Ein literarischer Weltstar gibt sich in Esslingen die Ehre: Beim LesART-Auftritt des amerikanischen Star-Autors T. C. Boyle drängelten sich rund 1000 Zuhörer im Neckar Forum. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Heute feiert die LesART mit dem längst ausverkauften Literaturfest im Jazzkeller ihr stimmungsvolles Finale, doch schon vorher ist klar: Die 23. Esslinger Literaturtage waren ein Riesenerfolg. Mehr als 4000 Besucher wurden in 34 Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gezählt. Und die Bilanz ist noch lange nicht komplett, denn in neuen Jahr gibt es eine Nachlese mit den Autoren Wolfgang Schorlau und Uwe Timm, die beide im Schauspielhaus der Württembergischen Landesbühne ihre neuen Bücher vorstellen werden. Wenn sich die Erwartungen der Veranstalter erfüllen, dürften dann noch einmal weitere 900 Besucher hinzukommen.

Wie immer wurde die LesART von der Stadtbücherei und der Eßlinger Zeitung gemeinsam veranstaltet sowie von der Stiftung Kreissparkasse und dem örtlichen Buchhandel unterstützt. Ein Festival dieser Größe und Qualität ist nicht im Handumdrehen zu stemmen. Doch das Team um Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs und ihre Programmplanerinnen Bettina Langenheim (Kinder und Jugendliche) und Renate Luxemburger (Erwachsene) hat auch diesmal ein Händchen bei der Auswahl der Gäste bewiesen. Allein das Kinder- und Jugendprogramm mobilisierte mehr als 1000 junge Zuhörer, die in Schulen und im Kutschersaal bekannten Autoren auf Augenhöhe begegneten. Manche Autoren wie Jochen Till und sein „Luzifer junior“ brachten dem jungen Publikum so viel Spaß, dass sie gewiss nicht zum letzten Mal eingeladen wurden.

Mit Autoren wie Sten Nadolny, Ingo Schulze, Markus Orths und Friedrich Ani waren namhafte Vertreter der deutschsprachigen Literaturszene dabei. Und mit dem Amerikaner T. C. Boyle, der vor 1000 Besuchern im Neckar Forum las, hatte dank freundlicher Vermittlung durch den Hanser-Verlag sogar ein Weltstar den Weg nach Esslingen gefunden. Doch es waren nicht nur die prominenten Namen, die diesmal während der LesART die literarischen Akzente setzten: Mit der jungen Belgierin Lize Spit und Sasha Marianna Salzmann (siehe unten stehende Besprechung) waren auch zwei Vertreterinnen der jüngeren Generation dabei, die bleibenden Eindruck hinterließen.

Respekt für eine couragierte Frau

Das gilt auch für die Sachbuch-Autoren, die das gesellschaftspolitische Profil der LesART diesmal ganz besonders schärften: Während Boris Palmer eine Flüchtlingspolitik mit Augenmaß anmahnte, machte Tim Engartner deutlich, dass das, was sich betriebswirtschaftlich auszuzahlen scheint, volkswirtschaftlich noch lange nicht vernünftig sein muss. Die ungewöhnlichste Veranstaltung erlebte das Publikum jedoch mit der Frauenrechtlerin und Anwältin Seyran Ates: Nie zuvor gab es einen Literaturtage-Abend, bei dem der Gast von fünf Personenschützern der Polizei bewacht werden musste, weil Seyran Ates wegen ihres Engagements für einen weltoffenen und toleranten Islam, für die Rechte der Frauen und wegen der Gründung einer liberalen Moschee in Berlin Dutzende Morddrohungen erhalten hat. Dass diese couragierte Frau trotzdem unbeugsam zu ihrer Meinung steht und sich nicht einschüchtern lässt, auch wenn ihr der Wind frontal ins Gesicht bläst, nötigte vielen LesART-Besuchern Respekt ab.

Kein Wunder, dass sich die Veranstalter schon vor dem abschließenden Literaturfest zufrieden zeigten. Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs, die mit ihrer Kollegin Renate Luxemburger an jedem Veranstaltungsabend im Einsatz war, blickt auf „ein rundum gelungenes Festival“ zurück und ist vor allem voll des Lobes für das Esslinger Publikum: „Es ist alles andere als selbstverständlich, dass die Literatur in einer Stadt unserer Größe eine solche Resonanz und so viele fachkundige Zuhörer findet.“ Für EZ-Chefredakteur Gerd Schneider ist genau das eines der wichtigsten Erfolgsgeheimnisse der Esslinger Literaturtage: „Wir hören immer wieder von Autoren, wie wohl sie sich hier fühlen und dass manche schon von sich aus bei ihren Verlagen den Wunsch äußern, zur LesART zu fahren. Die Literaturtage sind ein Aushängeschild für unsere Stadt.“