Grünes Führungsteam: Die Stimmenkönigin der Wahl, Gabriele Nuber-Schöllhammer, und der Fraktionsvorsitzende Andreas Winter Foto: Elke Hauptmann - Elke Hauptmann

Die Grünen sind die klaren Gewinner der Kommunalwahl in der Landeshauptstadt.

StuttgartDie Grünen sind die klaren Gewinner der Kommunalwahl in der Landeshauptstadt. Ihre neue Vormachtstellung hat das Wahlamt mit der Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses gestern bestätigt. Die Grünen-Fraktion (26,3 Prozent) wird mit der Konstituierung des neuen Rates am 25. Juli 16 statt bisher 14 Sitze einnehmen. Auf den Plätzen folgen CDU mit 11 (19,4 Prozent, zuvor 17 Sitze) und die SPD mit 7 Sitzen (11,6 / 9). Die FDP erhält 5 Mandate (7,9 / 4), die Freien Wähler 4 (7,1/ 4), die AfD 4 (6,1 / 4), Linke 3 (5,3 / 3), SÖS 3 (4,4 / 3), Stadtisten 2 (2,5 / 1).

Einzelmandate erreichen die Junge Liste (1,9 Prozent), die Partei (1,5), Kein Fahrverbot (1,6), Piraten (1,2) und Tierschützer (1,0 Prozent). Für eine Fraktion sind vier Mandate nötig. In den nächsten Wochen wollen die Gruppierungen Gespräche über Fraktionsgemeinschaften führen. Bisher existiert die von SÖS/Linke-plus mit einem Piraten und Studenten. Ob sich ihr mehr anschließen? Die Grünen zeigen sich für Anschlüsse offen. „Es kann inhaltliche Überschneidungen geben, wir werden über die Form einer Zusammenarbeit reden“, sagt Fraktionssprecher Andreas Winter. Er will sich zur Wiederwahl stellen. Die bisherige Co-Sprecherin Anna Deparnay-Grunenberg ist nun im Europaparlament. Gabriele Nuber-Schöllhammer will ihren Platz einnehmen. „Ich werde kandidieren“, sagt sie am Dienstag.

Immerhin ist sie mit stattlichen 117 716 Stimmen die Stimmenkönigin dieser Kommunalwahl. Dass dieser Titel an die Grünen gehen wird, war zu erwarten. Bemerkenswert ist im Vergleich zu früheren Wahlen aber dann doch die Höhe des Ergebnisses und die Distanz zu den Spitzenleuten der anderen Parteien. Nuber-Schöllhammer steht mit großem Abstand ganz oben auf dem Siegertreppchen. Dagegen fällt der Spitzenwert der CDU an deren Fraktionschef im Rat, Alexander Kotz, der 93 375 Voten erreicht hat, stark ab. Dabei hat Kotz sogar 371 Stimmen mehr erreicht als bei der vorigen Wahl im Jahre 2014, als er die Krone bekam. Jetzt aber liegt er sogar hinter Benjamin Boy - dem Siebtplatzierten bei den Grünen.

Die Festigung des ökosozialen Lagers im 60-köpfigen Stadtparlament wollen die Grünen noch vor der Sommerpause für eine Initiative zum Klimaschutz nützen. „Im Juli werden wir ein Paket schnüren, wir wollen vorankommen“, sagt Grünen-Kreisvorsitzender Marc Breitenbücher. Zum Jahresende müsse der Doppelhaushalt „strukturell auf Klimaschutz und die Verkehrswende umgestellt werden“, betont der Kreisvorsitzende.

Bereits im Juli 2018 hatten die Grünen einen Klimaantrag im Gemeinderat gestellt. 55 Millionen Euro sollten damals in einen städtischen Klimaschutzfonds fließen, allein 25 Millionen waren für Sanierungen vorgesehen, bei denen städtische Gebäude auf einen klimaneutralen oder Plusenergie-Standard gehoben werden sollten. Mit zehn Millionen sollten nach dem gleichen Muster Gebäude von Sportvereinen und städtischen Beteiligungsunternehmen bedacht werden. Je sechs Millionen waren als Zuschüsse für Sanierungen und ein Solardachprogramm gedacht. Die Grünen erhielten keine Mehrheit. „Jetzt sehe ich sie zum Greifen nah“, sagt Winter, „das Thema hat für uns absoluten Vorrang“. Die 55 Millionen Euro seien eine „gegriffene Zahl“ gewesen. „Ich denke, wir können einen größeren Schritt machen“, so Winter am Dienstag. „Natürlich brauchen wir eine Mehrheit dafür“, so Breitenbücher.

Die Finanzierung eines solchen Programms wäre für die schuldenfreie Landeshauptstadt das eher kleinere Problem. Schwieriger ist die Umsetzung, oft mangelt es in der Verwaltung an Personal und aktuell bei Ausschreibungen an leistungsfähigen Firmen. „Wir erwarten, dass uns die Verwaltung einen Hinweis gibt, was sie für umsetzbar hält“, so Winter.

Am 18. Juli soll der Gemeinderat – dann noch in seiner bisherigen Zusammensetzung – den Jahresabschluss des Haushalts 2018 verabschieden. Zusätzlich zu den 168 Millionen Euro, die die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) an die Stadt überweist und die der Gemeinderat in die Opernsanierung fließen lassen will, wird ein erneut dreistelliger Millionenüberschuss aus 2018 erwartet. 2017 waren es 323 Millionen Euro gewesen. Große neue Programme unterjährig zu beschließen hat die Verwaltung bisher vermieden. Doch der OB versichert, beim Klima bald Signale zu senden.

Wie es für ihn nun weitergeht? Aus Sicht der Grünen macht ihr klarer Sieg für Fritz Kuhn den Weg für eine zweite Kandidatur frei. „Ich gehe davon aus, dass er weitermacht. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz und CDU-Kreischef Stefan Kaufmann sind keine ernsthaften Gegner“ sagt Breitenbücher. „Das starke Ergebnis gibt den richtigen Impuls für seine Entscheidung“, sagt Winter über Kuhn. Der hält sich bedeckt, will sich am 7. Januar 2020 erklären. Die Wahl ist im Herbst.