Vera Romeu vermittelt Kunstgeschichte sehr lebendig und anschaulich. Quelle: Unbekannt

Nicht nur den Kunstsammler Ottomar Domnick und seine Frau Greta hat die Kulturwissenschaftlerin Vera Romeu im Blick, wenn sie ihre Gäste durch das Museum der Sammlung Domnick führt. Die Kulturwissenschaftlerin betrachtet auch Geschichte unnd Alltagskultur der Nachkriegszeit.

Kreis EsslingenDas Vermitteln von Kunst und Kultur ist die Leidenschaft von Vera Romeu. Seit 2017 ist die Kulturwissenschaftlerin für die Sammlung Domnick auf der Oberensinger Höhe zuständig. „Das Haus für ein breites Publikum öffnen“, war ihr Ziel. In ihren ersten zwei Jahren steigerte sie jährlichen Besucherzahlen in der Kunstvilla von 1800 auf 6000. Im Interview spricht sie über ihre erfolgreichen Projekte.

Was hat Sie als Empirische Kulturwissenschaftlerin denn an der Stelle in der Sammlung Domnick gereizt?
Zuvor habe ich schon bei Staatliche Schlösser und Gärten im Schloss Salem gearbeitet. Als die Staatsgalerie die Kunstvilla des Ehepaars Ottomar und Greta Domnick an uns abgegeben hat, habe ich mich sofort für dieses Gesamtkunstwerk der Moderne interessiert. Mein Ziel ist es, die Bedeutung des Gebäudes von Paul Stohrer und die abstrakte Kunst neuen Besucherschichten zu öffnen. Als Leiterin dieses Museums fühle ich als Kulturwissenschaftlerin am richtigen Platz. Dem Ehepaar Domnick ging es nicht nur um Bildende Kunst, sondern auch um Film, Musik, Literatur und um Kultur des Alltags.

Abstrakte Kunst ist nicht einfach zu vermitteln, viele finden keinen Zugang. Wie erklären Sie Schülergruppen die Arbeiten eines Künstlers wie Willi Baumeister?
Es geht mir nicht in erster Linie darum, kunsthistorische Fakten zu vermitteln. Die kann man nachlesen. Ich streue sie am Rande ein. Wenn ich zum Beispiel vor Willi Baumeisters Bild „Afrikanisch (Dahomey)“ stehe, zeige ich die Konturen der Körper, die sich auflösen. Darüber sind übermächtige Formen, die etwa für die Macht der Nationalsozialisten stehen. Baumeister hat dieses Bild 1942 gemalt, als er eigentlich gar nicht mehr arbeiten durfte. Wichtig ist dann aber, die Jungen und Mädchen zu eigenen Assoziationen zu ermutigen. Manche fühlen sich ja vom Mobbing in der Schule so gefangen.

Welche Bedeutung hat denn die abstrakte Kunst der Nachkriegszeit für ein heutiges Publikum?
Ottomar und Greta Domnick, die beide erfolgreich als Nervenärzte arbeiteten, haben die abstrakte Kunst einem breiten Publikum zugänglich gemacht. In diesem Sinn führen wir das Haus heute weiter. Wir öffnen es sogar für Hochzeiten und private Feiern und begeistern die Gäste mit Kurzführungen. Es gibt viele Formate der Kunstvermittlung. Mit geht es darum, zu zeigen, unter welchen Bedingungen die abstrakten Künstler im Zweiten Weltkrieg arbeiten mussten. Sie litten unter dem Berufsverbot, hatten kein Publikum mehr. Es waren keine „Hirnkranken“, wie es die Nazis die Massen mit ihrer Kulturpolitik glauben machen wollten.

Das Interview führte Elisabeth Maier.