(adi) - Immer wieder hören wir, dass unsere schöne, neue Welt alles besser und vor allem effektiver mache. Und immer wieder ärgern wir uns über vieles, was sich nicht unbedingt zum Besseren verändert hat. Während der Shareholder Value ungeahnte Höhen erreicht, fehlt es oft am Geld für Krankenhäuser, Schulen, Straßen und den öffentlichen Nahverkehr. Wasser, Gas und Strom werden immer teurer, Züge werden immer unpünktlicher, und wer auf die Datenautobahn einbiegt, landet häufig auf der Kriechspur. Manche fordern unter solchen Vorzeichen, staatliche Aufgaben mehr denn je in private Hände zu legen, weil dann alles viel besser und billiger werde. Doch genau das macht Tim Engartner verantwortlich für eine Entwicklung, die nach seinen Beobachtungen seit Helmut Kohls Zeiten vieles teurer und uneffektiver gemacht hat - zumindest für diejenigen, die im Alltag die Zeche bezahlen müssen. Wie es soweit kam, erläutert der Professor für Didaktik der Sozialwissenschaften an der Uni Frankfurt am Main in seinem Buch „Staat im Ausverkauf - Privatisierung in Deutschland“ (Campus-Verlag, 22.95 Euro), das er bei der LesART vorstellen wird. Und dass dieser Abend als einer der ersten ausverkauft war, lässt ahnen, dass Engartner mit seinem Urteil nicht alleine steht.

„Nicht besser und nicht billiger“

Tim Engartner hat sich umgeschaut in der Republik und besonders prägnante Beispiele zusammengetragen, anhand von denen er aufzeigt, dass die Privatisierung staatliche Dienstleistungen eben nicht billiger, besser und bürgernäher macht. In sieben Kapiteln - Bildung, Verkehr, Militär, Post und Telekommunikation, soziale Sicherung, Gesundheit und kommunale Versorgung - analysiert er die Auswirkungen der Privatisierung in Deutschland und ordnet sie konsequent in die internationalen Zusammenhänge ein. Und je länger sich Tim Engartner mit solchen Fragen beschäftigt, desto klarer wird für ihn: „Wir dürfen die öffentliche Daseinsvorsorge nicht auf dem Altar des Marktes opfern.“ Und er begründet das mit einer simplen Erkenntnis: „Private Unternehmen folgen der Gewinnorientierung, während staatliche Einrichtungen dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Diese Interessenunterschiede lassen sich schlicht nicht auflösen.“