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Vor der Freilicht-Premiere: Klaus Hemmerle inszeniert in der Esslinger Maille den „Sommernachtstraum“ als diesjährige Open-Air-Aufführung der Esslinger Landesbühne (WLB).

EsslingenSchon der Titel und erst recht die Story machen diese Komödie zum gefundenen Theaterhappen für laue Abende und erhitzte Phantasien unter freiem Himmel. In Esslingen gab es Shakespeares „Sommernachtstraum“ als Open-Air-Spektakel zuletzt 2004 – damals auf dem Kesslerplatz hinter der Stadtkirche in der Inszenierung von Frank Hellmund. Jetzt legt Klaus Hemmerle in der diesjährigen Freilicht-Aufführung der Esslinger Landesbühne (WLB) Regiehand an – in der Maille. Den Mini-Park hält er für das ideale Terrain: „Da wird alles, auch was von außen hereinklingt, zu einem einzigen Soundtrack. Ich genieße das.“ Wichtiger noch: „Gerade die Maille mit ihrer kultivierten und gezähmten Natur mitten in der Stadt passt wunderbar zum Stück.“ Obwohl die Natur – nämlich die des menschlichen Trieblebens – bei Shakespeare durchaus ihre ungezähmte, animalische Seite zeigt. Da gehen die Regungen bei den beiden jungen Liebespaaren, die aus dem antiken Athen in einen ziemlich englischen Elfenwald entfleuchen, kreuz und quer durcheinander. Elfenkönigin Titania vergafft sich gar in einen Esel, der eigentlich ein verzauberter Handwerker ist – alles weil Puck, Hofnarr im Elfenreich und Erreger ungeheuerlicher Lüste, eine explosive Verwirrung der Gefühle stiftet. Da aber jene vier jungen Leute allesamt aus „besseren“ Familien stammen, deren Verkupplungsstrategie sie auf dem Aussteigerweg wahrer Liebe zu entgehen suchen, passt’s doch wieder zum beschaulichen Stadtpark. Und zur Fassung Heinz Rudolf Kunzes von 2003. Denn wie im Hause Schirmer üblich, wird der Klassiker nicht einfach so, wie er im Reclam-Heft steht, gespielt, sondern in modernem Arrangement. Und Hemmerle befindet, das Stück selbst zeige – heutig gesprochen – eine typische Kunze-Situation: „Vier gut behütete und ein bisschen verklemmte Jugendliche suchen den Rock’n’Roll.“ Über die Version des Rock-Barden ist der Regisseur des Lobes voll: „Er hat sich ins Zeug gelegt, eine schöne Übersetzung und eine knackige Fassung geschrieben – mit viel Liebe zum gut gewählten Wort.“ Die Musik von Kunzes langjährigem Weggefährten Heiner Lürig integriert naturgemäß des Sängers größten Hit, „Dein ist mein ganzes Herz“ von 1985, insgesamt machen die zwölf Songs mit zwei Reprisen rund zwei Drittel des Stück aus, hat Dramaturgin Anna Gubiani ausgerechnet. Die vierköpfige Live-Band leitet Wolfgang Fuhr, der selbst Keyboards und Saxophon spielt.

Doch bei aller beschwingten Rock-Seligkeit und allem Jugend-Sentiment – eines will Hemmerle auf keinen Fall: in die Romantisierungsfalle tappen. Die Nachtmahre des Unterbewussten und der Sexualität zum Kindchenschema eines Märchenstücks zu verkitschen, ist für ihn ein Irrweg, den die moderne „Sommernachtstraum“-Deutung längst verlassen hat. Deshalb werden auch in der Maille „abgeranzte und überraschende Naturwesen“ durch die Irrungen und Wirrung spuken, verrät der Regisseur. Und die Handwerker-Truppe, die bei Shakespeare den Athener Hof mit ihrer tragischen Liebesposse amüsiert, ist bei Hemmerle ein Trupp von Müllwerkern, der morgens den Park von den Hinterlassenschaften einer wilden Nacht säubert: Dabei brechen Erinnerungen an Traum und Trauma auf, es geht um die Verarbeitung des nächtlich Gesehenen und Geschehenen – um einen „Irritationseffekt“, so der Regisseur, aus dem man, staunend und betroffen die Augen reibend, „als ein anderer hervorgeht“.

Die Premiere beginnt am Donnerstag, 21. Juni, um 20 Uhr in der Esslinger Maille. Weitere Vorstellungen am 23., 27., 28., 29. und 30. Juni sowie an 14 Terminen im Juli. Ab Herbst ist die Inszenierung in einer Indoor-Version im Esslinger Schauspielhaus zu sehen.

An den Vorstellungstagen informiert bei unsicherem Wetter eine Hotline von 17.30 bis 19.30 Uhr unter Tel. 0711/3512-3450, ob die Aufführung stattfindet. Bei Ausfall der Vorstellung oder Abbruch vor der Pause können Karten umgetauscht oder zurückgegeben werden.