Zwischen Traum und Alptraum: Julian Häuser (vorne) in der Hauptrolle des Anselmus. Foto: Björn Klein - Björn Klein

Die Junge WLB bringt E.T.A. Hoffmanns berühmte Erzählung „Der goldne Topf“ auf die Bühne – Jenke Nordalm inszeniert ihre szenische Fassung

EsslingenAchim Freyer hat sie in der vergangenen Saison im Stuttgarter Staatsschauspiel für Erwachsene inszeniert. Jetzt nimmt sich die Esslinger Junge WLB E.T.A. Hoffmanns romantischer Novelle „Der Goldne Topf“ von 1814 an. Premiere der szenischen Fassung für Zuschauer ab 16 Jahren ist an diesem Samstag. Nicht nur, weil „Der goldne Topf“ derzeit Deutschabitur-Sternchenthema ist, sei er eine gute Wahl fürs Jugendtheater, erklärt die Regisseurin Jenke Nordalm. Sondern auch, weil der Text für Heranwachsende eine Menge Identifikationspotenzial biete. In der Story vom Studenten und Pechvogel Anselmus, der über den Apfelkorb eines alten Hexenweibes stürzt und dafür von ihr verflucht wird, der durch die bürgerliche Gegenwart strauchelt, die ihn gleichermaßen anzieht wie abstößt, der immer stärker in eine punschbefeuerte Fantasiewelt samt erotisch lockender Schlangenfrau Serpentina hineingezogen wird, könnten die „Pubertiere“ ihre eigene „Coming of age“-Geschichte entdecken: ob es sich dabei um die Suche nach der richtigen Peergroup handele oder ganz allgemein um die Selbstfindung. Anselmus’ Situation lässt sich durchaus mit jener auch heutiger Heranwachsender vergleichen, wird er doch ständig zwischen Traum- und bürgerlicher Welt hin und her geworfen und tut sich schwer, sich für eine der beiden zu entscheiden. In seiner Experimentierfreude verliert er immer wieder die Kontrolle. Gerade solche Entscheidungsfindungen beträfen Jugendliche heute viel früher als den 23-Jährigen der Erzählung, sagt Regisseurin Nordalm. Welchen Weg sie einschlagen möchten, müssten Teenager dank G 8 heute schon mit 17 Jahren entscheiden.

Die Bühnenfassung hat die Regisseurin selbst geschrieben. Die Erzählung eigne sich gut für die Dramatisierung, sagt sie. Der Text bleibe auf diese Weise nicht „im Beschreibenden hängen“, sondern gewinne durchs dreidimensionale Bühnengeschehen. Damit das Publikum dem Handlungsfaden der sehr komplexen, bisweilen fast surrealistischen Prosa folgen kann, setzt Nordalm auf die Kunst des Weglassens. So habe sie etwa die „blumige Sprache“ Hoffmanns vereinfacht, sie vom überbordenden Gebrauch an Adjektiven befreit. Es müsse ja nicht immer wieder erwähnt werden, dass eine Dame „holdselig“ sei, erklärt sie lachend. Die Love-Story („Junges Mädchen verliebt sich in Tollpatsch“) mit ihrem ständigen Wechsel der Orte und Situationen funktioniere „wie ein Roadmovie“.

Ausstatterin Vesna Hiltmann hat dementsprechend für ein flexibles Bühnenbild gesorgt, und natürlich spielen Masken eine große Rolle. Schließlich werden ständig die „Körperlichkeiten“ gewechselt. Von den fünf Darstellerinnen und Darstellern agieren vier in wechselnden Rollen, vor allem aber auch im Chor, der ganz im Sinne des klassisch-antiken Vorbilds kommentiert und die Hauptfigur Anselmus (Julian Häuser) durchs Stück jagt. Und welche Botschaft gibt Nordalm den Jugendlichen mit auf den Weg? Auf keinen Fall die, dass die Flucht in die Fantasiewelt der richtige Weg sei. Schließlich habe auch das bürgerliche Leben seine Vorzüge. Also: „Nehmt euch das Beste aus beidem und findet eine Balance.“

Die Premiere beginnt an diesem Samstag, 14. September, um 19.30 Uhr im Podium 1 des Esslinger Schauspielhauses. Weitere Abendvorstellungen: 20. September, 22. Oktober und 27. November. Außerdem gibt es mehrere Schulvorstellungen.