Der Entwurf des Münchner Büros Burger Rudacs Architekten sieht ein treppenartig gestaffeltes Gebäude vor, das am Hang zwischen Werastraße und Urbanplatz liegt. Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Die Verzögerungen durch Schadstoffe im Erdreich sowie beim Rohbau haben auf den Neubau der John-Cranko-Schule erheblichere Auswirkungen, als bisher prognostiziert wurde. Gestern gab das Finanzministerium bekannt, dass die Ballettschule voraussichtlich erst zum Schuljahr 2019/2020 eröffnet werden kann - ein Jahr später als geplant. Außerdem sei mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 5,1 Millionen Euro zu rechnen.

Das Land hatte bei dem Neubau auf eine externe Projektsteuerung gesetzt, „um Probleme frühzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können“, sagte Gisela Splett, Staatssekretärin im Finanzministerium. „Das hat offensichtlich nicht funktioniert.“

Verzögerungen bei großen Bauprojekten gehören mittlerweile leider zum Alltag, doch wo liegen eigentlich dieses Mal die Probleme? „Im abschüssigen Gelände waren stark verunreinigtes Erdreich sowie ein unbekanntes Bauwerk gefunden worden“, teilte das Finanzministerium gestern mit. „Diese nicht vorhersehbaren Umstände führten zu Umplanungen, verzögerten und verteuerten das Bauprojekt.“ Unter anderem seien die notwendigen Verankerungen des Gebäudes im Boden aufwendiger als vorgesehen gewesen. „Hierauf musste mit entsprechenden Umplanungen reagiert werden.“

Risiken, wie der teurere Baustellenbetrieb im Winter, sollten eigentlich durch einen neuen Bauablauf zeitlich ausgeglichen und zudem mit dem eingeplanten Risikopuffer von 3,5 Millionen Euro abgefedert werden. Daraus wurde jedoch nichts. Bereits in den Sommerferien kristallisierte sich heraus, dass sich der gestörte Bauablauf auf alle Gewerke ausgewirkt hatte - insbesondere auf die Fertigstellung des Rohbaus, bei dem es zudem statische Probleme gab. „Bereits bei der Planung wurden sämtliche Möglichkeiten zur Kostenoptimierung geprüft und umgesetzt. Wir werden die aktuelle Kostenerhöhung nicht ausgleichen können. Auch die Verzögerung von rund sechs Monaten können die Unternehmen nicht mehr reinholen. Dafür sind die Beauftragungen der Firmen und der Bau zu weit fortgeschritten“, so Splett.

Bislang waren für den Neubau der Ballettschule 46,9 Millionen Euro veranschlagt. Davon sollten 44,9 Millionen Euro je zur Hälfte von der Stadt und vom Land finanziert werden. Zwei Millionen Euro waren zudem aus Transfermitteln der Staatstheater eingeplant. Durch die Verzögerungen erhöhen sich die Gesamtbaukosten jedoch um 5,1 Millionen Euro zuzüglich einer Risikovorsorge von 500 000 Euro auf insgesamt 52,5 Millionen Euro. Nach Angaben des Finanzministeriums beteiligen sich die Württembergischen Staatstheater mit zwei Millionen Euro an der Erhöhung. Für die Finanzierung der verbleibenden Kosten, rund 3,1 Millionen Euro und einer Risikovorsorge von 500 000 Euro, will das Land das Gespräch mit der Stadt suchen.

Offene Türen wird Gisela Splett im Stuttgarter Rathaus nicht einrennen: Denn dort ist man von der Entwicklung überrascht, bestätigte Sprecher Sven Matis gestern. „Das Finanzministerium hat die Stadt kurzfristig über die Veränderungen im Ablauf und die gesteigerten Kosten informiert. Wir gehen davon aus, dass der städtische Beitrag zur John-Cranko-Schule gemäß des Vertrages zwischen Stadt und Land vom Oktober 2014 gedeckelt ist.“ Dies habe der OB so auch den Fraktionen des Gemeinderats mitgeteilt.

Gemeinsam mit der Porsche AG investiert die Stadt über die „Stiftung zur Förderung der John-Cranko-Schule der württembergischen Staatstheater Stuttgart“ 26 Millionen Euro. Das Kapital wurde durch Beiträge der Stadt in Höhe von 16 Millionen Euro und von der Porsche AG in Höhe von zehn Millionen Euro aufgebracht. Die Beiträge wurden von 2014 bis 2017 jeweils in vier gleichen Jahresraten (4 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt, 2,5 Millionen Euro von Porsche) einbezahlt.

Die neue John-Cranko-Schule ist für die Ausbildung von rund 150 Schülern mit acht Ballettsälen, Schulräumen, einem Gesundheitszentrum und einer neuen Probenbühne der Compagnie des Stuttgarter Balletts konzipiert. Rund 70 Schülerinnen und Schüler können im schuleigenen Internat aufgenommen werden.