Sven Denneler vom Kampfmittelbeseitigungsdienst hat viel Fingerspitzengefühl bewiesen und den Zünder in 15 Minuten herausgeschraubt. „Es lief wie geschmiert“, so seine Einschätzung nach dem Einsatz.Fotos (2): Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Während der VfB Stuttgart gestern im Borussia-Park gegen Gladbach unterlag, wurde auf dem heimischen Trainingsgelände eine 50 Kilogramm schwere Fliegerbombe entschärft. Sie wurde zuvor im Rahmen von Bauarbeiten rund 1,5 Meter unterhalb eines Kunstrasenplatzes entdeckt.

Als im November vor zwei Jahren eine Fliegerbombe im Stuttgarter Westen gefunden wurde, war die Polizei allein schon mit der Evakuierung vier Stunden beschäftigt. Rund 5000 Menschen mussten damals ihre Büros und Häuser verlassen. Gestern Abend war dieser Aufwand nicht notwendig. Weil der Blindgänger in einer „nicht kritischen Lage gefunden wurde“, so die Aussage der Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KMBD), konnten sie bis in die Abendstunden mit der Entschärfung warten. Sprich: Die benachbarten Büros bei Daimler waren weitestgehend leer, auch das Mercedes-Benz Museum hatte schon geschlossen. Umliegende Gebäude wie das VfB-Klubheim mussten dennoch gegen 18 Uhr in einem Radius von 200 Metern geräumt werden, sämtliche Straßen in diesem Bereich wurden gesperrt.

Nur die B 14, die Brücke der Bundesstraße verläuft nur einen Steinwurf vom Trainingsgelände entfernt, wurde erst 40 Minuten später dicht gemacht - unmittelbar vor Beginn des Einsatzes. Gegen 19 Uhr war der Spuk schon wieder vorbei. Sven Denneler vom Kampfmittelbeseitigungsdienst hatte innerhalb von einer Viertelstunde den Zünder aus dem Blindgänger herausgedreht. „Es lief wie geschmiert“, so der „Feuerwerker“. Generell sei die amerikanische Fliegerbombe, die mehr als 70 Jahre im Lehmboden lag, in einem guten Zustand. „Wenn man sie putzt, sieht sie wahrscheinlich wieder aus wie neu.“

So weit geht die Liebe zu den Bomben dann aber doch nicht. Stattdessen wird der Sprengkörper auf das KMBD-Gelände, das abgeschieden in einem Waldgebiet bei Vaihingen liegt, gebracht. Dort lagern Hunderte von entschärften Bomben und Tonnen von Patronen. Allein in diesem Jahr wurden bereits 15 Bomben in Baden-Württemberg ausgegraben. Einige davon seien jedoch bereits auch schon zerschellt gewesen. Auch auf dem VfB-Gelände habe man am Vormittag Reste einer bereits detonierten Bombe gefunden. Die Bilanz in den Vorjahren sieht ähnlich aus: 2016 wurden 19 Bomben mit einem Mindestgewicht von 50 Kilo entdeckt. 2015 waren es 25 Stück. Seit Kriegsende wurden insgesamt rund 24 500 Fliegerbomben entschärft und vernichtet. Auf die Spur der Bomben kommen die Experten durch den Vergleich von Luftbildaufnahmen - so auch im gestrigen Fall. Unterschätzen dürfe man die Blindgänger trotz des Alters nicht: Bis heute stellen sie eine erhebliche Gefährdung für die Bevölkerung dar. Das Problem: Sie werden nicht ungefährlicher. Im Gegenteil: Wenn sie verrostet sind, können sie schon geringere Erschütterungen zur Detonation bringen. Sobald sie einmal freigelegt wurden, sollten sie schnell entschärft werden, denn sobald sie mit Sauerstoff in Verbindung kommen, wächst die Explosionsgefahr. Zuletzt ist am Dienstagabend, 15. August, in Wangen eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden. Damals ist ein Bagger bei Bauarbeiten in den Abendstunden auf einen 250 Kilogramm schweren Blindgänger gestoßen. Fünf Stunden später war auch er entschärft.