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Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart – Die Passagiere im Fernbus nach Bukarest staunen nicht schlecht. Gerade eben sind sie am Stuttgart Airport Busterminal beim Flughafen losgefahren, nun wird der Reisebus von zwei Motorradpolizisten zum Busparkplatz hinter der Landesmesse eskortiert. An der dort eingerichteten Kontrollstelle herrscht an diesem Nachmittag rege Betriebsamkeit. Rund 50 Beamte von Landespolizei, Bundespolizei und Zoll sind gemeinsam im Einsatz, um Wohnungseinbrecher und deren Diebesgut aufzuspüren. Dass sie ihren Fokus dabei auf Fernbusse legen, kommt nicht von ungefähr. „Aus bisherigen Ermittlungsverfahren wissen wir, dass Wohnungseinbrecher auch in Fernbussen unterwegs sind“, sagt Einsatzleiter Hans-Peter Seidenfuß. Es gebe Hinweise, so der Polizeirat vom Verkehrspolizeikommissariat Esslingen, dass gerade Einbrecherbanden aus osteuropäischen Ländern und Italien auf diese Weise zwischen ihrer Heimat und Deutschland pendeln und die Busse zudem zum Abtransport ihrer Beute verwenden.

Acht bis zehn Mal im Jahr führe man deshalb solche Großkontrollen rund um den Flughafen durch, so Seidenfuß. Bevorzugt auf dem Parkplatz bei der Messehalle 9, da es dort deutlich mehr Platz gebe als direkt am Busterminal. Kommt ein Fernbus an der Kontrollstelle an, werden zunächst die Dokumente des Busfahrers und die Personalien der Passagiere überprüft. Dann müssen alle Reisenden aussteigen und die Beamten beginnen, das Gepäck auszuladen. Dabei haben sie alle Hände voll zu tun. Während die Passagiere den unerwarteten Zwischenstopp gelassen hinnehmen, stapeln sich neben den Bussen nicht nur jede Menge Koffer, Trolleys, Rucksäcke und Reisetaschen, sondern auch kistenweise verpackte Waren, darunter Flachbildfernseher, Fondue-Sets, Spielzeug und sogar eine Waschmaschine. Die Gepäckstücke werden alle in einem mobilen Röntgengerät durchleuchtet, bei Unstimmigkeiten werden sie in einem Zelt nebenan noch einmal gründlich per Hand durchsucht.
Mit seiner Lage direkt an der A 8 ist der im Mai dieses Jahres eröffnete Fernbusbahnhof ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Rund 260 Ankünfte und Abfahrten nationaler und internationaler Fernbuslinien werden dort täglich abgewickelt. Für die Polizei ist gerade diese Masse ein Problem. Weil für eine Kontrolle schon mal bis zu zwei Stunden nötig sind, kann nur ein Bruchteil der Reisebusse überhaupt überprüft werden. An diesem Tag schaffen die Beamten binnen acht Stunden sieben Busse. Größere Erfolge im Kampf gegen Einbrecherbanden können sie dabei allerdings nicht erzielen. Erst am Abend entdecken sie in einem Fernbus auf dem Weg ins mazedonische Skopje zwei als gestohlen gemeldete, hochwertige Fahrradrahmenteile. Welcher Passagier sie mit an Bord genommen hat, bleibt aber zunächst unklar. Ähnlich sei es bei einer Kontrolle im vergangenen Monat gewesen, sagt Seidenfuß. Da habe man ein Gepäckstück sichergestellt, in dem sich diverses minderwertiges Diebesgut befand, das man aber ebenfalls keinem der Passagiere eindeutig zuordnen konnte.
Während ihrer groß angelegten Kontrolle erzielen die Einsatzkräfte zumindest ein wenig „Beifang“. Bei einem Busreisenden finden sie eine Schreckschusswaffe, ein anderer hat einen Schlagstock mit integriertem Elektroschocker dabei. Zu diesen Verstößen gegen das Waffengesetz kommen noch zwei Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz sowie zwei verkehrsunsichere Fahrzeuge. Bei einem Bus ist die Bremsanlage völlig hinüber, die Passagiere müssen die Reise in einem Ersatzbus fortsetzen. Bei einem Transporter mit rumänischem Kennzeichen sind ebenfalls die Bremsen defekt, das Fahrzeug wird zur genaueren Kontrolle zur Dekra gebracht. Ein Busfahrer muss zudem wegen fehlender Arbeitszeitnachweise eine Sicherheitsleistung zahlen.
Warum ausländische Wohnungseinbrecher gerade Fernbusse für ihre Zwecke nutzen, darüber könne man nur spekulieren, sagt Seidenfuß. Möglicherweise würden sie darauf setzen, zwischen den anderen Reisenden unerkannt zu bleiben. „Es ist aber durchaus möglich, dass auch der günstige Fahrpreis eine Rolle spielt.“ Man vermute, dass in manchen Fällen auch die Fahrer der Fernbusse als Komplizen der Einbrecher fungieren, indem sie Gepäckstücke mit Diebesgut an Bord nehmen und am Zielort einer Kontaktperson übergeben.