Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume Foto: dpa - dpa

Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume spricht sich dafür aus, eine bundesweite Statistik einzuführen.

Stuttgart (dpa/lsw) Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter hat sich dafür ausgesprochen, antisemitische Vorfälle an Schulen bundesweit zu erfassen. „Mir sind in den letzten beiden Jahren von jüdischer Seite zwei Fälle aus baden-württembergischen Schulen zugetragen worden“, sagte Michael Blume am Dienstag dem SWR. Allerdings werde bislang keine Statistik darüber geführt. Er unterstütze den Vorschlag, eine bundesweite Statistik für antisemitische und andere Gewaltvorfälle an Schulen einzurichten, wie dies die Deutsche Polizeigewerkschaft gefordert hatte.

Hintergrund der Diskussion sind aktuelle Fälle. An einer Grundschule in Berlin war eine Zweitklässlerin von älteren Schülern aus muslimischen Familien als Jude beschimpft worden. Der Zentralrat der Juden in Deutschland befürwortet angesichts von Antisemitismus und religiösem Mobbing in Schulen, eine bundesweite Statistik für Vorfälle dieser Art einzurichten.

Im Gespräch mit Kultusministerium

Die Schulen können Blume zufolge mit solchen Anfeindungen oft gut umgehen. Manchmal seien sie aber auch überfordert. Es gebe auch den Impuls, dass die Schulen nicht in die Medien wollten und versuchten, den Deckel drauf zu halten. „Deshalb ist es eine gute Idee, zu sagen: „Wenn Hass-Verbrechen oder Hass-Mobbing in Schulen stattfindet, muss es erfasst werden“ - um zu sehen, wo man nachzusteuern muss“, sagte der Religionswissenschaftler dem SWR. Darüber sei man im Gespräch mit dem Kultusministerium.

Dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist es nach eigenen Angaben bekannt, dass Schüler einander mit „Du Jude“ beschimpfen. „Das wird unklug daher geplappert“, sagte VBE-Landeschef Gerhard Brand. Betroffen von Anfeindungen seien aber auch Kinder türkischer oder russischer Herkunft.

Antisemitismus in Schulen theoretisch zu bekämpfen, sei schwierig. „Man erreicht die Köpfe, aber nicht die Herzen“, sagte Brand. Wirkungsvoll sei die Arbeit mit Zeitzeugen des Holocausts, von denen es aber nicht mehr viele gebe. Er begrüße, dass nun zum Teil die nächste Generation an die Schulen gehe, um vom Schicksal der Eltern zu berichten. Auch der Besuch von Gedenkstätten sei wichtig, um bei den Kindern und Jugendlichen Betroffenheit auszulösen.

Eisenmann: Schulen sollten nicht wegschauen

Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat die Schulen indes aufgerufen, bei Beleidigungen von Schülern nicht wegzuschauen. „Deshalb unterstützen wir unsere Schulen dabei, jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegenzutreten“, sagte sie am Dienstag in Stuttgart. Dabei gelte es, vor allem durch Prävention kulturell und religiös motivierte Konflikte zu verhindern. Neben den Schulen sehe sie gleichermaßen die Eltern in der Pflicht.

Nach Angaben des Kultusministeriums gibt es keine zentrale Erfassung von antisemitischen verbalen Attacken und Schmierereien durch die Schulverwaltung im Südwesten. Auch standardisierte Wege für die Meldung solcher Vorfälle fehlten. Laut Ministerium können sich Pädagogen beim „Kompetenzzentrum zur Koordinierung des Präventionsnetzwerks gegen Extremismus in Baden-Württemberg“ und in einer Handreichung „Jugendliche im Fokus salafistischer Propaganda“ informieren. Etwa 60 Schulpsychologen sowie Psychologische Schulberater sind zu den Themen „Salafismus“ und „Antisemitismus“ geschult worden.