Staus gehören in Stuttgart zum Alltag – und die Bürger klagen über die hohe Verkehrsbelastung. Foto: dpa

Stuttgart – 80 Prozent der Stuttgarter beurteilen die Lebensqualität in der Landeshauptstadt als gut oder sehr gut. Doch im Vergleich mit 2015 ist dieser Wert um vier Prozentpunkte gesunken. Die Bürger würden die Verkehrs-, Luft- und Wohnungsmarktprobleme kritischer als bei zurückliegenden Bürgerumfragen wahrnehmen, stellt Bürgermeister Martin Schairer fest.

Obwohl auch die Bindung der Stuttgarter an ihre Stadt von 85 auf 83 Prozent zurückgegangen ist und damit unter dem Durchschnitt aller zwölf bisherigen Bürgerumfragen (84 Prozent) liegt, sind die Ergebnisse der gestern vorgestellten Erhebung für Schairer kein Anlass zu Sorge: „Nach wie vor ist Stuttgart in den Augen seiner Bürger eine ausgesprochen lebenswerte Stadt.“ Bei immerhin einem Viertel der abgefragten Lebensbereiche seien höhere Zufriedenheitswerte als noch vor zwei Jahren zu verzeichnen – bei den Einkaufsmöglichkeiten sowie bei den Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten wurden gar die besten Werte seit 1995 erzielt.

Gleichwohl räumt der Ordnungsbürgermeister ein: Bei rund der Hälfte der Lebensbereiche verschlechterten sich die Werte – etwa beim Lärmpegel, bei der Situation für Radfahrer und bei der Luftqualität. Laut Schairer ist die kritischere Sichtweise auch auf die „sehr intensive und auch kontroverse kommunalpolitische und öffentliche Diskussion“ zu diesen Themen zurückzuführen. Nicht ganz das Spitzenergebnis der letzten beiden Bürgerumfragen erreichte das Ansehen der Stadtverwaltung bei den Befragten. 56 Prozent urteilten mit „sehr gut“ oder „gut“ (zuvor 59 Prozent).

4144 Bürger haben bei der diesjährigen Befragung ihre Zufriedenheit mit insgesamt 29 Lebensbereichen bewertet. Die Skala reichte von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“. Die Maximalzahl von 100 Punkten wäre erreicht, wenn alle Befragten mit „sehr zufrieden“ geantwortet hätten. Insgesamt war die Mehrheit der Befragten mit nur 3 von 29 Lebensbereichen „unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“: mit dem Wohnungsmarkt, den Parkmöglichkeiten in der Innenstadt und der Regelung des Autoverkehrs.

Die Wohnsituation treibt die Stuttgarter mehr denn je um – mit 28 Punkten im Kommunalbarometer wurde der niedrigste Zufriedenheitswert eines Lebensbereichs von allen bisherigen Bürgerumfragen erzielt. Für 65 Prozent der Befragten (plus 8 Prozent gegenüber 2015) ist das mangelhafte Wohnungsangebot ein großes Problem. Kein Wunder also, dass sich die Bürger mehrheitlich dafür aussprechen, die Stadt solle in den Wohnungsbau investieren. Mehr Mittel sollten laut der Umfrage auch in die Verbesserung der Luftqualität, in Kitas und Schulen sowie in den öffentlichen Nahverkehr fließen.

Das Signal der Bürgerschaft an den Gemeinderat, der am Jahresende über den Doppelhaushalt 2018/2019 abstimmt, ist eindeutig: 47 Prozent der Befragten sind dafür, mehr Geld auszugeben, nur 7 Prozent fordern Einsparungen.

Benennen konnten die Umfrageteilnehmer auch mögliche Probleme in Stuttgart – 33 Vorschläge enthielt der Fragebogen. Im Schnitt kreuzten sie neun Themen an, so viele wie noch bei keiner Bürgerumfrage. „Zu viel Straßenverkehr“ wurde von 75 Prozent der Stuttgarter (2015: 68 Prozent) genannt. An zweiter Stelle rangieren zu hohe Mieten (73 Prozent, plus 3 Prozent), gefolgt vom neu aufgenommene Problem „zu viele Baustellen“ (67 Prozent).

Während Verkehrsprobleme von den Bürgern deutlich kritischer betrachtet wurden, haben Themen, die die Öffentliche Sicherheit und Ordnung betreffen, kaum an Relevanz zugelegt, so Schairer. Kriminalität und Einbrüche sehen nur 27 Prozent der Befragten (minus 5 Prozent) als Problem an. Hingegen spiegelt sich die Zuwanderung deutlich in der Umfrage wider: 27 Prozent (plus 7 Prozent) sind der Meinung, es gebe „zu viele Fremde“ in der Stadt, 23 Prozent (plus 5 Prozent) beklagen eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit, 22 Prozent eine „mangelnde Ausländerintegration“ (plus 2 Prozent).

Seit 1995 führt das Statistische Amt im Zwei-Jahres-Rhythmus Bürgerumfragen durch. Bei der 12. Auflage wurden 9400 Stuttgarter per Zufallsprinzip aus dem Einwohnerregister ausgewählt. 4144 Stuttgarter (44 Prozent) nahmen an der zwischen April und Juni durchgeführten Erhebung teil. „Für eine freiwillige Meinungsumfrage ist das eine beachtliche Beteiligungsquote“, sagt Thomas Schwarz, der Leiter des Statistischen Amtes.

Die Umfrage liefere wichtige Erkenntnisse für die kommunalpolitische Arbeit, betont Bürgermeister Schairer. In den nächsten Wochen sollen weitere Ergebnisse präsentiert werden – etwa das Meinungsbild zu Bauprojekten und dem drohenden Fahrverbot.