(adi) - Wer in der Welt der Kriminalliteratur zuhause ist, kommt an ihm nicht vorbei: Friedrich Ani zählt zu den renommiertesten Krimiautoren dieser Republik. Und er hat schon oft bewiesen, dass sich Spannung und literarische Qualität sehr wohl vertragen. Deshalb ist Ani, den Genre-Kenner als den „Simenon von München“ feiern, auch in Esslingen stets ein gern gesehener Gast. Diesmal bringt er zur LesART sein neues Buch „Ermordung des Glücks“ (Suhrkamp Verlag, 20 Euro) mit.

Friedrich Ani hat ein Faible für unkonventionelle Mordermittler - so wie jenen Jakob Franck, der den Lesern bereits in „Der namenlose Tag“ begegnet ist. Während seiner aktiven Zeit als Kommissar war es oft seine Aufgabe, Angehörigen der Opfer die Todesnachricht zu überbringen. Mittlerweile ist Franck im Ruhestand, geschieden und oft in Selbstgespräche versunken. Viele seiner Kollegen hat der harte Job und die ständige Konfrontation mit dem Bösen abgestumpft - für Jakob Franck ist jeder Tote noch immer eine Herausforderung. Das gilt ganz besonders, als der elfjährige Lennard Grabbe im kalten Monat November in München verschwindet und nach mehr als einem Monat ermordet aufgefunden wird. Franck übernimmt die heikle Aufgabe, den Eltern das Unfassbare mitzuteilen. Und er muss mit ansehen, wie mit Lennard auch das Glück ermordet wurde - nicht nur das der Eltern, sondern das Glück vieler Menschen, denen der Junge etwas bedeutet hat. Weil seine Ex-Kollegen nicht weiterkommen, kniet sich Franck umso tiefer in die Ermittlungen: Stundenlang studiert er Akten, verbringt viel Zeit am Tatort und hofft, mit Hilfe seiner ganz speziellen Technik der „Gedankenfühligkeit“ das entscheidende Mosaiksteinchen ausfindig zu machen, das zur Aufklärung noch fehlt. Denn jeder ungelöste Fall aus seiner aktiven Zeit lastet Jakob Franck bis heute auf der Seele - und er fühlt sich nicht nur den Opfern, sondern auch ihren Angehörigen verpflichtet, weil deren Schmerz niemals verjährt.

Wer Friedrich Ani liest, spürt sofort, was einen leicht verdaulichen Krimi von anspruchsvoller Kriminalliteratur unterscheidet. Seine Bücher sind wohl durchdacht, seine Geschichten sind atmosphärisch dicht erzählt und funktionieren nicht nur oberflächlich, seine Figuren sind mit feinem Strich gezeichnet. Und er dringt immer wieder in die Abgründe der menschlichen Seele vor. „Der Kriminalroman zwingt zum Hinschauen in die Gegenwart“, sagt Friedrich Ani. „Das Drama des in seinem Lebenszimmer gefangenen Menschen gelingt mir mit dem Krimi am besten, ohne dass es mir auf Mord und Totschlag und spektakuläre Plots ankäme. In meinen Krimis bestimmen die Langsamkeit und das Schweigen den Handlungsablauf, wobei ein gewisses Maß an genreüblicher Spannung unerlässlich bleiben muss.“