Regelmäßig demonstrieren Anwohner für bessere Luft in der Landeshauptstadt. Die Feinstaubbelastung ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Am Neckartor liegt sie immer noch über den erlaubten Grenzwerten. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (seb) - Viermal hat die Stadt bislang Feinstaub-Alarm ausgerufen und die Autofahrer aufgefordert, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, hat Zweifel an dieser Maßnahme: Sie laufe weitestgehend ins Leere und könnte sich bundesweit zur Lachnummer entwickeln. Die Umweltschützer fordern strikte Fahrverbote.

Aus Sicht von Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin des BUND in Baden-Württemberg, waren die Feinstaub-Alarme bislang ein Flop. „Sie haben gezeigt, dass sich mit Freiwilligkeit und Appellen das Mobilitätsverhalten der Autofahrer viel zu wenig ändert. Die Gesundheit der Bürger steht auf dem Spiel.“

Es sei fraglich, ob sich die EU beim anhängigen Vertragsverletzungsverfahren von diesen Placebo-Maßnahmen beeindrucken lasse. „Damit Stuttgart saubere Luft atmen kann, brauchen wir spätestens im Sommer verbindliche Fahrverbote.“ Insbesondere Fahrverbote an einem Tag für gerade und am Folgetag für ungerade Autonummern seien eine schnell umsetzbare und gut praktikable Maßnahme. „Was in europäischen Großstädten wie Rom möglich ist, sollte auch in Stuttgart machbar sein.“ Mittelfristig sind aus Sicht des BUND alte Dieselfahrzeuge aus der Innenstadt zu verbannen. „Die grüne Umweltplakette steht schon lange nicht mehr für Umweltfreundlichkeit. Wir müssen die Umweltzone auf ‚Blau‘ stellen. Nur Dieselmodelle, die den Abgasvorschriften der Euro-6-Norm entsprechen, sollen einfahren dürfen. Und zwar nur solche, die nachweisen, dass sie die Grenzwerte auch unter realen Fahrbedingungen auf der Straße einhalten“, so Pilarsky-Grosch. „Hauptziel muss jedoch weiterhin sein, den Autoverkehr um 20 Prozent zu verringern.“

Egal, wer Baden-Württemberg in den nächsten fünf Jahren regieren werde - die Verringerung des Autoverkehrs, Fahrverbote und eine massive Verbesserung der umweltfreundlichen Verkehrsmittel dürften nicht verhandelbar sein. Zu massiv seien die Überschreitungen von Feinstaub und Stickstoffdioxid in der Stadt, zu gering die Zahl derer, die ihr Verhalten auf freiwilliger Basis ändern und statt des eigenen Autos das Rad oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen. „Die Reduktion von Feinstaub und Stickoxide zum Schutz von Umwelt und Gesundheit muss Priorität im politischen Handeln der nächsten Jahre bekommen“, so Pilarsky-Grosch.