Quelle: Unbekannt

Die Kelly Family ist wieder da: Sieben der Geschwister haben in der Schleyerhalle 10 000 Fans begeistert

StuttgartAlle, die die Hanns-Martin-Schleyerhalle restlos füllen am Samstagabend, haben ihre Erinnerungen mitgebracht an die singende Familie, die vor 20 Jahren ihre Herzen und die Hitparaden eroberte. Auch Angelo, Jimmy, Joey, John, Kathy und Patricia – jene Geschwister, die sich nun wieder zusammengeschlossen haben und auf Tournee sind, erinnern sich. „In Stuttgart“, gesteht Patricia Kelly, „habe ich meinen ersten Kuss bekommen.“ Freilich, fügt sie hinzu, sei es bei einem Kuss geblieben, damals, als die Familie im grün-roten Doppeldeckerbus durchs Land zog, in Fußgängerzonen spielte. Ihr Bruder Jimmy, zwei Jahre jünger als sie, erinnert sich nicht oder ganz anders an die Stadt. „Stuttgart?“, sagt er, überlegt, zuckt mit den Schultern, schüttelt den Kopf. Doch dann fällt ihm etwas ein: jene Wette, die er in Dublin verlor, und wegen der er sich sein langes Haar abschnitt. Der Vater, Dan Kelly, erfuhr vom Haarschnitt unmittelbar vor einem Konzert, das die Familie auf dem Cannstatter Wasen für 80 000 Zuhörer geben sollte. „Damals“, sagt Jimmy, „waren die langen Haare unser Markenzeichen.“ Im September 1997 fand dieses Konzert vermutlich statt; „Zwei Spezialisten“, erinnert sich Jimmy, sorgten dafür, dass der plötzlich kahle Sänger wieder aussah wie ein echter Kelly: „Ich musste eine Perücke tragen!“ Der Erfolg der Kellys war verblüffend, für manche auch verstörend; ihr Eskaptismus füllte Stadien, spaltete das Publikum, sorgte für Spott. Die Familie selbst begann unter ihrem Erfolg zu leiden, zog sich zurück. Die sieben Kellys, die nun in Stuttgart auf der Bühne stehen, scheinen all dies vergessen zu haben. Oder denken nur mit milder Ironie daran zurück. Kathy ist nun 54 Jahre alt, Paul, wie sie ein Kind aus Dan Kellys erster Ehe und nur in frühen Jahren mit der Familie unterwegs, ist 53, hat einen langen Soloauftritt als Sänger und Drehleierspieler. John ist 50, Patricia 48, Jimmy steht kurz vor seinem 47. Geburtstag, Joey ist 45, Angelo, einst das Nesthäkchen, ist 36 Jahre alt, trägt das Haar noch lang und lässt es fliegen, wenn er sich ans Schlagzeug setzt und aufregend darauf donnert. Ein neues Album der Kelly Family erschien im Frühjahr 2017. Es enthält alte Hits in neuen Arrangements sowie neue Songs. Und so funktioniert auch das Konzert: Großzügig schöpfen die Kellys aus der Vergangenheit, präsentieren sich dabei aber als gereifte Persönlichkeiten. Patricia pflegt einen rustikal karierten Look, ihre Geschwister dagegen haben auf die eine oder andere Weise den Glamour für sich entdeckt. John tritt zunächst mit einem goldenen Zylinder auf. „Why Why Why“, der Kelly-Hit von 1995, kommt früh schon, Joey spielt dazu die wilde E-Gitarre, gibt auch später den bösen Buben, tobt, schlägt die Saiten, zeigt seine Zähne.

Eine Vorbühne zieht einen weiten Kreis in die Halle, schließt einen Teil des Publikums ein. Flammen schießen auf, Konfetti regnet herab, Wellen blauen Wassers irrlichtern über den Bühnenboden, auf der Bildwand mischen sich Vergangenheit und Gegenwart. Zu Beginn werden die Kellys von sechs versierten Musikern begleitet; später treten sie als Geschwister nahe an ihr Publikum, begleiten sich selbst. Sie spielen auf akustischen Instrumenten, Akkordeon, Gitarre, Trommel, Mundharmonika, sie singen, tanzen. Sie beschwören ihre irischen Wurzeln herauf, und vierblättriger Klee dreht sich hinter ihnen. „An Angel“, 1994 auf Platz 2 der deutschen Hitparade, wurde einst gesungen von Angelo und Paddy Kelly – nun beginnen John und Angelo das Stück, Patricia und Kathy steigen ein, die Geschwister finden zusammen, die ganze Halle singt selig mit.