mitfahrgelegenheiten sind eine andere Art des Teilens. Sie basieren darauf, dass ein Fahrer andere in seinem eigenen Auto mitnimmt. Sie bieten sich für längere Fahrten an - zum Beispiel von Stuttgart nach Berlin. Der größte Anbieter ist zurzeit blablacar. Dort würde eine solche Fahrt etwa 30 bis 35 Euro kosten. Kunden und Fahrer können sich ganz leicht über die Homepage oder App registrieren. An einem vorher vereinbarten Ort wird sich dann getroffen. Der Vorteil: Die Buchung ist relativ kurzfristig möglich - wenige Tage, manchmal Stunden vorher. Die Kosten sind nicht mit denen einer Zugfahrt vergleichbar.

Ein anderer Anbieter ist flinc. Hierbei konzentriert sich das Konzept jedoch auf regionale und spontane Fahrten. Es können Fahrgemeinschaften zur Arbeit oder Uni gebildet werden oder spontane Fahrten. Über die App wird koordiniert wer, wo hin fährt - und wer mitfahren könnte.

Auch Fernbusse wie Flixbus oder Eurolines sind - wie die Name n schon sagt - für längere Strecken konzipiert und als Konkurrenz zur Bahn zu sehen. Hierbei sollte die Fahrt ebenfalls einige Tage vorher gebucht werden. Ist jedoch keine Ferienzeit oder Wochenende, können Kunden durchaus relativ spontan buchen.

Fahrdienste: Fahrdienste oder mobility services wie der amerikanische Vermittler uber, der in den Vereinigten Staaten bereits mit selbstfahrenden Autos unterwegs ist, haben sich auf dem deutschen beziehungsweise europäischen Markt noch nicht durchgesetzt. Zu viele Gesetzte stehen dem Fahrdienst hierbei im Weg. Ganz von der Straße ist der Dienst in Deutschland allerdings nicht. In der Hauptstadt können Nutzer per uberX-Option normale Taxifahrten buchen - und bezahlen den regulären Taxitarif. Dabei hat der Dienst Konkurrenz: die Smartphone-App mytaxi von Daimler. Hier können sich Kunden Taxis bestellen und die Anfahrt des Fahrers live verfolgen. Zudem kann über die App selbst bezahlt werden.