Die Terrasse über den Dächern der Stadt war legendär. Foto: Uli Kraufmann - Uli Kraufmann

Der Traum vom City-Mineralbad wird im Hitzesommer geträumt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann unterstützt eine Idee, die nicht ganz abwegig ist. 1971 waren Bauarbeiter am Marktplatz auf eine Quelle gestoßen, weshalb Breuninger ein bis heute legendäres Bad betrieb.

StuttgartSchwitzend in Partylaune, war Rolf Pfander, der Mann des CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann, unlängst beim Sommerfest auf eine Idee gekommen, die seitdem im Netz große Kreise zieht. Warum, so fragte er, wird nicht Mineralwasser in den Eckensee gepumpt? Nach Budapest sei Stuttgart die Stadt mit dem höchsten Mineralwasseraufkommen. Lässt sich daraus nicht noch mehr machen? Sein Ehemann, der im Bundestag sitzt, gehört zu den Unterstützern dieses Plans, der nicht ganz unrealistisch ist wie ein Blick zurück beweist. Bis 1988 hat das Kaufhaus Breuninger ein Mineralbad im obersten Stockwerk betrieben, dem viele Stuttgarter trotz der gehobenen Preise noch immer nachtrauern. Man konnte nach dem Schwimmen im 25-Meter-Becken auf der Dachterrasse auf Liegestühlen oder gar in einem Strandkorb relaxen.

Mama probierte ungestört Hunderte von Schuhen an, während Papa mit den Kindern im selben Gebäude für das „ Seepferdchen“ trainierte. Durch Zufall waren Arbeiter beim Ausheben der Baugrube für den Breuninger-Markt am Marktplatz 1971 auf eine Quelle gestoßen. Da es sich um eine mineralhaltige Schüttung handelte, überlegte der Firmenchef Heinz Breuninger nicht lange und ließ das Mineralbecken mit Sauna und Freibereich bauen. Eröffnung war 1972. Sinn für Ausgefallenes zeichnete Heinz Breuninger aus, den Chef der dritten Generation. 1959 führte er die Kundenkarte ein, damals ein Novum im deutschen Handel. Bis in die früheren 1980er-Jahre konnten die Kaufhausbesucher im Untergeschoss zwischen Mittelbau und Hochhaus zwei Aquarien an der Decke bestaunen, die den Lauf des Nesenbachs simulierten, der unter dem Kaufhaus verlief. Echtes Nesenbachwasser konnte das freilich nicht sein. Denn der Bach floss zu dieser Zeit nicht in den Neckar, sondern aus gutem Grund direkt ins Klärwerk Mühlhausen.

Letzte Reste sind verschwunden

1980 starb Heinz Breuninger mit 60 Jahren. Sein Nachfolger Willem G. van Agtmael ließ den Badespaß noch einige Jahre gewähren. Als die Besucherzahlen zurückgingen und das Defizit auf über eine Million Mark im Jahr anstieg, wurde die Badeoase 1988 geschlossen. Ein französisches Fitnessstudio zog ein, das sich aber auch nicht lange halten konnte. Das einstige Bad wurde zur Mitarbeiterkantine. Seit einem Umbau sind auch die letzten Reste des Bades für immer verschwunden. Im alten Fotostudio von Breuninger befanden sich noch lange Zeit Fliesen aus der Mineralwasserzeit. Heute dürfen Mitarbeiter des Kaufhauses in der Mittagspause auf der Terrasse in der Sonne liegen. Und können von der Zeit träumen, als man noch über den Dächern schwimmen konnte.