Ulrich Kromer will mit seinem Masterplan die Messe voranbringen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig - Lichtgut/Julian Rettig

Die Landesmesse will im elften Jahr ihres Bestehens Rekordzahlen vorlegen. Messe-Chef Ulrich Kromer plant zudem erneutes Wachstum – auch baulich.

Stuttgart Die Landesmesse will im elften Jahr ihres Bestehens Rekordzahlen vorlegen. Messe-Chef Ulrich Kromer plant zudem erneutes Wachstum – auch baulich. Noch eine Halle und ein weiteres Kongresszentrum sind in Planung.

Herr Kromer, in der nächsten Woche beginnt die AMB, eine Ihrer Flagschiffmessen. Können Sie vorab sagen, wie das Messejahr 2018 bisher läuft?
Wir sind auf der Zielspur und im Plan. Wir werden dieses Jahr die 180-Millionen-Marke beim Umsatz erreichen. Entsprechend rechnen wir damit, ein Rekordergebnis zu erwirtschaften. Für 2020 peilen wir dann 200 Millionen Euro an. Die AMB ist übrigens mit rund 1600 Ausstellern ausgebucht. Es gibt Wartelisten, auch was den Flächenbedarf für die Stände angeht.

Wie lange wird das Wachstum angesichts der Weltlage noch anhalten?
Die Lage ist zurzeit schwer einschätzbar. Man kann nicht davon ausgehen, dass wir dauerhaft nur Wachstumsphasen haben werden. Allerdings spürt das Messegeschäft die Auswirkungen einer labileren wirtschaftlichen Lage immer erst später.

Sie sind auch im Auslandsmessegeschäft aktiv: USA, Türkei, Iran. Wie läuft es in diesen politischen Krisenherden?
Die AMB im Iran haben wir dieses Jahr durchgeführt, jetzt werden wir aussetzen. Das ist nicht nur eine Frage der Währungsentwicklung, sondern vor allem der Importrestriktionen. Firmen ziehen sich reihenweise aus dem Iran zurück. In der Türkei läuft es stabil, allerdings macht der Wechselkurs Probleme. In den USA suchen wir nach neuen Projekten, in China sind wir auf gesundem Wachstumskurs.

Am Standort Stuttgart wollen Sie 1500 neue Parkplätze bauen. Warum gelingt es Ihnen nicht, das Messepublikum auf öffentliche Verkehrsmittel umzulenken?
Natürlich ist das unser Bestreben. Dafür tun wir vor allem in der Kommunikation eine Menge. Die Verlängerung der U 6 und Stuttgart 21 werden sicher nochmals einen Schub geben. Aber der Mensch ist in der Wahl seines Verkehrsmittels nach wie vor frei. Unser Kombiticket für die freie Anreise mit dem ÖPNV wird bei den Publikumsmessen etwa von 60 Prozent der Besucher genutzt, bei Fachmessen sind es um die 20 Prozent. Beim Bau neuer Parkhäuser gehen Sie über die planfestgestellte Messefläche hinaus. Ist da Widerstand nicht programmiert?
Nein. Wir greifen auf ohnehin versiegeltes Gelände zurück, etwa bei der Überdeckelung der S-Bahn-Trasse. Gleiches gilt für das geplante Spindelparkhaus an der Autobahn. Bisher spüren wir bei den Gesprächen keinen Widerstand, zumal wir kein Land aufkaufen müssen. Wir sind mit der Stadt Leinfelden-Echterdingen im Dialog. Das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Ihr Masterplan 2025 sieht den weiteren Ausbau der Infrastruktur vor.
Wir benötigen mehr Lager- und Logistikflächen und Platz für unsere Feuerwehr. Die Fläche auf dem Campus ist begrenzt. Die Funktionalität muss gewährleistet bleiben. Deshalb denken wir schon darüber nach, ob und wo man eine weitere Halle und ein kleineres Kongresszentrum bauen könnte.

Zu welchem Ergebnis hat das geführt?
Die Idee ist ein Pendant zur neuen Halle 10 mit etwa 15 000 Quadratmetern und ein Kongresszentrum für etwa 2500 Besucher im Westen des Messegeländes.

Auch die Stadt hat Neubaupläne für ein Kongresszentrum. Ist das ein Problem?
Die Nachfrage ist deutlich höher als das, was die Stadt heute bieten kann. Bei uns generiert sich das Kongress- auch aus dem Messegeschäft. Die Nähe zur Ausstellung ist gewünscht. Wir kommen daher mit der Stadt nicht in eine Wettbewerbssituation.

Mit einer neuen Halle und Kongressräumen auf dem Parkplatz P 26 brauchen Sie Ersatz für 1760 Stellplätze.
Es gibt mehrere Optionen, etwa eine Garage unter der neuen Piazza. Weniger günstig wäre eine Tiefgarage unter der Halle. Alternativ könnten wir Parkplätze vor der Halle 1 schaffen – verkehrstechnisch ideal, weil die Erschließung schon vorhanden ist.

Einige Grüne hatten schon mit dem Neubau der Halle 10 ihre Schwierigkeiten. Gibt’s jetzt keinen Widerstand?
Nein, abgesehen von den Menschen, die grundsätzlich eine Messe ablehnen. Aber von unseren Gesellschaftern gibt es keine Einschränkung – solange wir den Bedarf nachweisen können.

Aber es gibt doch sicher die eine Einschränkung, dass die Messe den Ausbau selbst finanziert?
Diesen Gedanken gibt es immer. Über die Finanzierung werden wir mit der Stadt und dem Land sprechen müssen. Die Größenordnung ist ja nicht ganz ohne.

Das heißt?
Ich will keine Zahl nennen, die uns dann später vorgehalten wird. Sie könnte in dieser frühen Phase der Planungen falsch sein.

Dann nennen wir Zahlen. Die Halle 10 kostete 67 Millionen Euro.
Ja, und ein Kongresszentrum kostet auch an die 60, dazu kommen die Infrastrukturmaßnahmen. Also 150 bis 200 Millionen Euro. Können Sie diese Summe über ein höheres Ergebnis finanzieren?
Wie gesagt, wir rechnen und sprechen. In den geraden, starken Kalenderjahren wollen wir schon ein Ergebnis von je 30 Millionen Euro erwirtschaften, vor Pacht und Steuern. Aber klar: Es ist zweifelsfrei eine Herausforderung. Kommen wir zu einem anderen Thema: Die Stadt sucht händeringend nach einem Interimsstandort für die Oper. Wie wäre es mit einer Messehalle?
Das möchte ich nicht kommentieren.

Wäre eine Opernnutzung nach dem Landesmessegesetz überh aupt möglich?
Das müsste man klären.

Die Opernnutzung könnte aber Charme entwickeln, weil Land und Stadt zahlen würden.
Netter Versuch. Aber ich kommentiere das nicht. Schade. Kommen wir zu Ihren. Sie haben Ihren Vertrag bis Anfang 2020 verlängert. Da gab es Vorbehalte bei den Grünen.
Als ich hierher kam, war mir klar, dass man mit einem guten Team eine Erfolgsstory schreiben kann. Das hat sich bewahrheitet. Aber irgendwann greift die Altersgrenze. Jetzt ist das Datum für mein Ausscheiden definiert, ich bin damit im Reinen.

Was von den Ausbauplänen wird bis zum Jahr 2020 eingetütet sein?
Eingetütet sind – vorbehaltlich der Zustimmung des Aufsichtsrates zu Kosten und Details – der Masterplan insgesamt und als erstes die Infrastruktur. Also die neuen Parkhäuser über der S-Bahn und beim Bosch-Parkhaus, die Lagerflächen und die Unterbringung der Feuerwehr sowie die Verbreiterung der Zufahrtsstraße im Westen. Wir unterfüttern die Pläne jetzt mit Zahlen, und dann werden wir uns über die Finanzierung unterhalten.

Ist die Entwicklung der Messe auf den Fildern mit dem Masterplan abgeschlossen?
Die bauliche. Mit unserem Team werden wir die Auslastung gewährleisten.

Das Interview führten Thomas Braun und Konstantin Schwarz.

Zur Person

Ulrich Kromer wurde 1952 in Fulda geboren, besuchte die Volksschule und das Gymnasium in Mainz, Khartoum und Basel.

Von 1974 bis 1976 war er Speditionskaufmann bei Danzas (Basel) und der Thos. Meadows Co. Ltd., ehe im Anschluss zur Exim-Indes AG in Basel wechselte, wo er bis 1984 blieb. Danach war Kromer Geschäftsführer bei Expopartner in Zürich sowie bei der Blenheim-Gruppe als Main Board Director in London. 1996 wechselte er als Geschäftsführer zur Leipziger Messe und wurde dann 2001 Geschäftsführer der Landesmesse Stuttgart und Sprecher der Geschäftsführung.

Ulrich Kromer ist geschieden, Vater zweier Kinder und wohnt in Stuttgart.