Seit Monaten auf Wohnungssuche: die Studentin Marwa Tina. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Larissa Schwedes

Stuttgart - 25 Mails bekam die Wohngemeinschaft von Daniel Dragin schon in den ersten Stunden, nachdem dieser das Inserat für ein freies WG-Zimmer ins Internet gestellt hatte. Marwa Tina steht auf der anderen Seite. Die gebürtige Palästinenserin studiert zwar schon seit zwei Jahren in Stuttgart, doch ihre maximale Dauer im Wohnheim für internationale Studierende ist abgelaufen. Seit drei Monaten schickt Tina jeden Tag zehn bis 15 Anfragen an Wohngemeinschaften. Die frustrierende Bilanz: Nur drei Besichtigungen und keine feste Bleibe. Die 34-Jährige hangelt sich von Zwischenmiete zu Zwischenmiete, in drei Monaten lebte sie in drei verschiedenen Zimmern.

Die Landeshauptstadt gehört zu den härtesten Pflastern für Wohnungssuchende. Im bundesweiten „Anspannungsindex“ des Moses Mendelssohn Instituts steht Stuttgart in diesem Jahr auf Platz drei und schob sich damit vor Köln und Frankfurt am Main. Die Studie des Instituts entstand in Kooperation mit dem Internetportal Wg-Gesucht und bezog Faktoren wie Preisniveau, Nachfragesituation und Leerstandsquote mit ein.

Auch in anderen Studentenstädten ist die Lage angespannt. Das Wissenschaftsministerium stockt die Plätze in Studentenwohnheimen zwar auf, doch das geht - im Verhältnis zur Nachfrage - langsam voran. Ende 2014 standen im Land 32 800 Plätze zur Verfügung. Bis Ende 2017 sollen 1300 weitere hinzukommen, die teilweise schon im Bau sind. Die bestehenden Wohnheime quellen über vor Anfragen. In Heidelberg kommen auf 1205 freie Plätze zum Semesterbeginn bis Ende September über 4700 Anfragen. In Tübingen stehen derzeit noch mehr als 1300 Bewerber auf der Warteliste, in Stuttgart sogar knapp 3800. Bis zu acht Monate müssen die Studenten an manchen Standorten nach ihrer Bewerbung warten, bis sie einziehen können.

„Ohne Kontakte geht gar nichts“, meint Tina. Viele private Vermieter würden Studierende, die Wohngemeinschaften gründen wollten, direkt abweisen und Familien oder Paare bevorzugen. Andere Inserate seien einfach zu teuer. „Die Stadt braucht mehr bezahlbare Wohnungen. Es muss Regulierungen geben, damit Menschen wie ich die Chance auf eine Wohnung bekommen.“

Um private Vermieter zu mobilisieren, fährt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer auch in diesem Jahr die Kampagne „Studis suchen Zimmer“, die mit Plakaten, Flyern und Bäckertüten auf das Problem aufmerksam machen soll. Viele Studierendenwerke haben auf ihren Internetseiten Suchmaschinen für Privatzimmer und Wohngemeinschaften integriert. „Keine Treffer“, lautet jedoch oft auch das Ergebnis.

Wenn es zum ersten Vorlesungstag hart auf hart kommt, bleibt nur noch der große Schlafsaal als Notunterkunft. „Wir bieten in den ersten Semesterwochen so viele Plätze an, dass jeder unterkommt. Bei uns muss keiner auf der Straße schlafen“, heißt es beim Studierendenwerk Freiburg von Renate Heyberger. In Stuttgart, Tübingen und Hohenheim finden dort bei Bedarf rund zehn Wohnungssuchende Platz, in Heidelberg stehen sogar bis zu 30 Betten bereit. Auf ein solches Angebot will Marwa Tina möglichst verzichten. Die Studentin sagt: „Ich habe alles versucht. Zur Not stehe ich bald bei Freunden auf der Matte.“