Jan Knippers von der Uni Stuttgart erläutert anhand des Exponats, wie Architektur von Schneckenhäusern inspiriert werden kann. Foto: Olbort Quelle: Unbekannt

Stuttgart (jo) - Was kann Architektur von der Natur lernen? Die neue Sonderausstellung im Naturkundemuseum Schloss Rosenstein „Baubionik - Biologie beflügelt Architektur“ stellt sich genau diese Frage. Dabei wird dargestellt, wie naturwissenschaftliche Erkenntnisse beim Bauen genutzt werden können.

Wie kann die Beschaffenheit einer exotischen Pflanze genutzt werden, um Sonnenschutz für Gebäudefassaden zu konstruieren? Was kann die Architektur von verzweigten Bäumen lernen? Diese und andere Erkenntnisse aus dem Zusammenspiel von Naturwissenschaften, Technik und Architektur werden den Besuchern durch die Exponate der Sonderausstellung verdeutlicht. Etwa ein Pavillon, das vom Skelett des Seeigels, an dem die Stacheln des Tiers sitzen und das aus zahlreichen Kalkplatten besteht, inspiriert wurde. Ein anderes Modell veranschaulicht, was eine neuartige Technik für die Fassadenverschattung - eine Art Sonnenschutz für Gebäude - mit der exotischen Pflanze „Strelitzia“ gemeinsam hat und deshalb ohne Scharniere konstruiert werden kann. Außerdem wird gezeigt, warum die Konstruktion stabiler Dachträger der Beschaffenheit von Sträuchern ähnelt.

Die Ideen, die auf 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentiert werden, stammen aus dem Sonderforschungsbereich „Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien in Biologie und Architektur“ - einer Kooperation von Wissenschaftlern der Universitäten Stuttgart, Freiburg und Tübingen sowie dem Naturkundemuseum und dem Fraunhofer Institut für Bauphysik. Seit drei Jahren befasst sich diese Forschungsgruppe mit der Konstruktion von Pflanzen und Tieren und wie diese Erkenntnisse auf Architektur und Bauingenieurswesen übertragen werden können.

Die Anforderung an das Bauen im 21. Jahrhundert ist der optimale Einsatz von Rohstoffen: Aufgrund der steigenden Anzahl an Menschen und immer knapper werdenden Rohstoffen müsse man „künftig intelligenter bauen“, sagt Jan Knippers von der Uni Stuttgart. Wie dabei von der Natur gelernt werden kann, macht die Schau deutlich: Etwa an einem Pavillon aus Beton, der optisch schon durch die unzähligen kleinen Löcher in der Bausubstanz beeindruckt. Diese Konstruktion wurde in Anlehnung an die Stacheln eines Seeigels entworfen. Bei näherer Betrachtung erweisen diese ebenfalls eine poröse Struktur - sind aber trotzdem stabil. Durch diese Bauweise könne Beton gespart und so die Umwelt geschont werden, sagt Knippers.

In der Ausstellung werden jedoch keine fertigen Bauwerke gezeigt, „die übermorgen schon gebaut werden können“, wie Thomas Speck von der Uni Freiburg sagt. Die Exponate gelten als Basis für die Weiterentwicklung von Visionen.

Die Sonderausstellung „Baubionik - Biologie beflügelt Architektur“ ist ab heute bis 6. Mai 2018 im Naturkundemuseum Schloss Rosenstein zu sehen. Außerdem gibt es Vorträge, Workshops und Gruppenführungen zum Thema. Weitere Infos unter: www.naturkundemuseum.de