Sängerin Rebekka Bakken macht Musik ohne Grenzen. Foto: Felix Broede Quelle: Unbekannt

Von Martin Mezger

Ludwigsburg - Eines ist dem Intendanten wichtig: das eigene Orchester. „Wenn es nicht höchste Qualität hat, kann man auch darauf verzichten“, sagt der Ludwigsburger Festspielchef Thomas Wördehoff. Dass das Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele mittlerweile weit oben mitspielt, steht für ihn - bei aller Bescheidenheit - außer Frage. Chefdirigent Pietari Inkinen habe einen enormen Motivationsschub unter den Musikern bewirkt, das Niveau abermals gesteigert, sagt Wördehoff. Nur kostet das bei einem sogenannten Telefonorchester, das wie die noblen Vorbilder in Bayreuth oder Luzern jede Saison neu zusammengeklingelt wird, ziemlich viel Geld. So werden denn die Budget-Weichen bei den Festspielen in Richtung eigener Klangkörper gestellt.

Von dessen Auftritten in der nächsten Saison vom 3. Mai bis zum 21. Juli 2018 gab Wördehoff gestern (neben dem Klassik Open Air am 14. Juli) die Eckpfeiler bekannt: Eröffnungs- und Schlusskonzert, beide in Inkinens Leitung, bringen zum Start Ravels G-Dur-Klavierkonzert mit dem exzellenten Bertrand Chamayou sowie Bruckners fragmentarische neunte Sinfonie. Im Finale gastieren der große Geiger Pinchas Zukerman und seine Frau, die Cellistin Amanda Forsyth, im Doppelkonzert von Brahms, kombiniert mit der ersten Sinfonie Mahlers.

„Das Ungewisse“ ist Motto

Dem Fragment, dem Unvollendeten gilt ein besonderes Augen- und Ohrenmerk in der nächsten Ludwigsburger Saison, die sinnigerweise unter dem Motto „Das Ungewisse“ steht. Wördehoff will das auch politisch verstanden wissen, als Spannung zwischen gesellschaftlichen Ängsten und neuen Chancen in einer sich globalisierenden und digitalisierenden, zugleich unkalkulierbarer werdenden Welt. Seine eigene Ludwigsburger Zeit, die 2018 in die vorletzte Saison geht, sieht Wördehoff freilich nicht als Fragment, sondern als runde Sache. Nachfolger ab 2020 ist der 1968 in Esslingen geborene Jochen Sandig, in Berlin tätig als Regisseur und Kulturmanager, unter anderem zusammen mit seiner Ehefrau, der Choreografin Sasha Waltz.

Eines der berühmtesten Fragmente der Musikgeschichte, Mozarts Requiem, nimmt sich am 24. Juni der Choreograf Alain Platel vor: In seinem Tanzstück „Requiem pour L.“ interpretieren Musiker und Tänzer aus Europa und Afrika das Werk - teilweise mit afrikanischen Instrumenten und gespiegelt in afrikanischen Traditionen. Solche Grenzüberschreitungen sind ein Herzensanliegen Wördehoffs, in diesem Fall eine interkulturelle Vollendung des Unvollendeten. Koproduziert wird das Projekt mit Festivals in Berlin, Turin, Athen und anderen Städten. Auch dies nicht nur aus Kostengründen ein Anliegen des Ludwigsburger Intendanten, der die Festspiele verstärkt „auf der internationalen Landkarte erscheinen“ lassen will, denn: „Es hat keinen Sinn, nur eine Region zu behübschen, die an Veranstaltungen eh schon überläuft“.

Weitere Kontakt-Spannungen versprechen das Taksim Trio mit Jazz und türkischem Pop (10. Juni), der syrische Klarinettist Kinan Azmeh mit Klangerkundungen zwischen Klassik und Orient (13. Mai) oder der dann 88-jährige Hans Magnus Enzensberger, der am 12. Mai bei einem seiner raren öffentlichen Auftritte eigene Texte liest, begleitet von der Musikbanda Franui, die Volkmusikalischem bei Brahms, Schubert und Mahler nachspürt.

Folk, Blues und Kirchenorgel

Sängerin Rebekka Bakken bringt Folklore aus ihrer norwegischen Heimat mit Blues und den Klängen einer Kirchenorgel zusammen (6. Juni), die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker Bachs Cellosuiten (live gespielt von Jean-Guihen Queyras) mit modernem Tanz. Und rein klassische Programme? Gibt es auch, etwa mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard (29. Juni) oder Händels Oper „Lucio Cornelio Silla“ in einer historisch rekonstruierenden Inszenierung von Margit Legler im Schlosstheater (5. bis 7. Juli). Und nicht zuletzt feiert das südafrikanische Miagi Jugendorchester am 18. Juli den 100. Geburtstag Nelson Mandelas.

Das gesamte Programm wird im Februar bekanntgegeben. Karten für die genannten und einige weitere Veranstaltungen gibt es ab sofort unter Tel. 07141/939 636 oder im Internet.

www.schlossfestspiele.de